Aufgespießt

Unverschämtheiten aus Politik, Promiszene und Alltag


Die Kolumne des Teams " Aufgespießt"

Montag, 28. Januar 2013, 20:54
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Lobbyisten als fünfte Staatsgewalt ???

von  AlmaMarieSchneider


Gastkolumne von SchorschD

Die vor 250 Jahren geforderte Dreiteilung der Staatsgewalt in Legislative, Exekutive und Judikative um eine funktionierende Demokratie zu bekommen, hat es in der reinen Form nie gegeben. Die Mehrheit in einem Parlament bestimmt die Regierung und muss diese stützen, obwohl es für alle Abgeordneten nach der reinen Lehre Pflicht wäre, die Regierung zu kontrollieren. Diese Wirklichkeit knirscht so einigermaßen vor sich hin, wenn eine starke Opposition die Kontrollmechanismen übernimmt. Aber was geschieht wirklich? Es entstand eine sogenannte vierte Gewalt, die Presse. In der Verfassung festgelegte Aufgaben gibt es nicht. Wenn sich die Journalisten mit Mehrheit einem Ehrenkodex verpflichtet fühlen, geht es noch. Was passiert wirklich? Einige führende Gazetten dienen den restlichen 80 % als Abschreibhilfe. Soviel zur Meinungsvielfalt. Ganz übel wird es allerdings durch den Zwang der Verhältnisse. Die Abgeordneten ob in Brüssel oder Berlin oder sonstwo haben gar nicht die Zeit, haben gar nicht das Wissen und die Möglichkeiten, sich umfassend die Grundlagen zu erarbeiten, um nach besten Wissen und Gewissen ihre Entscheidungen zu treffen. Bei so manchen wird auch der Wille dazu nicht vorhanden sein, sich in ihrem bequemen Leben stören zu lassen. Außerdem haben sie ja genug zu tun, die für sie entscheidenden Kontakte zu pflegen. Man muss ja schließlich wieder gewählt werden, sonst kann man nicht mitentscheiden. Eigentlich ein übler Witz, denn sie entscheiden ja schon lange nichts mehr. Dafür haben sie starke Helfer, die Lobbyisten, die im Auftrag von Banken, Verbänden, Firmen und anderen Machtgruppierungen ihnen gerne das Händchen führen. Diese begreifen sich immer mehr als fünfte Gewalt in unserem System und und erzählen gerne, dass sie nicht vom Eigennutz getrieben werden. Das sieht dann so aus, dass man als Lösung für die Gemeinheiten beim Investmentbanking Badbanken ausdenkt, damit niemand auf die Idee kommen soll, dass ihre Raffgier den Schaden angerichtet hat. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Nein, die Tränen der Rührung treibt es in die Augen, wie selbstlos diese Vertreter der "fünften Gewalt" nur an die Bürgerinnen und Bürger denken. Tatsache ist, dass ein solches Verhalten schnell den Tatbestand der Korruption erfüllt. Das alles kostet viel Geld denen, die den Schaden haben und die Gewinnler lachen sich eins auf den Stockzähnen.
Dabei arbeiten diese Wohltäter der Menschheit durch Politikerberatung, Presseerklärungen, Hintergrundgesprächen mit Journalisten (vierte Gewalt Arm in Arm), Verfassen von Fachartikeln. Ein besonders schönes Beispiel dieser effektiven Arbeit kann man dann erleben, wenn hochrangige Politiker die Fronten wechseln, warum auch immer aus ihrer öffentlichen Tätigkeit ausscheiden und ihr Wissen gegen ein wesentlich höheres Salär den Lobbyisten zur Verfügung stellen.
1900 Organisationen mit offiziell 4500 Mitarbeitern sind in Berlin tätig. Die Dunkelziffer dürfte ein mehrfaches höher sein. Für Brüssel liegen gleiche Zahlen vor. Zu diesen Gruppen kommen in Berlin noch große Unternehmen wie Autohersteller. 40 dieser Vertreter gibt es und die Gewerkschaft ist auch vertreten mit sage und schreibe einem Vertreter. Ein konkretes Beispiel noch. Warum soll unsere Trinkwasserversorgung privatisiert werden, die in kommunaler Hand sich bestens bewährt hat. Alle Versorgungen, die in privater Hand sind, fordern von den Wasserabnehmern wesentlich höhere Gebühren. Der Gesundheitsstandard, den die Kommunen vorhalten, ist enorm hoch. Also warum privatisieren?
Unsere Bundeskanzlerin Merkel sagt: "Die Gier der Menschen muss eingedämmt werden!" Dazu kann man ihr nur eine glückliche Hand wünschen. Ohne ihre Verdienste in der internationalen Politik schmälern zu wollen: Die Bekämpfung des Lobbyismus in seiner jetzigen Form ist dagegen eine Ochsentour. Und das weiß sie sehr wohl.

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (29.01.13)
"Einige führende Gazetten dienen den restlichen 80 % als Abschreibhilfe."

So ist es. Es gibt allerdings von Seiten der Leser keine Verpflichtung, diese Presseerzeugnisse und deren Abschreiber zu lesen. Sie, die Leser bzw. Bürger, haben die Freiheit, seriöse und sorgfältig recherchierte Presseerzeugnisse zu lesen.

 AlmaMarieSchneider (29.01.13)
Woran erkennt man denn seriöse und sorgfältig recherchierte Presseerzeugnisse?

 Dieter_Rotmund (29.01.13)
Reinschauen! Wieviel hat die Zeitung selbstrechechiert, wieviel ist von nur Presseagenturen reingenommen oder gar nur eine übernommene Pressemitteilung? (Auf Autorennennung und Kürzel achten). Sind die Quellen sorgfältig angeben? Ist das Impressum vollständig und aussagekräftig? Erscheinen ausführliche Artikel über Veranstaltungen, für die kurz zuvor bezahlte Werbung erschien? Kreiert die Zeitung eigene Themen oder dreht sie nur ihr Fähnlein im Wind? Erscheinen auch medienkritische Artikel?
...und das sind nur die Kriterien, die mir spontan einfallen!

 Dieter_Rotmund (29.01.13)
Nur um sicher zu gehen:
"Erscheinen ausführliche Artikel über Veranstaltungen, für die kurz zuvor bezahlte Werbung erschien?" - das ist natürlich ein Kriterium für ein unseriöses Presseerzeugnis...

 AlmaMarieSchneider (29.01.13)
Danke. Ich werde darauf achten.

 BLACKHEART (29.01.13)
"und die Gewerkschaft ist auch vertreten mit sage und schreibe einem Vertreter"

Hier würde mich interessieren, von welcher Gewerkschaft die Rede ist. Ein einziger Vertreter erscheint mir nämlich völlig unrealistisch.
Allein im DGB sind acht Gewerkschaften vertreten, die meines Wissens nach alle mindestens einen Repräsentanten in Berlin haben. Dazu kommen noch diverse kleine Branchengewerkschaften (z.B. GdL) oder Organisationen mit gewerkschaftsähnlichen Strukturen wie der Marburger Bund oder Cockpit. Von den sog. Christlichen Gewerkschaften will ich gar nicht reden.
Ich hatte im Rahmen eines Bildungsurlaubsseminars bereits die Gelegenheit, die parlamentarische Vertretung meiner Gewerkschaft zu besuchen. Und selbst dort arbeitet mehr als ein Kollege, der unsere Interessen bei den verschiedenen Parteien vertritt.
Von daher kann ich oben zitierte Aussage in keinster Weise nachvollziehen.
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