Kein Jahresrückblick, sondern persönliche Gedanken

Text zum Thema Jahreswechsel/ Silvester

von  Fuchsiberlin

An diesem Tag veranstalte ich keinen großen Jahresrückblick.

Psychotherapiebedingt schaue ich im Lauf eines Jahres eh schon immer wieder zurück, um in kleinen Schritten nach vorne zu kommen.

Manchmal, dies spiegelt meine persönliche Erfahrung wieder, da muß man sich umdrehen, nach Vergangenem schauen, ein paar Schritte zurück gehen, um einen Schritt nach vorne gehen, um einen neuen Weg beschreiten zu können. Doch auch das Nach-vorne-schauen ist therapiebedingt wichtig, ebenso die erlebten und gespürten Momente der Gegenwart.

Oder um dies kurz zu fassen: Auf-und Verarbeitung, dies gehört zur Arbeit an sich selbst in einer Psychotherapie. Ja, die Therapie der Seele, es ist ein Arbeiten an sich selbst, und kostet oft viel Kraft und ist keine angenehme Lebenstätigkeit, dennoch eine unverzichtbare, wenn man etwas verändern will. Diese Arbeit am eigenem Ich kostet eine Kraft, die wieder neu aufgebaut werden kann, denn man verliert auch Ballast.

Dennoch ist auch die Psychotherapie nicht die ultimative Formel zum Glück oder das immer wirkende Heilmittel für verwundete/kranke Seelen. Dies wäre auch zu einfach.  Alles lässt sich nicht therapieren. Auch in meiner Seele wird aufgrund meines erlebten Kindheitstraumas und vielem Erlebtem einiges an daraus resultierenden seelischen Folgen nicht mehr verschwinden. Dies meinte meine Ärztin vor einiger Zeit einmal zu mir, doch man kann lernen damit umzugehen. Ich mag kein Mitleid, denn dies hilft keinem. Mitgefühl dagegen ist okay, sofern es nicht in einer Höflichkeitsfloskel endet.

Der Blick in den eigenen Spiegel, ungeschönt, ist Grundvorraussetzung, dasss ein Mensch etwas an sich und/oder seinem Leben (ver-)ändern kann.
Dazu bedarf es nicht immer unbedingt der Unterstützung eines professionellen Helfers.

Doch das Glück geht manchmal auch eigene Wege, die wir nicht immer beinflussen können. Vielleicht übersieht man in einigen Situationen auch das vermeintliche Glück, oder eine gefällte Entscheidung stellt sich später doch als eher etwas unglückliche dar. "Jeder ist seines Glückes Schmied"??? Na wenn dies so einfach wäre, dann würde die Welt aus lauter Glücklichen bestehen.

Es gibt Menschen, die lassen nach der Trennung in einer Liebesbeziehung den Satz "Ich-ändere-mich" fallen. Doch wie viele tun dies wirklich? Von Freundschaften hörte ich oft, dass derjenige die ersten paar Wochen nach diesem bedeutungsschwangeren Satz scheinbar etwas verändert hatte, also in seinem Verhalten, doch dann fiel die Person wieder in das alter Verhaltensmuster zurück.

Warum ist dies dann so? Weil diese Menschen nicht wirklich in den Spiegel ihres Ichs schauten, sich nicht wirklich Gedanken machten, und die Bereitschaft zur Veränderung nur solange da war, bis wieder alles so wie im Vorher in Ordnung war.
Dies vermute ich einfach mal, denn wissen kann ichs nicht. Wer weiß schon alles!? Vieles kann man nicht über das Leben wissen, denke ich.

Sooo, nun setze ich jetzt einfach einen Punkt.

Ich wünsche allen KV-Autor(en)innen und -Leser(n)innen einen rutschfesten Übergang ins neue Jahr.

Man kann nicht jeden Menschen mögen, doch sollte man den anderen respektieren, solange dieser keinem anderen bösartig böswillig wehtut.

Jörg S.


Anmerkung von Fuchsiberlin:

Am 31.12. fasse ich auch keine "Guten Vorsätze" fürs neue Jahr, denn hierfür bedarf es keines speziellen Tages.
Alles zu seiner Zeit.

