Willst du sterben?

Dialog zum Thema Denken und Fühlen

von  Fuchsiberlin

Willst du sterben?

Warum stellst du mir diese nicht alltägliche Frage?

Eine Gegenfrage als Antwort?

Ja, denn diese Frage stellte mir bis jetzt noch kein anderer Mensch.

Meine Antwort: Du redest viel über den Tod,
deshalb meine knallhart-direkte Frage.


"Nein, ich will nicht sterben",
könnte ich jetzt antworten, der Dialog wäre beendet.

Was heißt „könnte“?

Weil mein „Nein“ nur einen Wahrheitsgehalt von 75% erreicht.

Dann sprich über die restlichen 25 %.

Manchmal wünschte ich mir zu sterben,
doch ich habe auch Angst vor dem Danach.

Wünsche klingen manchmal schockierend,
der Optimist schreit nach Lebensvorzügen,
Nach dem Tod kommt Irgendetwas oder nichts.
Eine Glaubensfrage.


Optimistengeschrei dringt manchmal wirklich an meine Ohren,
aber erzähle mal einem Beinlosen wie schön das Laufen ist...

Du meinst indirekt das, was viele als die „Seele“ bezeichnen?

Ja, doch ich definiere es als das „Ich“,
"Seele" klingt so distanziert, wie ein Außerirdischer im eigenem Gehirn.

Warum will dein Ich manchmal sterben?

Hmm... Nicht das Leben kotzt mich dann an,
sondern mein tagtäglicher Kampf mit mir und meinem Leben, seit Jahrzehnten.

Erwartest du jetzt von mir eine Portion Mitleid?

Nee, denn Mitleid hilft mir nicht,
sondern verstärkt schlimmstenfalls die Isolierung.

Willst du in den Momenten des friedhofsnahen Daseins wirklich sterben?

Nein, nicht wirklich, oder wirklichkeitsnäher ausgedrückt: Ein leises "Jein".
Ein Kampf gegen den Tod auf dem Schlachtfeld des Erlebten im Ich.
Doch egal, was einem Menschen passiert, unabhängig davon wie viel er an Schmerzen erbrechen muss und an Tränenflut im Verzweifelungschaos spürt:

Irgendwo  und Irgendwann passiert dem Ich etwas (wunder-) schönes.[/color]

Das klingt wie ein Hoffnungs-Überlebensspruch?

Nein, Selbsterlebtes findet sich darin wieder.

Warum willst du dann manchmal sterben?

Weil dann das Ich im blinden Gefühlschaos der alten Welt
das Schöne nicht mehr sieht.

Was bezeichnest du als "alte Welt?"

Kindheit und Gefühle, die bis ins Erwachsenendasein durch Erlebtes
einen Sumpf aus Erbrochenem ergeben.

Du bist jetzt erwachsen.

Ja, ich weiß, und kämpfe deshalb mit dem inneren Kind für ein besseres Leben in Frieden.

Bist du bei einem Seelen-, halt du bezeichnest „Seele“ ja als „Ich“...Also bist du bei einem Ich-Klempner in Behandlung?

Ja.

Was meint der Handwerker der Ichs,
also ein sogenannter "Ich-Experte" zu deinen gefühlten Gedanken?


Vieles...Doch dies alles jetzt zu erzählen, würde unseren Dialog, rein zeitlich betrachtet, sprengen.

Nur diese Ich-Experten-Antwort möchte ich dir näherbringen:
Manches im Ich an Störungen und Folgen von erlebten Zerstörungen in der Kindheit/Vergangennheit wird bis ans Lebensende bleiben, da kann keine Therapie etwas verändern.
Man, also das Ich, muss versuchen damit umzugehen lernen.

Zeit zuzuhören verliert sich manchmal im ICE des Alltags.
Zuhören zu können stellt vielleicht eine großere Kunst als die des Redens dar.
Und du willst wirklich manchmal sterben?


