Die Rückkehr des Lebens. Ein Plädoyer für mehr Transzendenz
Text zum Thema Allzu Menschliches
von philippjonas
Kommentare zu diesem Text
Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es um die Frage, ob es irgendetwas gibt, das über dem eigenen Ich steht, das wichtiger ist als dieses.
Das haben frühere Generationen wohl durchweg bejaht, wenn auch mit unterschiedlichem Inhalt: Gott, Vaterland, Kaiser, Führer, Menschheit, Arbeiterklasse, die Partei usw.
Heute erhält man fast durchweg die Antwort: nein, das gibt es nicht. Allenfalls noch: die eigene Familie.
Das ist auffallend, und wie es scheint, macht es die Menschen nicht glücklicher. Ob sie früher glücklicher waren, ist allerdings fraglich, denn selbst die Anerkennung eines höheren Ideals, einer Transzendenz des Ich kann unglücklich machen. Das kann man etwa in der christlichen Religion am Beispiel der Sündhaftigkeit erkennen: Weil sie an Gott glaubten, aber zugleich glaubten, dessen Normen nicht gerecht zu werden, fühlten sich viele der Hölle würdig. Soll heißen: Wenn ich an etwas Höheres glaube, kann es sein, daß ich ihm gegenüber versage.
Es mag sein, daß entweder Glück gar nicht in unserer Bestimmung liegt oder daß Glück nicht in der Erfüllung irgendwelcher idealer Normen besteht, sondern in der Zufriedenheit mit dem, was man ist bzw. hat.
Das haben frühere Generationen wohl durchweg bejaht, wenn auch mit unterschiedlichem Inhalt: Gott, Vaterland, Kaiser, Führer, Menschheit, Arbeiterklasse, die Partei usw.
Heute erhält man fast durchweg die Antwort: nein, das gibt es nicht. Allenfalls noch: die eigene Familie.
Das ist auffallend, und wie es scheint, macht es die Menschen nicht glücklicher. Ob sie früher glücklicher waren, ist allerdings fraglich, denn selbst die Anerkennung eines höheren Ideals, einer Transzendenz des Ich kann unglücklich machen. Das kann man etwa in der christlichen Religion am Beispiel der Sündhaftigkeit erkennen: Weil sie an Gott glaubten, aber zugleich glaubten, dessen Normen nicht gerecht zu werden, fühlten sich viele der Hölle würdig. Soll heißen: Wenn ich an etwas Höheres glaube, kann es sein, daß ich ihm gegenüber versage.
Es mag sein, daß entweder Glück gar nicht in unserer Bestimmung liegt oder daß Glück nicht in der Erfüllung irgendwelcher idealer Normen besteht, sondern in der Zufriedenheit mit dem, was man ist bzw. hat.
Kommentar geändert am 09.07.2021 um 16:48 Uhr
Zumindest ist das mein Empfinden - also viele junge Leute, die ich kenne, gehen stark gegen Kirche/Religion vor bzw. verwenden die Begriffe synonym. Ich denke aber, dass das was Religion gespendet hat (neben dem ganzen Schlechten, was sie mit der Angst vor Sünde ansprechen und was man zb gut nachlesen kann in KPM Anton Reiser) auch in einer säkularen Welt noch wertvoll sein könnte. Also Sinn und eine Richtung.
Ich denke auch, dass Glück nicht per se dem Menschen bestimmt ist. Aber immerhin lässt sich danach streben, man könnte sagen, die Lücke die die Kirche bzw. Religion hinterlassen haben schafft die Möglichkeit, sich unabhängig und ganz individuell Sinn (und Glück) zu definieren. Wahrscheinlich ist aber genau das auch eine der großen Herausforderungen, die Heranwachsende heute haben.
Ich denke auch, dass Glück nicht per se dem Menschen bestimmt ist. Aber immerhin lässt sich danach streben, man könnte sagen, die Lücke die die Kirche bzw. Religion hinterlassen haben schafft die Möglichkeit, sich unabhängig und ganz individuell Sinn (und Glück) zu definieren. Wahrscheinlich ist aber genau das auch eine der großen Herausforderungen, die Heranwachsende heute haben.
Ich finde deinen Text sehr anregend, aber ich würde nicht für mehr Transzendenz plädieren.
Ich will gar nicht leugnen, dass es sinnstiftende Transzendenzen gibt. Aber die Anhänger einer Transzendenz halten in der Regel die ihre für allein selig machend und sind für andere Transzendenzen, obwohl sie, wie du schreibst, oft Parallelen zur eigenen aufweisen, nicht tolerant genug. So stiften die Transzendenzen meistens mehr Unfrieden als Sinn.
Ich will gar nicht leugnen, dass es sinnstiftende Transzendenzen gibt. Aber die Anhänger einer Transzendenz halten in der Regel die ihre für allein selig machend und sind für andere Transzendenzen, obwohl sie, wie du schreibst, oft Parallelen zur eigenen aufweisen, nicht tolerant genug. So stiften die Transzendenzen meistens mehr Unfrieden als Sinn.
