Zwischen Bühne und Bett 1.

Erzählung zum Thema Abenteuer

von  franky

*

Ja ich habe dir versprochen mehr von meiner Musikerlaufbahn zu erzählen.

Fritz Schlagzeuger, Erich Gitarrist und ich am Klavier und Akkordeon. auch "Melodika". Wir kommen alle aus dem gleichen "Damals noch Nest" Frohnleiten Steiermark. Jeder von uns spielte bei einer anderen Amateurkapelle. Aus heiterem Himmel beschließen wir eines Tages: Wir werden Berufsmusiker. Wir haben dann ein schönes Leben! die Frauenherzen fliegen uns zu und und und... "

Wenn wir gewusst hätten, dass es einer der schwersten Berufe ist, dann hätten wir vielleicht die Finger davon gelassen.

Also gut!!!

Fritz war zu dieser Zeit noch verheiratet und schwach bei Kasse.
Als Tischler hat er sich selber ein Schlagzeug gebastelt.
Die kleine Trommel stammt noch aus dem zweiten Weltkrieg. Die große Trommel wurde aus Pressspanplatten geformt und die Felle bestanden aus Nylontischtüchern. Schlagstöcke wurden natürlich selbst gedrechselt. die lösten sich nach einer Stunde Spielzeit in Späne auf, das war kein Problem, da wurden einfach welche nachproduziert.

Erich besaß nur eine Gitarre ohne Verstärker, da schlossen wir mein großes
Röhren-Radio an. Da wir alle an verschiedenen Orten im Einsatz waren konnten wir nie zusammen proben. Erich und ich klimperten wohl öfters in unserer Stammkneipe Weissenbacher, aber das war nur sehr sporadisch und undiszipliniert.

Ich musste vor unserer neuen Kariere meine große Zehe abschneiden. Die war durch meinen Handgranatenunfall im Jahre 45 ganz verkrüppelt, so dass ich keinen normalen Schuh anziehen konnte. Also: Weg damit! Ohne die Folgeschäden zu bedenken. Ich lag im April 56 im Spital in Graz und plötzlich kommt Fritz, mein Schlagzeuger, zu Besuch und zeigt mir seine eingebundene Hand. Er hatte sich bei Arbeiten mit der Kreissäge in die Finger geschnitten. Etwas später kommt Erich der Gitarrist an mein Bett mit einem Verband am Kopf! Er sprang von einer Brücke beim E-Werk in Laufnitzdorf in die Mur und riss sich dabei ein Loch ins Trommelfell.

Also, das waren nun mal die besten Voraussetzungen für einen Bomben Start!!!

Fritz hatte als Ältester von uns eine protzige Anzeige in die Zeitung gegeben. Es kamen fünf Antworten, die jede einzelne davon super waren. Ich hatte da nun Fürchterliches in meinen Vorahnungen... Aber wir alle drei waren so von Enthusiasmus erfüllt, in unserem Herzen brannte eine Flamme der Begeisterung. Wir zogen einfach das schwächste Angebot in Betracht, das war das Tanzkaffee "Heinrichshof" in Wels, Oberösterreich. Dort mussten wir am 1.05. um 12 Uhr Mittags zu einem Vorspiel eintreffen. Jetzt aber lag ich noch mit einem Verband am rechten Bein im Bett und das linke lehnte als Prothese am Nachtisch...

Nach einer Woche so am achten April machte ich die ersten Gehversuche. Es schmerzte alles höllisch. Aber das war kein Hindernis. In den kommenden 20 Tagen, die noch zu Verfügung blieben, schrieb ich ein Programm in Brailleschrift zusammen, es reichte für etwa 3 Stunden.

Am ersten Mai frühmorgens machten wir uns mit dem Zug auf den Weg nach Wels. In Bruck in der Bahnhofshalle spielten wir unser erstes Probekonzert. Passanten und angesäuselte
Sandler spendeten uns stürmischen Applaus. Dann klimperten und sangen wir bis Wels im Zugsabteil weiter. Der ganze Zug war unser Publikum, wir hatten eine Mordsgaudi!!!
Aber dann in Wels angekommen, als wir unsere dürftigen Habseligkeiten mit dem Taxi zu unserem Tanzkaffee fuhren, begannen unsere Nerven etwas zu flattern! Ob das gut gehen würde?

Eine Stunde zu spät trafen wir im überfüllten Tanzkaffee ein. Der Chef begrüßte uns mit freundlicher, aber sehr strenger Miene und bestimmtem Ton. Das selbstgebaute Schlagzeug von Fritz erregte großes Aufsehen, so was hatte man noch nie gesehen! Wir hatten auf der Bühne Platz genommen. Da stand ein ganz passabler Flügel. Ich hatte meinen Beruf sehr gründlich gelernt. Fritz, der Schlagzeuger, war auch studiert, hatte sich jedoch als Kind auf
Xylophon spezialisiert. das war nun so wie so alles wurscht.

