Fluß ohne Tränen.

Kurzprosa zum Thema Absurdes

von  franky

*

Fluss ohne Tränen

Ein Fluss treibt in seinem Bett und ich stehe da mit staubigen Schuhen auf einem Betonklotz. Ich überlege, das naheliegendste zu machen; das bedeutet, mit dem rechten Schuh einen Schluck zu schöpfen, um meinen Durst zu stillen.
Das hätte ein anderer bestimmt mit Links gemacht.
Einseitig gekürzt stehe ich und beuge mich über das Wasser, es ist schlüpfrig wie Sülze. Ein unerklärliches Ereignis hat das Wasser verändert. Ich versuche auf die Oberfläche zu steigen, es trägt nicht. Ich bin für den Fluss unerträglich.
Ich mache einen Versuch, mit der Hand etwas Wasser heraus zu schöpfen. Es gleitet ab! Und nichts, rein gar nichts bleibt in der hohlen Hand zurück.
Ich nehme ein Stück Brot aus der Tasche, es ist hart wie Stein und werfe es in den träge treibenden Fluss. Dort dringt er langsam unter die Oberfläche, versinkt allmählich. Es entstehen nicht im Mindesten Ringe, wie es sonst üblich ist, wenn man Steine ins Wasser wirft. Es kommt mir vor, wie ein Mensch der nicht weinen kann. Ein Fluss ohne Tränen, ohne Tropfen, ein Fluss am Stück. Ich werfe eine Angel aus um eventuell einen Fisch zu fangen. Vergeblich warte ich, dass etwas anbeißt. Bald werde ich müde und schlafe ein, worauf ein tiefer Traum meinen ganzen Körper durchzieht. Ich träume, dass ich an einen See liege, der grau und fett wie eine Wolke  ist - außerdem  leicht wie Nebel. Er hebt sich vom Boden ab, so dass ich unten durchblicken kann. Es ist gut, wenn man Durchblick hat, aber immer hat man nicht das Glück, dass sich irgendetwas vor einem hebt, um Ausblick zu geben.
Im Traum bin ich eingeschlafen und träume, dass mich eine Seezunge küsst, ganz schleckmäulig. Meine Gefühlszone ist einigermaßen in Unordnung geraten, das Hosenbein schlaucht und klemmt. Als ich die Hände auf den Rücken legen will,
bemerke ich mit Staunen einen Fisch zwischen den Fingern. Den plagen furchtbare Zahnschmerzen. Eine Haiforelle hat ihren Eckzahn in seinen Bauch gestupst. „Pft!“, zieh ich ihn wieder heraus und aller Schmerz ist zu Ende, wie groß er auch gewesen ist.
Als ich dann zweimal erwacht bin, finde ich mich wieder auf dem Damm neben dem Fluss, der nicht weinen kann. Wie könnte man ihm das beibringen? Nicht so schmierig dahin zu schlürfen. Sich einteilen zu lassen in Wogen, Wellen, Schaumkronen und Tropfen. Ob er dann den Weg zum Regenbogen wieder findet?
Ich will ihm eine mächtige Geschichte erzählen, damit er aus allen Fugen gerät, sich selbst vergisst und vor Schaudern erzittert.
Ich richte mich auf, um mit lauter Stimme den ersten Satz zu sprechen.
Es kommt jedoch nichts aus dem Hals nur ein leichter Lufthauch. Ich will schreien!
Da wache ich ein drittes Mal auf und liege in meinem Bett und muss erkennen, dass wohl alle Möglichkeiten möglich sind, aber das Unmögliche, nur ganz selten eintritt.

© F. Puschnik

*

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Kommentare zu diesem Text

seelenliebe (52)
(11.10.09)
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Lena (58) meinte dazu am 11.10.09:
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 franky antwortete darauf am 11.10.09:
Hi liebe Anne,
Danke für deinen Kommentar und Sternchen.
Du hast es sehr treffend beschrieben, oft könnten wir toben und schreien, doch wir stecken wie in einen lähmenden Traum.

Liebe Arja,
Auch dir danke ich für deine Mühe den etwas wirren Text zu zerpflücken um ihn verständlicher zu machen. Du hast es toll gemacht, bei mehrmaligem Lesen kommen kleine versteckte Sachen zum Vorschein.
Danke für den ausgezeichneten Kommentar.

Herzliche Grüsse an Dich Arja und Anne

von

Franky
chichi† (80)
(11.10.09)
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 franky schrieb daraufhin am 11.10.09:
Hi liebe Gerda,
Vielen Dank für deinen Kommentar, er hat mich getroffen
und sehr erfreut.

Liebe Grüsse

von

Franky:-)

 souldeep (11.10.09)
deine bildsprache beeindruckt mich immer wieder,
mein freund - und oft brauche ich ziemlich lange,
bis ich die abstrakten einzelteile deuten kann...
oder wenigstens den versuch wage.
:)

ganz liebe grüsse dir
(von mir als flussliebhaberin)
Kirsten

 franky äußerte darauf am 11.10.09:
Hallo liebe Kirsten,

Ja du mit Schwämmholz beladene Flußläuferin...
Danke für deinen mutigen Kommentar, er gibt mir so viel...
(Auch Dank für deine Hilfe)

Herzliche Grüsse übern Berg

von

Franky:-)
steyk. (55)
(12.10.09)
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 franky ergänzte dazu am 15.10.09:
Hi lieber Stefan,
Es freut mich, wenn du dir die Mühe machst, durch das Unterholz meiner Gedanken zu pflügen... Bei mehrmaligem Hinsehn kommen interessante Kleinigkeiten zum Vorschein.
Danke für den Kommentar und Klick*

Herzliche Grüsse

von

Franky-()

 waldmädchen (17.10.09)
hallo franky
ich weis zwar nicht wie man das macht aber
den fluss einfach in die arme nehmen
dann kommen die tränen von ganz allein
die fische werden es dir danken und ein fest für dich geben
sie werden sich geschichten erzählen von staubigen flüssen
und trockenen meeren
und sie werden freudentränen weinen
auf das die flüsse nie mehr austrocknen
silvia
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