Niemand weint um Statisten

Kurzprosa zum Thema Abhängigkeit

von  Unbegabt

„Du musst einfach nur losschreiben.“, sagt sie und lächelt wissend. Ein Lächeln, an dem ich oft zerschellte, dass mich aber noch öfter zusammenhielt.
„Es ist nicht schwer. Papier und ein Stift. Alles was du brauchst ist hier.“ Sie blickt auf meine Hände, die gefaltet auf weißem Papier liegen. Dass sich das Zittern nur so unterdrücken lässt, weiß sie. Natürlich weiß sie es.
„Das Problem ist, dass du Angst vor dem Schreiben hast. Aber mi vida, woher kommt diese Angst?“ Ihre ozeanblauen Augen sind weit aufgerissen, wie immer sieht sie auf eine kindliche Art zutiefst erschrocken aus, die nicht zu ihrem abgesplitterten Nagellack passt. Er ist mintgrün. Eine kalte Hand legt sich auf meine und bleibt liegen. Ich bin an der Reihe etwas zu sagen, es gleicht einem Schauspiel. Vielleicht fragt sie sich, ob ich meinen Text vergessen habe. Ihre kalte Hand drückt fester auf meine.
Schnell lecke ich mir über die aufgerissenen Lippen. „Was ist, wenn es nicht geht? Es geht einfach nicht. Ich will schreiben, aber es geht nicht. Nie geht es.“
Verachtung stiehlt sich in ihren Blick, sie sieht mich über meine eigenen Worte stolpern und lässt mich fallen. Und ich falle tief. Die Landung ist hart, da ist keine Hand die sich mir entgegen streckt, ich spüre nur Nägel, die sich in meinen Handrücken graben, als suchten sie nach Schätzen. Ich werde aus ihrem Bann entlassen und wende meinen Blick ab. Sie hat ihn schon oft gebrochen.
Fünf rote Halbmonde zeigen mir ihre Fratzen und Blut tropft auf die weißen Blätter. Sprenkelt sie und verläuft zu einem Geflecht aus kleinen Flüssen.
„Sieh genau hin, mi vida.“ Sie lacht entrückt. „Ist das nicht eine wunderbare Geschichte?“
Sanft nimmt sie meine Hand und ich frage mich, ob sie am Ende nicht doch verrückt ist. Verrückt wie die ganzen Darsteller in ihrem Schauspiel.
Und dennoch spiele ich mit.

„Du wirst etwas Besonderes. Ich weiß es schon.“, flüsterte sie mir an unserem ersten Abend ins Ohr, während sie, mit frischer Tinte an den Fingern, meine Wange streichelte. Mir war als würde eine abgelaufene Sanduhr umgedreht. Glück rieselte durch meine Mitte. Ich dachte nicht daran, dass sie vielleicht schon mein Ende geschrieben haben könnte.

„Wenn du wieder schreiben würdest…“, ihr blasses Gesicht leuchtet unwirklich in dem Zwielicht des angebrochenen Abends. „Vielleicht ginge es dir dann besser. Wer weiß, mi vida.“
Mein Blick wandert zu ihren Händen. Sie sind sauber, bis auf das getrocknete Blut unter ihren Fingernägeln. Keine Tinte.
„Du grübelst schon wieder, mi vida.“, sagt sie und nimmt eine Hand von der Tischplatte. Ein Astloch wird sichtbar und ich frage mich, ob es vorher schon dort gewesen ist. Scheinbar geistesabwesend greift sie über den Tisch und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Noch etwas Glück rieselt durch mich hindurch und macht den Boden sandig.
Gleichgültig nimmt sie es zur Kenntnis, ich sehe ihren abschätzigen Blick, der keine Anteilnahme zeigt. Meine Rolle in ihrem Stück wird bald zu Ende sein, ich kann es fühlen.

Die letzten Sonnenstrahlen lassen die Staubpartikel zwischen unseren Gesichtern tanzen und wirbeln, als hätten sie auf dieser Bühne ihren letzten, fulminanten Auftritt. Schneller und schneller werden sie durcheinander gewirbelt. Meine klammen Finger suchen nach dem Stift.
Mein Entschluss ist gefallen.

Unbeteiligt sieht sie zu, wie ich Papier für Papier mit Wörtern fülle, und immer wenn ich meinen Blick von den Blättern löse und zu ihr auf blicke, sehe ich nichts in ihrem Gesicht. Keine Trauer, kein Triumph, nur dumpfe Leere. Vielleicht ist es zu spät für jede Art von Gefühlen. Ich lege ein weiteres Blatt auf den ordentlichen Stapel neben mir. Dann liegt das letzte unberührt vor mir.
„Und“, flüstere ich „was wird jetzt aus mir?“
„Aber mi vida, weißt du nicht, dass Helden immer sterben?“, höre ich sie sagen und in ihren Augen bricht sich das letzte Tageslicht, macht sie blind. Mit kalten Lippen haucht sie mir einen Kuss auf die Wange.
Das letzte Korn rutscht durch mich hindurch und

fällt.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (23.10.11)
Was für ein Korn? Verstehe ich nicht.
Vor allem:
Lächeln, das zerschellt, ozeanblaue Augen u.ä., warum muss der Text so sehr schwülstig sein? Paradebeispiel:
"Fünf rote Halbmonde zeigen mir ihre Fratzen und Blut tropft auf die weißen Blätter" -> Das ist too much, überdeckt die eigentliche Geschichte wie Zuckerguß, man beginnt sich zu fragen, ob ohne diese Schwülstigkeiten überhaupt noch Subtanz bleibt...
Hier und da fehlt ein Komma und auch nach neuer Rechtschreibung schreibt man "Triumph" eben genau so und nicht mit "f", Fräulein Unbegabt!
Graeculus (69) meinte dazu am 28.05.15:
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 SunnySchwanbeck (23.10.11)
„Du musst einfach nur losschreiben.“, sagt sie und lächelt wissend. Ein Lächeln, an dem ich oft zerschellte, dass mich aber noch öfter zusammenhielt.
„Es ist nicht schwer. Papier und ein Stift. Alles was du brauchst ist hier.“ Sie blickt auf meine Hände, die gefaltet auf weißem Papier liegen. Dass sich das Zittern nur so unterdrücken lässt, weiß sie. Natürlich weiß sie es.
„Das Problem ist, dass du Angst vor dem Schreiben hast. Aber mi vida, woher kommt diese Angst?“ Ihre ozeanblauen Augen sind weit aufgerissen, wie immer sieht sie auf eine kindliche Art zutiefst erschrocken aus, die nicht zu ihrem abgesplitterten Nagellack passt.

es ist so gut, ein teil von dem zu sein, was dich ausmacht.
und es ist noch besser, dass dieser teil wieder da ist, wenn auch nur langsam.

ich l i e b e dich.
paris (30)
(27.12.11)
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