Zwischen Bühne und Bett 3 (Erste Schritte)

Erzählung zum Thema Abenteuer

von  franky

Das muss ich dir noch erzählen!

Wir spielten bereits einige Wochen im Heinrichshof als Berufsmusiker und hatten
noch keinen Namen für unser Trio. Da kam uns der Zufall zur Hilfe. 
Fritz und ich gingen ins Kino, hier wurde ein Film von Ölbohrungen in
Mexiko gezeigt. Die Männer riefen sich: „Petroleros, Amigos“ zu. Das „Amigos“ 
blieb in den Köpfen hängen. Es wurde zu „Drei Amigos.“ Dieser
Name begleitete uns die nächsten 15 Jahre.

In Radios und Musikboxen spielte man Bill Haleys „Rock around the Clock“.
Erich half im September bei einem Alleinunterhalter aus. Er kam zurück und
sagte: „Ich hab da was Tolles! Die Leute fahren darauf ab, ganz verrückt!“
Am Abend sang er die ersten Töne: „One to three a Clock“
Das Publikum reagierte wie elektrisiert. Die Musik ließ sämtliche Tabus und
Hemmungen vergessen. Alles tanzte und schrie und klatschte im Rhythmus.
Am Samstag Abend erreichte die begeisterung ihren Höhepunkt. 
Bei den ersten Takten riss es alle von den Stühlen, jung und alt. Die Stimmung steigerte sich und schließlich standen alle auf den Tischen, auch Chef und sämtliche Honoren
der Darokkrunde. Mit den blechernen Serviertellern schlugen sie den Takt zur
Musik zu Rock'n'Roll.

Keine andere Musik in meinen 32 Berufsjahren hat die Menschen derartig
begeistern können wie der Rock'n'Roll.   

Ein gewisser Freddy Quinn sang das Lied: „Brennend heißer Wüstensand.“
Dieser Song war wie für uns zugeschnitten. Er wurde zum beliebten Ohrwurm für
unsere Stammgäste.

Damals ging man noch zu Fuß in die Tanzlokale, Autos waren Mangelware. Der Alkoholpegel spielte überhaupt keine Rolle. Man konnte saufen bis zum Umfallen.
Das nahm manchmal verrückte Ausmaße an. Bei offizieller Sperrstunde um 4
wurde die Lokaltüre abgeschlossen. Der Stammtisch war voll Besetzt und Champagner und Kognak flossen in Strömen. Das lief dann so weit, 
ein „Mulatschack“ kam ins Spiel.  Jeder trank sein Glas auf ex und warf es an
die Wand. Wenn dann die Scherben den blankpolierten Boden bedeckten, fuhr man
Schlittschuh auf dem Scherbenschrott. Mit Anlauf durch den Dreck gerieselt. 
Der Chef war Meister in dieser Disziplin.
Frau Chefin musste nächsten Morgen den Schaden beseitigen. Mit Fluchen
und Beschimpfungen Richtung Ehemann wurde geschliffen, gebohnert und gewachst.
Chef lag 2 Tage krank im Bett, Kopfschmerztabletten und Tee brachte ihn dann
halbwegs wieder auf Vordermann. Am dritten Tag zu uns gerichtet: „Nur keine
laute Musik…“
Zur Beruhigung  klimperte ich einen Evergreen nach dem anderen. Bis ein Gast 
mit einem besonderen Wunsch diese Ruhe platzen ließ.

In unserer Straße, zwei Häuser weiter, entdeckten wir den Friseursalon Tassenbacher.
Da hatte es liebe junge Mädels und die herzige Tochter Anneliese.
Die alle standen in der Lehre und mussten auch das Handwerk vom
„Männer rasieren“ erlernen. Wir kamen da als willkommene Opfer in ihre Gasse. 
Fritz und ich gingen fast jeden Wochentag in diesen Laden. Wir veranstalteten dort das
reinste Lachkabinett. Das tat aber dem Gesichtsmuskeln, wo die Lehrmädchen
die Klinge führten, gar nicht gut. Wir trugen einschneidende Erfahrung davon.
Fritz ziert noch heute eine Narbe an der Wange.
Wir hatten solchen Riesenspaß, dass uns das nicht die Bohne ausmachte.

Fritz und ich waren ein bisschen in Anneliese verknallt. Doch keiner hatte
den Mut es zu sagen. Anlässlich des Hausballes war Familie Tassenbacher
erschienen. Ich schickte Anneliese eine Rose. Sie kam zur Bühne
und gestand mir:
„Franzi ich liebe dich“ flüsterte sie leise.
Es lief mir heiß über den Rücken, doch mir blieb eine Antwort im Halse Stecken.

So erfuhr sie nie, dass ich sie auch liebte.

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Kommentare zu diesem Text

steyk (57)
(17.12.10)
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Mahina (70)
(18.12.10)
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 Thomas-Wiefelhaus (04.11.20)
Ja, ja die gute alte Zeit, in der ich mir aber wohl noch in die Windeln gemacht habe?

Das Wort Mulatschack habe ich hier wohl zum ersten mal gehört! Die Rechtschreibkorrektur kennt es auch nicht.

Nicht getraut? Da war auch die Anneliese sicher enttäuscht: Schade! Gab es später auch keine Möglichkeit?
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