Wie gesagt Ja und Nein, aber  der Wille versetzt nicht immer Berge,
dass heißt, ich will manchmal sterben und kämpfe dennoch dagegen an, denn ich will doch leben.Ein Widerspruch, doch wir Menschen leben auch manchmal im Widerspruch unserer (gefühlten) Gedanken, denke ich.

Leben und Sterben begleiten uns,
doch ein Freitod nimmt jedem Menschen die Chance
die Freiheit des Schönen zu erleben.
Auch wenn es nur einen Tag von 365 im Jahr gibt,
an dem du wunderschönes erlebst:
Für diesen einen Tag lohnte sich alles Kämpfen, Ich-Erbrechen,
Schmerzwürgen, Trauerluftnot, um zu leben.

Der Widerspruchh lässt uns Nachdenken.


Klingt wie Kaffee mit einem Zuviel an Zucker.
Auch wenns logisch erscheint.
Ich danke dir für das Zuhören ohne Stoppuhr.
Auf Wiedersehen.


Anmerkung von Fuchsiberlin:

Zu viele Menschen in Deutschland, tausende (viel mehr als es Verkehrstote pro Jahr gibt) wählen Jahr für Jahr den Suzid. Zehntausende veersuchen es jährlich. Dies ist viel mehr als eine traurige Statistik. Ein Zuhören und ein Dialog könnte vielleicht, die Betonung liegt auf "vielleicht", manch einen Suizidenten vom letzten Weg abbringen.

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Kommentare zu diesem Text

KoKa (43)
(12.09.11)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 12.09.11:
Hey John,

Dialoge können wahrlich lang sein. Es kommt vielleicht dabei aufs Zuhören und Einlassen auf die Gedanken des anderen ein, was zwei Menschen in einer Kommunikation anbelangt.

Oder kurz gefragt: Lebst du noch?

Ganz liebe Dankesgrüsse für Deine ehrliche Meinung.
Jörg
KoKa (43) antwortete darauf am 12.09.11:
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 Fuchsiberlin schrieb daraufhin am 12.09.11:
Hey John,

klaro darfste meine Anmerkung verwenden. Gerade die Gedankenfreiheit ist doch viel mehr als ein kostbares Gut! Und verschiedene Meinungen, Lebenseinstellungen und - sichtweisen machen schliesslich das Individuelle unter uns Menschen aus.

Irgendwie leben wir doch auch zwischen Extremen.

Ganz liebe Grüsse
Jörg
baerin (53)
(12.09.11)
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 Fuchsiberlin äußerte darauf am 13.09.11:
Hey Chris,

ich beschäftigte mich infomell sehr mit dieser Thematik ("Suizid"). Leider ists wohl so, dass von 10 Suizidanten acht vorher unmißverständlich anderen mitteilen, dass sie einen Suizid begehen wollen. Allerdings gibts leider auch Menschen, die eine Suizidandrohung als Druckmittel etc. missbrauchen und nicht sterben wollen, sondern etwas anderes steckt dann dahiinter.

Ich bin Deiner Meinung, dass die Anmerkung vielleicht etwas optimistisch ist, deshalb setzte ich bei dem einen "Hilfe"-Satz auch ein "Vielleicht".

Ganz liebe Dankesgrüsse
Jörg
Karmesin (20)
(12.09.11)
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 Fuchsiberlin ergänzte dazu am 13.09.11:
Und trifft sicher auf mehr Menschen zu als man glaubt.

Hey Cathy,

das glaube ich auch.

Ganz liebe Dankesgrüsse
Jörg
SigrunAl-Badri (52)
(12.09.11)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 13.09.11:
..., der von dem Zwiespalt des Sterben-Leben-Wollens geprägt ist. Du spiegelst sehr gut die Gedanken eines Menschen wider, der den Wunsch nach Erlösung in sich trägt.

Liebe Sigrun,

damit hast Du einen Interpretationsvolltreffer gelandet. genau SO ist es.
Woow, das haut mich, im positivem Sinn, um.

Ganz liebe Dankesgrüsse
Jörg
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