29.2 Voilà, so was wie h.verdächtig [29.2]

Schundroman

von  DIE7

„Sie haben sich an dem Glühwein vergiftet? Und Ihr Informant hatte zufällig das richtige Gegengift zu Taipangift dabei?“
Er sah sie perplex an.
„Taipangift, sagen Sie?“
„Beantworten Sie die Frage!“, fuhr sie ihn an und kam einen dunklen Schritt auf ihn zu.
„Er hatte Gegengift dabei. Wollen Sie mir sagen...“
„Warum?“
Unglaub musterte gedankenverloren ihre Schulter.
„Ja, warum eigentlich?“
Hera starrte ihn an und war fast sprachlos vor Zorn.
„Ja... Sind Sie denn völlig... Denken Sie, ich bin blöd? Wo ist Kaufmann?“
Er betrachtete sie irgendwie verzückt.
„Warten Sie mal einen Augenblick... Wenn das Gift, dass mich erwischte, dasselbe Gift war wie bei den anderen... das wäre ja... eine Sensation! Aber es liegt nahe, ja...“
Sie fasste es nicht. Sie fasste diese Blödheit einfach nicht.
„Wo ist Kaufmann, Herr Unglaub!“, fuhr sie ihn an.
„Er erwähnte einmal das Kibriit, das Bayt-al-Kibriit, dieses Nobelhotel!“
„Gut, kommen Sie mit.“
Er blieb abwesend stehen.
„Wie konnte er wissen... Warum hat er mich... ?“
„Kommen Sie!“
Sie packte seinen Arm und zog ihn mit sich zurück zum Präsidium.
„Wie? Oh, ja, in Ordnung...“
„Ich möchte Sie bitten, im Präsidium zu warten, bis wir Kaufmann gefunden haben.“
„In Ordnung.“
Sie hörte, wie er grinste. Idiot. Apropos... Marn hatte doch da eben noch erzählt...
„Wissen Sie, ob...“
Sie brach nachdenklich ab.
„Ob was?“
„Hat Kaufmann Sie mal auf Brandings angesprochen?“
„Ich bin doch nicht mit ihm zusammen! Was geht es Kaufmann an, wie ich mich schmücke?“
„Nicht, ob er Sie gefragt hat, ob Sie eins haben...“
„Ich habe kein Branding, sondern Piercings“, lächelte er wieder.
„Ihre Piercings interessieren mich nicht. Hat er mal über Brandings gesprochen von wegen Symbolik oder so?“
„Nein, tut mir Leid.“
„Hat er irgendwelche... Andeutungen gemacht, die im Nachhinein betrachtet vielleicht schon auf den Giftanschlag hingewiesen haben... irgendwelche unverständlichen Nachrichten? Oder so ähnlich?“
„Er hat mir so einen dummen Spruch aufgeschrieben, der keinen Sinn ergab. Moment...“
Er murmelte vor sich hin. Hera blieb stehen und ließ seinen Arm los. Sie standen wieder vorm Präsidium und er murmelte und murmelte...
„Ja?“, fragte sie ungeduldig.
„Ah, jetzt! Gelbe Flöten balzen freudlos.“
Sie schaltete ihr Diktiergerät wieder aus und schob ihn vor sich her die Treppe hoch und ins Foyer.
„Marn!“, schrie sie, und zwei vorbeigehende Beamte zuckten zusammen.
„Herr Unglaub, was Sie sich merken sollten: Dass Sie etwas nicht verstehen, bedeutet nicht, dass es keinen Sinn ergibt.“
„Nennen Sie mich doch Thomas.“
„Marn!“, schrie sie wieder und er kam die Treppe heruntergeeilt.
„Bring Unglaub in den Aufenthaltsraum und bleib bei ihm.“
Marn nickte und bedeutete Unglaub höflich, ihm zu folgen: „Kann ich Ihnen was zu trinken anbieten? Kaffee, Tee, heiße Schokolade?“
Hera drehte sich um und eilte nichts wie weg von den beiden. Die waren - jeder für sich - in guter Gesellschaft. Sie zog ihr Handy aus der Hosentasche und rief Uwe Vroner an, von dem sie wusste, dass er gerade mit ein paar Kollegen Dienst auf dem Weihnachtsmarkt hatte, ganz in der Nähe des Kibriit. Als die Eingangstür hinter ihr zufiel, fragte Unglaub gerade ganz cool nach extra starkem, schwarzen Kaffee.

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Kommentare zu diesem Text

LudwigJanssen (54)
(21.12.08)
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KeinB (29)
(21.12.08)
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 AndreasG (21.12.08)
Hallo DIE7.

Flott erzählter Reigen, gefällt mir. Durch die Konzentration auf die wörtliche Rede bekommt das Ganze sehr viel Tempo, was, ehrlich gesagt, der gesamten Geschichte nicht schadet.
Allerdings (ich habe ja immer etwas anzukritteln) hapert es ein wenig an der Erzählperspektive. Mal ist es auktorial entrückt, dann sind es die unausgesprochenen Gedanken der Protagonistin, was sehr wenig entrückt ist.
Gut, es ist ja nicht viel umrahmender Text, den ich da anspreche. Aber vielleicht fällt es mir gerade deswegen auf. Beispiele:
- "Er sah sie perplex an." - der distanzierte und allwissende Erzähler.
- "... fuhr sie ihn an und kam einen dunklen Schritt auf ihn zu." - ein nicht ganz so distanzierter Erzähler mit Sinn für interpretierende Wortneuschöpfungen.
- "Hera starrte ihn an und war fast sprachlos vor Zorn." - allwissender Erzähler mit personenzentrierter Perspektive.
- "Sie fasste es nicht. Sie fasste diese Blödheit einfach nicht." - Ich-Erzähler in dritter Person.

Mir gefällt die Perspektive am besten, in der die Gedanken der Kommissarin alleine stehen. Das dürfte sich mit der einen oder anderen Perspektive sogar vereinbaren lassen, müsste aber immer aus ihrer Sicht geschildert werden. Dann nicht mehr: "sah sie perplex an", sondern: "sah ziemlich perplex aus" (oder so ähnlich).
(der Kommentar bezieht sich übrigens auch auf [29.1] )

Liebe Grüße,
Andreas
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