Zwischen Bühne und Bett, Gastspiel auf der Schmittenhöhe.

Erzählung zum Thema Abenteuer

von  franky

*

Als uns Herr Gramzhammer  für den Februar 67 für die Bar „Seekeller“ 
Im Grandhotel Zell am See engagiert hatte, war da ein kleiner Zusatz:
Anfangs Dezember 66 sollen wir auf der Schmittenhöhe für eine Veranstaltung
zum Wochenende spielen. 

Der Schlagzeuger Fredi hatte für diesen Termin nicht frei.
So wusste er nichts von seinem Glück, was ihm dadurch erspart blieb.

Für Klaus, Carly und mich war das kein Problem.
Wie vereinbart reisten wir für das erste Wochenende mit Sack und Pack
nach Zell am See, die 200 kg schwere Hammondorgel im Anhänger.
Für eine Veranstaltung in der Bergstation dürfte das kein Problem sein.
Oben angekommen wurde uns mitgeteilt: Die Veranstaltung findet in der
„Hoch Zeller Hütte“ Einige hundert Meter entfernt statt. 
Für Klaus Grund für den ersten Wutausbruch.
Wie sollen wir unser gesamtes Material durch den 2m tiefen Schnee zur Hütte bringen?
Pistenfahrzeug stand keines zur Verfügung. Das einzige Transportmittel, ein
Schlitten mit breiten Skier an den Kufen montiert, damit er nicht im
Tiefschnee versank.
Die Wetterlage: Dichtestes Schneetreiben mit leichtem Sturm.

Unter ständigem Fluchen machte sich Claus ans Werk. Schlitten um Schlitten
wurde durch Tiefschnee und Schneetreiben zur Hoch Zellerhütte verfrachtet.
Carly nahm etwas Wortkarg an dem Unternehmen teil. Das war ja eine
zünftige Feuertaufe, sein erstes Engagement in unserer Band als Bassist.
Ab nun:„Die 4 Amigos“ . Carly übernahm für diesen Auftritt das Schlagzeug.
Ich spielte den Bass auf der Hammondorgel.

Bei so viel Schnee war es für mich unmöglich den Weg zur Almhütte zu gehen.
Deshalb beschloss Klaus mit der letzten Fahrt mich auf den Schlitten zu setzen.
Mit der strengen Order: „Du musst alle möglichen Gegenstände festhalten
und dein Gewicht stark zum Hang verlegen,
um ein Kippen des Schlittens zu vermeiden.“ Der Weg führte über die
verschneiten Almwiesen, querfeldein, Weg war keiner erkennbar.
Ich fühlte mich total ausgeliefert, wie zum Richtplatz gebracht.
Mit einigen brenzligen Situationen durchwachsen trafen wir gänzlich
durchfroren bei der Hütte ein. Die schwere Orgel hatte Klaus vorher schon
gemeinsam mit Carly durch den tiefen Schnee gepflügt.
Wegen dem Gewicht von 200 kg sank der Schlitten oft bis zur Ladefläche ein.

Nun die Anlage aufbauen, bevor die ersten Gäste eintreffen.
Es blieb nicht viel Zeit.

Eine geräumige Hütte mit Galerie,
wo wir auf engstem Raum unsere Instrumente platzieren mussten.
Es gelang uns mit letztem Kräften 
alles halbwegs klangvoll präsentieren zu können.
Das Holzgebäude wackelte und krachte unheimlich bei jeder Bewegung.
Zur Stimmungsmusik wird sich später die Hütte auch geisterhaft im Rhythmus
bewegen. Der Wind pfiff durch alle reichlich vorhandenen Ritzen.
Krägen wurden schützend hochgestellt.
Uns wurden komfortable Zimmer in der Almhütte zur Verfügung gestellt.
Dort schlüpften wir rasch in unsere Bühnenkleider.
Für ein Nachtessen blieb keine Zeit übrig.

Der Raum füllte sich rasch, da der Sturm schon merklich zugelegt, hatten es die Gäste recht eilig ans Ziel zu kommen. 

Zu Käsefondue wurde Background-Musik gewünscht.
Das stellte keine besondere Anforderung dar.
Doch mit Ende des Verzehrs musste auf Schlag eine Riesen
Hüttenfete hergezaubert werden. Wir kramten die letzten Walzer und
„Wenn wir erklimmen“ bis „Jetzt trinken wir noch ein Flascherl Wein“ hervor. 
Die Gäste sangen und johlten fröhlich mit.

