Fundamentales Missverständnis

Bericht zum Thema Missverständnisse

von  loslosch

Gloria victoria (ohne Quelle; kämpferischer Spruch in der Antike). Ruhm (und) Sieg. Altes Denken, 2000 Jahre alt. Im Hitler-Deutschland mit kleiner sprachlicher Variation erneuert: Sieg Heil. Wie wird aus Gloria victoria des Sieges Heil, also salus victoriae?

Ein Toilettengänger verlässt im Jahre des Heils 1996 erleichtert den Ort der Verrichtung und stößt im Flur des Bundesministeriums für Wirtschaft auf einen Dienstboten, der seinen Rollwagen vor sich herschiebt. Da kann es auch mal eng werden. Die rheinische Frohnatur: "Jeedet?" Der Befreite zackig: "Sieg Heil!" Dies unterstreichend durch stramme Haltung und eingezogenen Bauch, schiebt er sich am Engpass vorbei. An einem Freitag Vormittag, 10:30h Ortszeit. Am folgenden Montag der Start in die neue Woche. Die Puppen beginnen zu tanzen. Hitler-Gruß in einem Bundesministerium? Das kann und muss Folgen haben.

Eine Dame, die bei offener Bürotür die Grußformel vernommen hat, erstattet Meldung beim Dienstvorgesetzten. Sitzungen, Verhöre, Parteiengegenüberstellung. Die Sache wird auf "höhere" Veranlassung eingestellt, die parodistische Absicht als solche in letzter Minute erkannt und anerkannt. Die protestierende Dame hatte, so ist nachzutragen, in der Hitlerzeit mehrere Angehörige verloren. Zu DDR-Zeiten waren weitere Mitglieder ihrer Familie nach politischen Prozessen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. So etwas prägt. Befragt, warum sie nach einem Wochenende und erst am folgenden Arbeitstag Laut gegeben habe, erklärte sie: "Ich stand unter Schock." Folgen hatte das Ganze nur für einen engen Kollegenkreis: Die Grußformel lautete fortan salus victoriae (s. o.).


Anmerkung von loslosch:

Noch ein "Hitler-Gruß". Gewidmet: Roberta (u.a.). für Interessierte:  H.H.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (17.11.11)
Wie dein Beispiel zeigt, Lothar,bewegt sich auf schmalem Grat, wer nationalsozialistische Formeln parodiert. Missverständnisse sind programmiert.
Ekki

 loslosch meinte dazu am 17.11.11:
etwas hintergrund zur anekdote: die naive dame, die mich verpfiffen hatte, blieb zunächst in der deckung. ich konnte durchsetzen, dass ross und reiter genannt werden. in der schwebephase begrüßte ich sie lauthals am aufzug. sie grüßte mit gesenktem blick zurück. da hatte ich den durchblick. lothar
supernova (51)
(17.11.11)
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 loslosch antwortete darauf am 17.11.11:
damals gings, bea. ich war leidenschaftlicher jogger und hatte mich kurz vorher erleichtert ...viiieelen dank für die bon-bon-s lothar

 Bergmann (17.11.11)
widewidewitt juchheissassa, ... widewidewitt bumbum!

 loslosch schrieb daraufhin am 17.11.11:
herrlich, als ich in in der mittäglichen tischrunde die parodie wiederholte. einer rief wohlmeinend: nicht so laut, sonst gibts ein zweites verfahren.

:-) t.t. lothar

 Lluviagata (17.11.11)
Auch von dieser Geschichte, die einen erst zum Lachen und dann zum Weinen bringt, kann man etwas mit nach Hause nehmen.

Der Mensch hat dreierlei Wege, klug zu Handeln; erstens durch Nachdenken, das ist das Edelste, zweitens durch Nachahmen, das ist das Leichteste, und drittens durch Erfahrung, das ist das Bitterste.
Konfuzius

 loslosch äußerte darauf am 17.11.11:
die dame hatte nicht klug gehandelt, lo das "leichteste" getan und eine bittere erfahrung gemacht - dann aber den spieß umgedreht, andrea! vielen dank für die blumen. lothar
RobertaRupp (48)
(17.11.11)
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 loslosch ergänzte dazu am 17.11.11:
das sehe ich nicht anders, roberta. interessieren würde mich, ob das genre "Groteske" von anfang an eingestellt war bzw. welches andere genre zuvor.

auch das argument, man wolle mit adolf punkten, leuchtet mir nicht ein. der leser würde dann seine eigene blödheit monieren. lothar mit dank zurücke
RobertaRupp (48) meinte dazu am 17.11.11:
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 loslosch meinte dazu am 17.11.11:
groteske in der groteske: der thread. hahaha.
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