Mein Chemiebaukasten

Erzählung zum Thema Leben

von  Fuchsiberlin

Ich sitze vor einem Selbstbedienungs-Shop,
Backe, Backe Kuchen, das Backwerk hat (mich) gerufen.

Nee, nee, nur der Kaffeeautomat erreichte meine innere Bedürfnisanstalt.
Die morgendliche Zigarrette gesellt sich dazu.
Koffein und Nikotin, eine typische Raucherkombi?
Vielleicht.

Besser als Schnaps und einen schädlichen Lungeninhalator, ein Paar, welches sich viel mehr um die Gesundheit streitet.

Alkohol benebelt, und die Sinne schwinden bei einem Zuviel an promillten Leber-Bungjee-Jumping. Ich darf eh so gut wie keinen Alkohol trinken, denn neben dem Koffein, dem Nikotin, zischt noch der Inhalt eines Doppel-Antidepressivums, als auch ein Stoff, der ein Gewitter in meinem Hirn in Schach halten soll, durch mein Blut.

Was wäre ohne diesem von einer Ärztin zusammengestellten Chemiebaukasten?

Schwarze Löcher, die nach mir rufen,morgens nach dem Aufwachen schon ein subjektiv empfundener hoher fast unüberwindbarer Berg, welcher aus objektiv-betrachteten leichten Alltagstätigkeiten besteht. Erzähle einem nicht in Behandlung befindlichen Depressiven nichts von der Leichtigkeit des Seins und vom Positiv-Denken.

Selbst ein in Behandlung befindlicher Depressiver wird nicht automatisch und tagtäglich der Optimismus in sein Ich geschickt. Verwechsele Depression nicht mit seelischer Verstimmung. Denn eine Depression ist eine ernstzunehmende behandlungsbedürftige Erkrankung. Eine schwere (unbehanndelte) Depression kann zum Tod führen. Freitod, oder bezeichne es als Suizid, lasse uns über Begrifflichkeiten nicht streiten.

Ich bin in Behandlung.

Der andere Anteil an künstlichen Stoffen hält ein Gewitter in meinem Kopf davon ab sich auszutoben. Epilappy aber happy, diesen Spruch eines Gewitterkameraden werde ich nie vergessen.

Das Beste versuchen aus allem zu machen, auch wenn es nicht immer einfach ist. Doch für wen ists schon im Leben immer easy!? Ich kann sehen, hören, mich bewegen ohne Einschränkung, fühlen, das verleiht dem Dasein auch einen gewissen Wert. Vielleicht schätzt man dies als Mensch in bestimmten Situationen und manchen emotionalen Friedhofs-Situationen zu wenig. Ein Depressiver tickt anders. Jeder Mensch ist anders als Du und ich.

Ich besaß nie einen Chemiebaukasten. Der Wunsch für einen solchen fehlte.

Die Pharmahersteller der Medikamente freuen sich darüber, mittels ihrer chemischen Substanzen, meinem Blut, und letztendlich meinem Gehirn, künstliches Wirkstoffe zu schenken. Wirkstoffe? Ja, denn diese hinterlassen eine erwünschte und helfende Wirkung.

Nein, ihre Freude beschränkt sich vielleicht eher auf eine im Beipackzettel nicht erwähnte, dennoch nicht unerhebliche Nebenwirkung:

„Was müssen sie vor der Einnahme von Xyz-Pharm beachten?

Besondere Vorsicht bei der Anwendung von Xyz-Pharm ist erforderlich,
wenn sie unter einer der folgenden Zustände leiden:

Störung des Geldflusses."

Schwanger bin ich nicht, mein Geldbeutel hat seine Tage.

Gesundheit kennt keinen Wertmaßstab, doch irgendwie bedarf es einer Berechnung. Viele leben vom Topf der Krankheiten. Patienten überleben manchmal dank der Nimmersatten.
Ein Vorurteil, somit eine subjektive Fehlenschätzung, oder befindet sich die Wahrheit irgendwo dazwischen?

Ich benötige diese Medikamente, Punkt. Meine Blutwerte werden regelmäßig überprüft, also verjage von dir eventuell aufkommenden Gedanken um Nebenwirkungen.

Die Esoterikbranche könnte an mir einiges an Euronen verdienen, doch ich glaube nicht an das Schrei-und-Schluck-Psycho-Experiment. Trommeln mag ich auch nicht. Im Wochenend-Workshop der spirituellen Wegweiser müsste ich wohl eher lachen, eine unfreiwillige Lachtherapie.

Steckt in diesem Text ein Lyrisch-Ich-Protagonist oder ein biographisches Ich?

Stelle nicht diese Frage, denn das ist nun wirklich nicht entscheidend.

Nicht das Leben baut Mauern, sondern wir Menschen tun dies. Mauern kann man auch Stein für Stein abtragen. Man kann...

Perfektion lehnt den Menschen ab.
Bitte sitze nicht im Glashaus, wenn du von irgendeiner vermeintlichen Perfektion sprichst.

Ich rauche jetzt eine.

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Kommentare zu diesem Text

KoKa (43)
(09.09.11)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 10.09.11:
Hey John,

mir fiel da bei bestimmten Textpassagen leider keine andere Sichtweise in Worten ein.

Ich hoffe trotzdem, dass dieser Text in entscheidenden Passagen ernsthaft, so wie er auch gemeint ist vom Inhalt, rueberkommt.

Ganz liebe Dankesgruesse fuer Deine ehrliche Meinung
Joerg
SigrunAl-Badri (52)
(09.09.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Fuchsiberlin antwortete darauf am 10.09.11:
Liebe Sigrun,

Du hast sehr sehr gut den Sinn und Inhalt dieses Textes erfasst!

Wahnsinn:)

Ganz liebe Dankesgruesse
Joerg
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