Die Wetterlage wurde wegen Feuchtfröhlichkeit nicht extra verfolgt.
Der Hüttenzauber war zu Ende und die Gäste wollten sich auf den Heimweg machen.
Doch der Sturm hatte sich zu einem Orkan gemausert,
was ein normales Durchkommen zur Bergstation unmöglich machte. 

Die beiden Kellner, gestandene Bergführer und Skilehrer  führten die Leute
Paarweise unbeschadet durch die peitschenden Schneemassen zur Bergstation. 
Das nahm einige Zeit in Anspruch bis der letzte Gast ans Ziel
gebracht werden konnte.

In dieser Zeit servierte man uns ein deftiges Abendessen.
Mit vollem Bauch und viel Öl in der Krone war dann für uns Feierabend.
So gestärkt suchten wir unsere Zimmer auf.
Der Sturm tobte die ganze Nacht, das Geheul war derartig durchdringend,
dass an ein normales Schlafen nicht zu denken war.

Nach kurzem, unruhigem Schlaf stand ich auf,
machte mich auf einen neugierigen Erkundungsgang.
Ob wohl die Zimmer geheizt waren, zog ich eine dicke Wolljacke über
und wickelte einen Schal um den Hals.
Ohne Stock ging ich den schmalen Gang entlang, öffnete neugierig
diese und jene Türe.
Hinter der einen, geheimnisvollen Türe befand sich der Heizraum.
Das hörte ich an dem, wie der Brenner sich ein und ausschaltete.
Zögernd wagte ich einen Schritt und noch einen in den Raum.
Da! Plötzlich verlor ich den Halt, stürzte jäh in die Tiefe.
Ich fand mich im Kohlenpunker wieder.
Vorsichtig lauschte ich ob mich auch niemand gehört hat.
Das wäre mir peinlich gewesen.
Dann krabbelte ich über den Kohlenhaufen, stieg die Wand hoch und verließ am
ganzen Körper zitternd den dunklen stinkenden Raum.
Zurück im Zimmer versuchte ich meine Kleider vom Kohlenstaub zu reinigen.
Ob es gelang? „Weiß es nicht!“  am Morgen fanden meine Kollegen nichts
Auffälliges an mir.

In unserem Vertrag stand, für zwei Abende.
Der Sturm trieb unablässig eine weiße Schneewand vor sich her, die begrub
jeden Körper unter sich. Nur die Insider wagten den Gang von der Bergstation
in die Almhütte. Einer dieser mutigen Männer brachte uns im Laufe des
Vormittags die Kunde: „Der zweite Abend in der Hütte fällt wegen schlechtem
Wetter aus, wir können packen und abreisen.“
Leichter gesagt als getan.

Klaus organisierte einen Fahrer mit Pistenraupe, der brachte die Hammond zur
Bergstation. Von dort wieder per Gondelbahn ins Tal.
Ich hatte die große Ehre mit dem Pistenfahrzeug die Schmittenhöhe ins Tal
fahren zu dürfen.
Ohne Sicherheitsgurte und ohne Kopfstütze, das war damals kein Thema.

„Hatte ich den Abflug in den Kohlenpunker heil überstanden,
werde ich diesen wilden Ritt von 2000m mit der Schneeraupe über die
Abfahrtspiste ins Tal auch überleben!“

Resümee:
Viel Aufwand für wenig Gage.

*
© F. Puschnik

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Kommentare zu diesem Text


 sensibelchen13 (29.11.10)
wichtig war doch, liebern Franky, dass Ihr gesund und munter im Tal angekommen seid.

Lieben Gruß vom Schnee, in den Schnee.
Helga

 franky meinte dazu am 02.12.10:
Hi liebe Schneefrau,

Danke für den Besuch und Flockigen Kommentar.
Hinunter kommt man immer, die frage ist nur wie?!

Herzliche Grüße

von

Franky:-)
steyk (57)
(30.11.10)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 franky antwortete darauf am 02.12.10:
Hi lieber Stefan,

Da sind auch in dir bekannte Gedanken erwacht...
Aber schön war es doch!
Danke für Kommentar und Sternchen.

Herzliche Grüße nach Berlin

von

Franky
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