Bis zur Erschöpfung Hoffnung schöpfen

Gedicht

von  KopfEB

Handtücher wehen vor dem schwangeren Bauch, verdecken, was der Wind mir zeigen will, der Wind, der den Weg gibt und das Hindernis.

Einsamkeit ist keine Tugend,
sie zu tragen hilft nicht viel.
Ach wie kalt war meine Jugend,
als mein Herz in Brunnen fiel.

In so viele tausend Brunnen,
ohne Ende, nur ein Schacht
Dunkelheit sind ihre Wände,
Trauer das, was schöpfend macht.

Vor Erschöpfung aus dem Klettern
sehe ich die Sonne nicht,
nur der Mond scheint mir zu flüstern,
kühl erklärt er seine Sicht:

"Kannst du klettern aus dem Brunnen
ist zu sehen gar nichts mehr,
was die Leute da besungen
gibt nun einmal gar nichts her.

Wir sind alle nur Mitesser,
angesichts der Liebe Tier,
aber Kälte macht nichts besser,
klamm und kahl ist´s unter´m Hier.

Einsamkeit ist keine Tugend,
sie zu tragen hilft nicht viel.
Du bist jetzt erwachsen suchend
nach dem Etwas ohne Ziel."

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Kommentare zu diesem Text


 apple (20.06.06)
Nur wenig trübt die Tatsache, dass die Stuhllehne gerade abbricht, den Genuss des Textes. Insbesondere die ersten vier Zeilen atmen die melancholisch-heitere Luft von gernhardts früher Trakl-Parodie:

Einsamkeit ist keine Tugend,
sie zu tragen hilft nicht viel.
Ach wie kalt war meine Jugend,
als mein Herz in Brunnen fiel.

"in Brunnen fiel" - was für eine Wendung! Wie verknurpselt ist das denn? Das ist ja super-süß. Ich find das echt toll.

j.

 KopfEB meinte dazu am 23.04.07:
Das freut mich, dass du das "super-süß" findest ;.)
Mir gefällt das Gedicht heute auch noch und ich überlege gerade, ob ich es zur Lesung mitschleifen soll, aber eigentlich ist es zu persönlich und berührend... Ich weiß nicht, vermutlich eher nicht.

 apple antwortete darauf am 25.04.07:
In Brunnen viel in Brunnen fiel. - Nach wie vor doll. I give you props.
Fabian_Probst (44)
(04.07.06)
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 KopfEB schrieb daraufhin am 23.04.07:
Das geht mir haargenau so, aber wie diese Zeile bringen ohne den Reimfluß zu killen?
Samjessa (28)
(24.04.08)
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 KopfEB äußerte darauf am 27.04.08:
Ja, könnte es wohl.

Die Geschicht zu diesem Text ist wohl der Grund:

Ich war auf Exkursion in Ungarn und habe den Text auf dem ersten Campingplatz geschrieben, noch bevor wir das Zelt aufgestellt hatten. Ich musste einfach erstmal alleine eine rauchen gehen und mich zurückziehen, meine Sehnsucht nach meiner geliebten Frau verarbeiten, bzw. nach meiner geliebten Beinahe-Frau, weil ich mich damals einfach nicht dazu durchringen konnte, meine Negativ-Erfahrungen mit andern Beziehungen zu überwinden und uns eine echte Chance zu geben. (Das hat sich in de10 Tagen Exkursion grundlegend geändert)
Ich saß da, hab geraucht und in meinem Sichtfeld war eine Wäscheleine, auf der einige Handtücher vorne und ein großes Bettlaken hinten hingen. Der Wind hat das Bettlaken aufgebauscht, die Handtücher flattern lassen und ich musste unwillkürlich an einen schwangeren Bauch denken, was wiederum eine böse Erinnerung an das letzte Mal hervorgebracht hat, als ich einer Frau ihre Chance gewährt habe...
Der Text kam dann von ganz alleine, aber ich hatte nicht sehr viel Zeit und er ist deswegen vielleicht kurz gehalten (auch wenn ich denke, es ist alles drin, was gesagt werden musste)

Und was soll ich sagen, ich kam nach Hause, habe meiner Frau ihre Hoffnungen und Wünsche erfüllt und uns die Chance gegeben und exakt 9 Monate später kam meine erstes Kind zur Welt...
Und in nur noch 8 Monaten hofentlich das Zweite *stolz*
Samjessa (28) ergänzte dazu am 27.04.08:
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 KopfEB meinte dazu am 28.04.08:
Ich ändere im Nachhinein auch noch ein paar Kleinigkeiten, die mir erst später auffallen. Aber man sollte die Originalversion auf jeden Fall behalten, meine Wohnung quillt über vor lauter Schnipseln ;.)

Auf der selben Exkursion ist als absoluter Schnellschuss (Es leben die Surrealisten! Schau mal in meine Projekte "Jukebox" und "Filmdose") der Text  "Keimende Hoffnung und ihre Sorgen und Probleme" entstanden. Bei dem hab ich die Verse bestimmt 5mal durcheinandergewürfelt, bis es gut war... :.) (auch wenn das nicht gerade der Stil der Surrealisten ist...)
(Antwort korrigiert am 28.04.2008)
Samjessa (28) meinte dazu am 28.04.08:
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