Keiner will mehr die Form halten, alles ist "zwanglos" geworden. Nicht vortrefflich und minderwertig oder gut und böse, sondern authentisch und unauthentisch ist nunmehr die Dichotomie.
Das Peinliche gilt als authentisch. Das Peinliche ist aber das Unterirdische des Authentischen, die niedrigste Form, die nicht nur gegen den Vitalismus der Natur oder die Maske der Kultur verstößt, sondern selbst gegen die Neutralität, indem sie Ekel auslöst.
Die kulturelle Maskenpflicht wurde durch die medizinische abgelöst. Die Maske soll nicht mehr die Würde, sondern die Gesundheit schützen.
Anerkennung ist nicht mehr möglich. Darum sprechen alle von Empathie: die Letzten Menschen wissen, dass sie keine Anerkennung verdienen, sondern allenfalls Mitleid erregen können. Empathie ist emotional, darum authenisch. Anerkennung ist rational, darum unauthenisch; die Maske ist eine "Lüge", dann aber auch die Kleidung, die Privatsphäre: jede Grenze, alles, was Menschen als Personen voneinander trennt und davor bewahrt, zu einem einzigen Schleimpliz zusammenzuwachsen.
Das Allgemeine ist aufgelöst. Das radikale Subjekt, der höhere Mensch, steht nun für das Allgemeine, während Staat und Gesellschaft Einzelne und Besondere sind. Das Recht des radikalen Subjekts ist absolut, weil nichts mehr in der intersubjektiven, sozialen Sphäre rechtsfähig ist. Es gibt Bedürfnisse, die zu pseudorechtlichen Ansprüchen erklärt werden können, doch weder die einzelnen Letzten Menschen noch ihre Organisationen können wahre moralische oder rechtliche Ansprüche erheben. Allenfalls kann der Staat der Letzten Menschen Unrecht mit Gewalt zum Recht erklären. Im hypothetischen Naturzustand gilt wenigstens das Naturrecht. Eine ultradekadente Gesellschaft ist ein absolut rechtsfreier Raum.