Wir begannen etwas zaghaft zu musizieren, die einfachsten Tagesschlager. Doch Mikrofone kannten wir nicht. wir sangen natura. Der Stammtisch des Lokales war sozusagen die Jury.
Da wurden Spezialwünsche an mich herangetragen. Das ging über Wienerlieder bis zur Opernmusik. Das war für mich überhaupt kein Problem. Als krönende Draufgabe spielte ich den Donauwalzer in Konzertfassung. Mit Intro und Coda mit großem Finale. Ich spielte mit der linken Hand über die Rechte gekreuzt und verwand mich in allen Posen...

Nach zwei Stunden hatten sich die Juroren zur Beratung zurückgezogen.

In dieser Zeit saßen wir wie auf Kohlen, was wir für eine Antwort bekommen würden. Als Gage hatten wir uns an den Tischlerlohn von Fritz orientiert, der war natürlich um einiges niedriger als der von einem Berufsmusiker. Dann kam die erlösende Auskunft: "Wir bekommen das Engagement, mit 3 Monaten Probezeit!" Wir jubelten und waren euphorisch als wären wir schon die größten Kings!

Dann begann erst der Ernst des Lebens. Als Kleidung wurde uns vorgeschrieben: Schwarzer Anzug und weißes Hemd mit Fliege. Ich hatte zufällig zwei schwarze Anzüge, da Erich keinen Cent Geld besaß, gab ich ihm dieses Kleidungsstück. Der Bursch mit seinen 20 Jahren war noch dünner als ich. Die Hose musste er mit einem Band zusammenbinden, damit sie nicht
vom Leibe rutschte. Das wäre noch eine Gaudi gewesen! Fritz besaß noch den Anzug von der Hochzeit.

Den ganzen Mai hatten wir Zeit unser Programm zu vergrößern. Das klappte nicht so Recht. ein organisiertes Proben kam nicht zu Stande, da alle noch bis zum Schluss in ihrem alten Beruf arbeiteten und an den Wochenenden spielten wir bei verschiedenen Gruppen.

Der erste Juni war da und wir saßen die erste Nacht als Berufsmusiker auf der Bühne. Mir kommt es vor als ob es gestern gewesen wäre. Um 12 Uhr Mitternacht waren wir mit unserem Programm fertig, so wiederholten wir alles von vorne. Die Arbeitszeit war von 20 Uhr bis 4 Uhr morgens, mit 30 Minuten Mitternachtspause.


Die erste Woche organisierte ich schon ein Leihklavier, das kam in unser Zimmer. Zu Dritt bewohnten wir ein geräumiges Zimmer. Was ich hier noch einflechten muss: Ich hatte damals noch einen Blindenführhund, den musste ich auch während der Nachtstunden im Zimmer alleine lassen. Der hatte jedoch die schreckliche Gewohnheit, er schlief tief und fest und breit auf Erichs Kopfkissen. Als Erich ins Zimmer kam, schlich "Hella", so hieß der Hund, aus dem Bett und legte sich unschuldig auf sein Plätzchen als ob nichts gewesen wäre. Das nahm unerträgliche Ausmaße an, so dass ich nach 3 Monaten das Tier zu meiner Mama nach Hause in den Laufnitzgraben geben musste.

Von da an war Schlagzeuger Fritz mein Führhund.

Dadurch dass ich die Musik von der Pike auf gelernt hatte, waren wir innerhalb von drei Monaten ein so erfolgreiches Trio, dass von Probezeit keine Rede mehr war. Unser erstes Engagement dauerte elf Monate.

In unserem Zimmer war für mich keine gesicherte Bewegungsfreiheit, da stand und lag alles in wirrem Durcheinander im Raum. Als Musiker hatten wir sehr großen Anklang bei den weiblichen Fans. So kam es auch mal vor, dass die Betten alle doppelt belegt waren. Erich hatte sich ein liebes Mädel zu sich genommen. Als es dann etwas stürmisch zuging, riefen Fritz und ich: "Fester! Fester! Nicht aufhören!" Dann kam aus Erichs Mund sehr enttäuscht: "Ihr seits aber blöde Affen!" Dann war auch die Liebesnacht zu ende...
Solche Episoden kamen in verschiedenen Variationen des öfteren vor.

So nun viel Spaß mit meinen Memoiren...

© F. Puschnik


Anmerkung von franky:

Bei Nachfrage , kommt noch Weiteres.

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Kommentare zu diesem Text

TrudeKaschinsky (28)
(18.05.10)
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 franky meinte dazu am 19.05.10:
Hi liebe Trude,

Danke dir dass du noch den Atem aufbringen konntest, einen so schönen Kommentar zu schreiben. Vielen, vielen Dank!

Herzliche Grüße

Von

Franky
steyk (57)
(19.05.10)
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Mahina (70)
(18.12.10)
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