Die Liebe rettete mich

Mit dem Tag meiner Geburt
setzten mich meine Eltern in einen Zug.
Dieser besaß weder eine erste noch eine zweite Klasse.
Stattdessen zog die Lok nur einen Gepäckwaggon.
In diesen wurde ich von meinen Eltern gesteckt.

Ich rief verzweifelt
nach der Liebe meiner Eltern.
Doch sie hörten mich nicht:
Ihre Fenster der Liebe waren verschlossen.

Der Zug mit dem Namen "Sehnsucht nach Liebe"
fuhr und fuhr immer weiter...
Durch endlos lange dunkle Tunnel,
durch kalte Nächte, durch sonnenlose Tage.
Eines Tages erreichte dieser die *Endstation Bahnhof Zoo*.

Ich wollte als Kind diese Endstation nie bewußt ansteuern,
doch meine Kinderseele wußte sich nicht
anders zu helfen und zu wehren.

Und so stieg ich als Kind augfrund psychischer Zwänge, Abhängigkeiten, Einsamkeit
und verzweifelter Sehnsucht nach ein bisschen Liebe
an dieser Endstation aus.

Die Ausgänge von diesem Bahnhof
waren im Nebel der gefühlten Endlosigkeit zweier Jahre
für mich nicht zu finden.

Es war die Liebe,
welche eines Tages den Nebel auflöste,
und mir als Jugendlicher den Ausgang aus der Hölle zeigte.

Ohne die Liebe wäre ich vielleicht eines Tages
an oder durch diesen Bahnhof gestorben.

Dann hätten in unsichtbaren Buchstaben auf meinem Grabstein
die folgenden Worte gestanden:

"Aus Sehnsucht nach Liebe gestorben..."

Die Liebe, sie ließ mich das Trauma überleben, und lässt mich leben.

Jörg S.