Zwischen Bühne und Bett (Bad-Aussee 61)

Erzählung zum Thema Aggression

von  franky

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Zwischen Bühne und Bett (Motel Bad Aussee 1961)

Von Mai bis Mitte September spielten wir im neu eröffneten Motel in Bad Aussee. Ein Lokal Mit Wänden nur aus einfachem Fensterglas, was die Anrainer mit täglichen Anzeigen wegen Lärmbelästigung quittierten. Der Boden die Tanzfläche aus rauem Beton.Die Menschen verschwanden bei stürmischen Tänzen in einer Staubwolke. Gäste die den Abend durchgetanzt hatten, zeigten uns am Morgen die durchgeschabten Schuhsohlen. Ich hatte im Vertrag bei deer Direktion ein Klavier angefordert, was ich auch bekommen hatte. dann auf der Bühne im rechten Winkel zur Hammondorgel platziert. Ich musizierte zum ersten Mal auf meiner nigel nagel neuen Hammondorgel. Ich fühlte mich hinter Orgel und Klavier recht sicher. Bis eines Abends ein Mann, der sich am Tisch mit Whisky vollaufen ließ und dadurch sehr aggressiv wurde, mich unsanft aus meiner Ruhe riss. Er wollte nicht glauben, dass ich als Blinder Mensch da oben sitze und Musik mache. „Das ist doch nur Maske“. Er kam zu mir ans Podium und stellte im herausforderndem Ton die Frage: „Stimmt das, dass du blind bist?“ Ich bejahte, was den Mann ausrasten ließ. Zwischen Klavier und Orgel war ein kleiner Spalt. Und genau dort wollte er mit Gewalt hindurch. Mit eisernem Griff packte er mich am Kragen des Fracks und wollte mich von der Bühne zerren. Mit beiden Händen hielt ich meine geliebte Hammondorgel fest. Sie schwankte durch das Zerren an meinen Körper, was ich mit aller Gewalt abwehren konnte. Doch das Klavier war dem Angreifer ungeschützt ausgesetzt. Es schwankte und donnerte schließlich mit ohrenbetäubendem Getöse auf den darunter stehenden Tisch. Der Tisch krachte unter der Last von 200 kg zusammen. Mein Mikrophon war auch am Klavier montiert und verstärkte dieses unheimliche Geräusch noch um ein Vielfaches! Das alles konnte den Angreifer nicht bewegen seine Aktion abzubrechen. Er drängte sich jetzt noch näher an mich. Ich merkte dass Gitarrist Rico hinter mich sich reckte und dann wieder zurück zum Verstärker lief. Mit der Gitarre hatte er zum Schlage ausgeholt, doch das Kabel hatte ihn daran gehindert. Als er dann freie Bahn hatte Traf die Fender von Enrico mit aller Wucht dem Schädel des Angreifers. Saxophonist Stefan versetzte ihm gleichzeitig einen Faustschlag ins Gesicht, ohne merkbare Wirkung. Doch die Metallkante der Gitarre schnitt dem Störenfried ein klaffendes Kaut an seiner Stirn. Erst als Blut über sein Gesicht rann ließ der Man meinen Frack los. Seine Tischkameraden beobachteten das und holten ihn von der Bühne weg. Die Wunde war so tief, dass der Schädelknochen zu sehen war. „Der müsste raschest genäht werden“ Sagte ein bekannter Arzt am Nebentisch. “sonst zieht sich das Gewebe zurück und der Knochen kann nicht mehr verdeckt werden“. Aufgebrachte Menschen aus dem Publikum wollten den Angreifer noch in das Schwimmbad werfen. Doch die Tischrunde verzog sich, kam aber später mit dem Unfriedensstifter wieder zurück ins Lokal. Dieser griff mich verbal vom Eingang her an, beschimpfte mich mit Alkohol verschwommenen Worten. „Du Betrüger, Angeber und Hochstapler!“ 
Ich zitterte am ganzen Körper, so was war mir bisher noch nie passiert.  Ein weiteres Annähern wurde von seinen Freunden verhindert. Diesen Abend war nicht mehr ans Musizieren zu denken. Die Verletzung am Kopf des  betrunkenen Randalierers könnte Enrico unter Umständen noch Schwierigkeiten bereiten. Der Lokalbesitzer musste vom Gast die Rechnung vom zerbrochenen Tisch und dem beschädigten Klavier einfordern.
In dieser Angelegenheit hatte am nächsten Tag die Polizei auch Angaben über den Hergang der Szene verlangt. Wir gaben übereinstimmend das Geschehen zu Protokoll. Es verlief jedoch alles ohne weitere Folgen im Sand. Das Podium wurde nach dem Zwischenfall an einer schützenden Wand des Lokals montiert, wo wir vom Pöbel außer Reichweite waren.

© F. Puschnik


Anmerkung von franky:

Es wurde noch ein turbulenter Sommer!

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