Schlesinger, Klaus:

Matulla und Busch

Eine Rezension von  KopfEB
veröffentlicht am 26.01.06

Auf 143 Seiten beschreibt dieses Taschenbuch den Konflikt dreier Generationen als Paarreim, der Liebe und Hass im kurzen zweiten Frühling vereint. Es wurde mit Erwin Geschonneck in der Hauptrolle verfilmt.
Eine Geschichte, die zum Lachen, Weinen und Grübeln einlädt und den Unterschied zur Gemeinsamkeit werden lässt.

In einem sehr eigenen und erlebbaren Stil berichtet der Autor Klaus Schlesinger über das zweite Leben des Friedrich Gustav Matulla. Nach harten Kriegserfahrungen auf den Schlachtfeldern Europa´s und einem arbeitsreichen, verwirrenden Leben sitzt man nu im Altersheim der unteren Klasse fest und muss sich den Drecksfrass hier gefallen lassen, nee, das geht doch nich, nich mit ihm! Aber der Koch is ja so´n jungscher Bursche mit Möglichkeiten, da kriegste ja nur uff n Deckel, wenn de dann ma was sagst, nee. Und alle sehen nur zu, nee, was ist das bloß? Aber jetzt, jetzt soll´n se sich mal alle umgucken wie ihn sein Kumpel der Busch mitm Brief vom Amt rauschiebt, jetzt is er hier nämlich derjenige welche! Na, Gustav, was haste denn?
Der Busch, der weiß einfach immer wenn was ist, das war schon damals bei seiner Lene so gewesen. Seine Lene, die hatte Augen! Wenn die einen ansah, so mit einem Lächeln, nee, da wurd´s einem gleich ganz anders zumute. Und immer hatte er schon vorher gewusst, was sie denn wollte. Seine Lene.
Der mit seiner Lene immer. Kennt ja gar nichts anderes mehr. Busch haste Geld? Du hast doch immer irgendwo was. Gib ma her.
Wie, was n los Gustav? Hier haste, viel isses nich. Die sollten sich alle wundern, das wär doch gelacht. Gib mal die Spielekasse, ich mach los.
Die soll´n sich mal umgucken hier in dem Laden. Mit ihm kann man das nich machen, nicht mehr. Er war weg und vorher noch Bescheid stossen, dem Koch und allen, aber gehörig, das alle gerade stehen und wissen, der Matulla, der is jetzt weg, der is raus aus der Geschichte!
Gustav, nu sag doch ma. Der kleine Busch trippelt schon von einem Bein auf´s andere, so gespannt ist der. Na der hat ja nichts zu befürchten. Dem ging´s ja gut, der soll mal ruhig hierbleiben, wenn er das wollte, dann ginge das schon mit dem Laufen, so schlimm ist das mit seinem Bein ja nun nicht, da brauchte er den Rollstuhl gar nicht. Und der Busch kann dann hierbleiben. Also los, auf nach Berlin.

Denn da hat Matulla ein Haus geerbt, von angeheiratetem Wohlstand, der sein Lebtag so knieppig gewesen war, die eigene Tochter sogar mit einem Waisenjungen verheiratet hat, aus Angst vor noch mehr Verwandtschaft. Und jetzt hat der Matulla sein Haus in Berlin.

Natürlich kommt Busch dann doch mit, denn auch wenn Matulla es niemals zugeben würde, er braucht diesen kleinen und lebenslustigen Mann. Nur wenn es um damals geht, wo er denn gewesen sei, dann sagt der Busch nichts mehr und wird ganz still und der Matulla bellt sein kurzes „Also, Busch!“ und die beiden zockeln von dannen.
Dieses skurrile Paar ist auf dem Weg nach Berlin, ein Haus zu beziehen.
Nur das es nicht mehr viel von dem Glanz früherer Tage hat. Die Gegend ist ärmlich, das Haus verbarrikardiert und mit Fahnen vollgehängt. „Besetzt!“, steht da. Nachdem die staatlichen Instanzen keine Hilfe seien wollen, nimmt der Matulla die Sache selbst in die Hand. Rein in die Bude und ein Ultimatum gestellt. Zwölf Stunden, dann müssen sie raus sein, er ist ja auch kein Unmensch. Aber da von dreiundzwanzig Bewohnern die Meisten erst spät am Abend zurück sind und jeder ein Stimmrecht hat, müsste man bis zur Versammlung warten, sagt die schwarzhaarige Alla.
Aus 12 Stunden werden also 24 und nachdem der Busch den Matulla schon breitgeschlagen hat, doch hier zu übernachten, dauert es nicht lange und es ist eine Woche in´s Land gegangen, schnell auch eine zweite und dritte.

Die Geschichte vereint das Leben und Erlebte zweier Generationen, die trotz ihrer Unterschiede Glück eben darin finden können, wenn sie sich darauf einlassen müssen. Wäre da nicht der Rechtsanwalt gewesen und das Erbe, auf drei Parteien verteilt, an einen Neubau gebunden, wer weiß, ob Matulla sie nicht tatsächlich aus dem Haus geworfen hätte. Denn so ein Haus, das kann man doch nicht einfach abreissen, einfach kaputthauen, das geht doch nicht! Heißer Abriß? Entmietung? Das hatte er ja noch nie gehört! Also das geht nicht, das ist doch wohl mal klar, dass das alte Haus stehen bleibt. Das Haus, das ist doch das Gesicht der Strasse, das kann man doch nicht einfach abreissen! Nicht mit ihm, nicht mit Matulla. Schließlich muss alles seine Ordnung haben und Recht ist Recht.
Oder nicht?
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