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Kommentare zu diesem Text

SigrunAl-Badri (52)
(31.12.10)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 01.01.11:
Liebe Sigrun,

sehr sehr viele Jahre konnte ich damit auch nicht offen umgehen. Ich lernte dies durch die Psychotherapie, und finde es wichtig, denn eine Seele kann genauso erkranken wie jedes physische Organ. Jedoch weiß ich auch, dass die Umwelt nicht immer mit Akzeptanz, Respekt, Mitgefühl und Verständnis darauf reagiert. Und auch heute noch im modernen Infozeitalter dahingehend Vorurteile existieren. Alles was mit der Seele zu tun hat, ist für viele nicht greifbar, nicht sichtbar...

Ich danke Dir ganz lieb, und wünsche Dir ein angenehmes neues Jahr mit vielen wunderschönen Momenten der Herzfreude!

Ganz liebe Neujahrsgrüße
Jörg

 EkkehartMittelberg (02.01.11)
Ja, lieber Jörg, du hast einen sehr wichtigen ehrlichen Text zum Jahreswechsel geschrieben. Ich frage mich, woran es liegt, dass psychisch Kranke nicht gänzlich vorurteilsfrei behandelt werden. Mir scheint, dass einige von ihnen, anders als du, narzisstisch über ihre Erkrankung reden. Selbstverständlich ist dieser Narzissmus selbst wieder ein Teil der Erkrankung. Jedoch viele psychisch Gesunde oder vermeintlich Gesunde erkennen das nicht und sie zweifeln die tatsächliche seelische Erkrankung an, weil sie sich über den Narzissmus in der Darstellung ärgern, den du zugunsten einer angemessenen Schilderung vermieden hast.
Liebe Grüße von Ekki

 Fuchsiberlin antwortete darauf am 02.01.11:
Hallo, lieber Ekki,

vielschichtig mögen die Gründe sein, warum psychisch Kranken manchmal nicht (ganz) vorurteilsfrei begegnet wird.

Dazu gehört bestimmt auch manchmal ein Narzissmus, den manch einer der Erkrankten an den Tag legt, und welcher vielleicht auch zu seiner psychischen Erkrankung gehört, und dies trennt bzw. schafft Mauern und sorgt auch für Vorurteile, da bin ich ganz Deiner Meinung.

Ich danke Dir ganz lieb, und es freut mich sehr, dass meine persönliche Darstellung/Einstellung so rüberkommt wie ich diese empfinde und auch im Alltag lebe.

Ganz liebe Grüße
Jörg
krebs (53)
(02.01.11)
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 Fuchsiberlin schrieb daraufhin am 03.01.11:
Hallo Andrea,

erst einmal bedanke ich mich ganz lieb für Deinen ausführlichen Kommentar, Deine tiefsinnigen Gedanken.

Ich versuche aus dieser distanzierten Betrachtungsweise heraus Menschen zu erreichen.

Ich stimme Dir zu, dass leider immer noch teilweise das Thema "Psychotherapie" mit Tabus und/oder Vorurteilen belegt ist.

Das finde ich toll, dass in Eurer Familie von Anfang an damit offen umgegangen wurde, denn dies nimmt oftmals anderen wirklich den Wind aus den Segeln.

Ja, in einer Therapie ist es unabdingbar, dass der zu Therapierende mitarbeitet, und dies in offener und ehrlicher Art und Weise, auch wnen der Blick in den eigenen Seelenspiegel manchmal sehr wehtut.

Ich denke, ein Mensch kann seinen Charakter im Kern nicht ändern, jedoch sein Verhalten in bestimmten Situationen. Dies kann auch durch eine Therapie sehr gut erreicht werden. Es bedarf hierzu aber eines oftmals (sehr) langen Lernprozesses, denn bestimmte Verhaltensweisen sind ja schon ewig fest automatisiert. Wenn man jedoch ddies bewußt erkennt, kann man über dieses Bewustsein manches verändern in seinem eigenem Verhalten. Aber es braucht Zeit und Geduld.

Und ja, die Bereitschaft zur Veränderung muß ohne wenn und aber da sein.

Ich wünsche Dir ein wunderschönes und vor allen Dingen gesundes Jahr 2011.

Ganz liebe Grüße
Jörg
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