Auch wenn an diesem Punkt sicher viel Wahres daran war und ist, würde ich dennoch widersprechen. Ich denke, dass die Bereitschaft oder Fähigkeit an etwas Transzendentes glauben zu können oder zu dürfen wichtig ist. Was genau das dann ist, kann dann ja jeder selbst individuell festmachen.
Ja, jeder muss für sich entscheiden, was ihm die Transzendenz wert ist.
Ein berührend authentischer Text. Ich habe von Menschen deines Alters genau dieses vernommen. Sie leiden unter dem Gefühl der Sinnlosigkeit.
Die Zeit der späten Adoleszenz ist aber auch nicht leicht. Hinzu kommt in der heutigen Zeit, dass die technischen Komponenten an Dominanz gewinnen und die Anonymität in der Massengesellschaft zunimmt.
Mit der Transzendenz ist das so eine Sache! Natürlich, wir Menschen sind nicht nur materielle Wesen und die Wahrnehmung über die Grenzen der normalen Sinneswahrnehmung hinaus sehr wünschenswert. Apropos, als Nietzsche seinen Zarathustra sagen ließ: „Sollte es denn möglich sein! Dieser alte Heilige hat in seinem Walde noch nichts davon gehört, daß Gott tot ist.“, tat er dies mit großem Anstand. Er sagte es dem Gläubigen nicht ins Gesicht, obwohl mehr als 300 Jahre gegen die allgewaltige Macht des Klerus gekämpft werden musste um genau dieses überhaupt schreiben zu dürfen ohne danach auf dem Scheiterhaufen zu enden.
Gläubige Menschen scheinen es einfacher zu haben Halt zu finden. Aber meiner Meinung nach verbauen sie sich den Weg der Entwicklung. Nietzsches Übermensch als Metapher ist aus meiner Sicht ein lohnenswertes Ziel. Über sich hinaus wachsen, zumindest das Gefühl zu haben, kann man z.B. durch den Antrieb der eigenen starken Interessen. Schau in die Biographien von Menschen die durch ihren Output bekannt wurden. Viele dieser bekannten Menschen hatten gar keine andere Wahl. Sie mussten es einfach tun! Ich bin sicher es gibt auch viele Menschen, die ebenso handeln ohne bekannt zu werden und trotzdem ein erfülltes Leben erreichen.
Die Zeit der späten Adoleszenz ist aber auch nicht leicht. Hinzu kommt in der heutigen Zeit, dass die technischen Komponenten an Dominanz gewinnen und die Anonymität in der Massengesellschaft zunimmt.
Mit der Transzendenz ist das so eine Sache! Natürlich, wir Menschen sind nicht nur materielle Wesen und die Wahrnehmung über die Grenzen der normalen Sinneswahrnehmung hinaus sehr wünschenswert. Apropos, als Nietzsche seinen Zarathustra sagen ließ: „Sollte es denn möglich sein! Dieser alte Heilige hat in seinem Walde noch nichts davon gehört, daß Gott tot ist.“, tat er dies mit großem Anstand. Er sagte es dem Gläubigen nicht ins Gesicht, obwohl mehr als 300 Jahre gegen die allgewaltige Macht des Klerus gekämpft werden musste um genau dieses überhaupt schreiben zu dürfen ohne danach auf dem Scheiterhaufen zu enden.
Gläubige Menschen scheinen es einfacher zu haben Halt zu finden. Aber meiner Meinung nach verbauen sie sich den Weg der Entwicklung. Nietzsches Übermensch als Metapher ist aus meiner Sicht ein lohnenswertes Ziel. Über sich hinaus wachsen, zumindest das Gefühl zu haben, kann man z.B. durch den Antrieb der eigenen starken Interessen. Schau in die Biographien von Menschen die durch ihren Output bekannt wurden. Viele dieser bekannten Menschen hatten gar keine andere Wahl. Sie mussten es einfach tun! Ich bin sicher es gibt auch viele Menschen, die ebenso handeln ohne bekannt zu werden und trotzdem ein erfülltes Leben erreichen.
ad junge Menschen) oftmals ist auch das Thema des "Nichts-verpassen-wollens" vorhanden. Also, wenn ich alles machen kann, reisen kann, mir den Beruf frei wählen kann, den Partner, den Wohnort usw. ist die Chance einen Fehler zu machen, den falschen Weg zu gehen, sehr viel höher. Man könnte sagen alles eine Sache der Perspektive.
"Gläubige Menschen scheinen es einfacher zu haben, Halt zu finden. Aber meiner Meinung nach verbauen sie sich den Weg der Entwicklung." Das ist ein schöner Gedanke, der die Ambivalenz davon ganz gut offenlegt. Ich denke aber, dass man Transzendenz auch praktizieren kann, ohne sich die eigene Entwicklung zu verbauen.
"Gläubige Menschen scheinen es einfacher zu haben, Halt zu finden. Aber meiner Meinung nach verbauen sie sich den Weg der Entwicklung." Das ist ein schöner Gedanke, der die Ambivalenz davon ganz gut offenlegt. Ich denke aber, dass man Transzendenz auch praktizieren kann, ohne sich die eigene Entwicklung zu verbauen.
Der ursprüngliche Kommentar wurde am 12.07.2021 um 00:11 Uhr wieder zurückgezogen.