Kind vom Bahnhof Zoo

Gedicht zum Thema Liebe und Sehnsucht

von  Fuchsiberlin

In meiner Kindheit schien für mich keine Sonne in der Stadt Berlin.
So suchte ich verzweifelt in der Nacht des Lebens die wärmende Sonne.

Immer wieder stürzte ich bei dieser Suche
auf dem glatten Asphalt der Einsamkeit aus.
Dabei sah ich das Spiegelbild von traurigen Augen: Meine Kinderaugen.

Als Kind am Bahnhof Zoo
fühlte ich mich manchmal dort daheim
und war doch dort nie zuhaus.

In gefühlten Gedanken heimatlos
ging ich ohne Orientierung
zum Bahnhof des Schreckens.

Hörte Stimmengewirr, doch keine Stimme,
welche ein "Ich hab dich lieb" für mich übrig hatte.
Dabei schrie ich innerlich: "Bitte habt mich lieb, ich sehne mich nach Liebe"
Verzweifelte innere Schreie eines Kindes namens Jörg.

Auf der Anzeigentafel des Bahnhof Zoo erschien die große Welt:
Von "A" wie Aachen bis "Z" wie Zagreb,
doch wo stand das "L",
das "L" für Liebe?

Suchende Blicke, doch die Anzeigentafel schwieg,
sie zeigte mir nicht den Weg, den ich suchte,
Den Weg zu einem anderen Herzen.
zu einem Menschen, der mich liebt.

So stand ich als Kind dort, wo sie alle standen:
Die verlorenen Kinder des Bahnhof Zoo,
verloren deshalb, weil es in ihrem Herzen kein Zuhause (mehr) gab.

Manchmal hatte ich als Kind das Leben
mit der gespürten grossen einsamen Verzweifelung satt,
obwohl mein Hunger nach Liebe so riesengross war.

Ich fragte mich dann, manchmal
richtete ich diese Frage auch fast flehend gen Himmel:

"Gibt es nicht irgendwo in dieser Stadt einen Menschen,
der mein Herzensfreund sein will,
ein Mensch der mich liebhat von Herz zu Herz?"

Doch fragend-bittende Gedankenträumereien wurden unterbrochen.
Flüchtige erste scheue Blicke trafen sich
durch den schwarzen Rauch der anderen Welt.
Meine Kinderaugen und die Augen eines Mannes.

"Was wird er von mir wollen?
Und wird er mir die Wärme eines Vaters schenken, nach der ich mich so sehr sehne?"
Unsicher-fragende Augen eines Kindes namens "Jörg".

Er gab dem Kind Jörg Wärme, doch er bezahlte für etwas anderes...
Und ich bezahlte mit meiner Kinderseele für etwas anderes...
Ich wollte als Kind doch nur Liebe...Tränen eines Kindes...

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Kommentare zu diesem Text


 Sylvia (28.09.09)
Puh....ich vermute mal, es ist autobiografisch....ich kann im Moment gar nicht richtig fassen, was in mir vorgeht.....einerseits unendliches Mitleid mit dem Kind, geschockt über deren frühen schlimmen Erfahrungen...andererseits wütend auf die Menschen,. die Kinder aus- und benutzen....wohl wissend, dass es dies in tausenden verschiedenen Formen und Arten täglich, sekündlich gibt...und dann diese Hilflosigkeit, die mich derzeit eigentlich nur noch platt hier sitzen lässt.....

Lieben Gruß
Sylvia

Nachtrag: wenn es so ist, wie ich vermute, bist du hoffentlich soweit, diesen sehr persönlichen Text so stehen zu lassen. Andernfalls könnte es dich auch schnell verletzen, wenn inhaltliche Anmerkungen oder Änderungsvorschläge kommen.
(Kommentar korrigiert am 28.09.2009)

 Fuchsiberlin meinte dazu am 28.09.09:
Liebe Sylvia,

Du hast richtig vermutet, dieser Text ist autobiografisch und spiegelt leider meine Kindheit wieder...Zwei Jahre ein Kind des Bahnhof Zoo.
Diese Zeit hinterließ traumatisierende Spuren in meiner Seele.

Die Liebe rettete mich zum Glück damals, so dass ich mich von diesem Ort befreien konnte.

Ja, tagtäglich müssen unzählig viele Kinder dieses Leid durchmachen.

Ich bin soweit, dass ich diesen persönlichen Text so stehen lassen kann.
In mir befindet sich eine große innere Stärke, ohne diese hätte ich auch all das, was in meiner Kindheit geschah, nicht überleben können.

Ich danke Dir ganz lieb.

Ganz liebe Grüsse
Jörg

 Sylvia antwortete darauf am 28.09.09:
..das ist gut....lächel
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