Filibartische Weihnacht

Geschichte zum Thema Weihnachtsgeschichte

von  Rayoluna

Mit einer Axt gewappnet streifte Herr Günthersen mit seinem Sprössling an der Hand, am 3. Advent durch den Wald, um eine Tanne zu schlagen. Er hatte Glück, denn er fand nach fast zweistündiger Suche, eine der schönsten, gerade gewachsenen Nordmanntannen.  Sie war perfekt und würdig, den edlen Christbaumschmuck der Familie Güthersen zu tragen. Dieser Christbaumschmuck war seit vielen Generationen im Besitz der Familie, er wurde in all den Jahren, gehegt und gepflegt – ganz besonderst Filibart!
Filibart ist eine mit Gold verzierte Weihnachtskugel aus Glas! Was sie so besonders macht? Na, Filibart ist mit 24 Karat vergoldet, sieht aus wie ein Weihnachtsmann und grinst wie ein Honigkuchenpferd. Er funkelt und strahlt im Glanz der Lichter, wie ein Diamant und stellt all die anderen Weihnachtskugeln in den Schatten!

Wie jedes Jahr nach altem Brauch, versammelte sich die Familie Güthersen in der guten Stube, um die Tanne zu schmücken. Vorsichtig wurden die Kugeln an den Baum gehängt und genau in der Mitte der Tanne, hatte der blank polierte Filibart, wie jedes Jahr einen Ehrenplatz. „Die anderen Kugeln sind bestimmt böse auf Filibart!“, sagte Noel, der 5 jährige Sohn der Familie. „Aber warum sollten sie denn böse auf ihn sein?“, fragte ihn sein Vater. „Weil Filibart immer den besten Platz kriegt!“, erwiderte Noel. Mit einem Nasenstüber, erklärte ihm sein Vater, dass die Kugeln weder fühlen noch denken könnten und deshalb niemals böse sein würden. „Aber vielleicht möchte Filibart gar nicht in die Mitte!“, sagte Noel laut und trotzig. Darauf wusste der Vater keine Antwort mehr und schickte ohne Kommentar, Noel ins Bett. Mit einem lauten Seufzer und einer vorgeschobenen Unterlippe, wandte sich Noel ab und ging zu Bett. Er dachte an die Geschenke, die schon bald unter dem Tannenbaum liegen würden und schlief mit diesen Gedanken ein.

Um Mitternacht schliefen alle tief und fest - es wurde still im Haus Günthersen. – Bis eine kleine singende Fee durchs Haus brauste und vor dem festlich geschmückten Baum stehen blieb. Sie sang: „Alle Jahre wieder, kommt die kleine Fee – alle Jahre wieder, um den Baum zu sehen!“ Die kleine Fee schüttelte den Kopf: „Das ist doch langweilig, immer hängen die Kugeln an der gleichen Stelle! – Kein Wunder, das sich der kleine Noel, Gedanken um Filibart und seine Freunde macht!“ Die kleine Fee flog singend um den Baum herum und betrachtete den alten Christbaumschmuck. Plötzlich hatte sie eine Idee...
Sie malte mit ihrem Zauberstab funkelnde Kreise um den Baum herum und flog anschließend singend, durch den Kamin in die stockfinstere Nacht hinaus. Noel, der durch den Gesang der Fee geweckt wurde und ins Wohnzimmer eilte, sah nur noch einen glitzernden Schweif aus Feenstaub der durch den Kamin zog. Die kleine Fee war nicht mehr zu sehen, doch er hörte immer noch Stimmen, die er nicht zuordnen konnte. Er schaute neugierig wie er war, aus dem Fenster, aber er konnte in der Dunkelheit, außer Schneeflocken nichts sehen. Die Stimmen wurden immer lauter, als er endlich wahrnahm, dass sie aus der Ecke kamen in der, der Weihnachtsbaum stand. Die Tanne vibrierte als stände sie unter Strom und beim näheren hinschauen, bemerkte Noel, das die Weihnachtskugeln sich stritten. Die hölzerne Nussknacker Kugel, stritt mit Filibart: „Na, Dickerchen, bist wohl schlecht gelaunt!“, Filibart der schnell die Fassung verlor, erwiderte: „Halt die Klappe du dämliches Nussknackergesicht, es ist Strafe genug, deine angsteinflößende Fratze Jahr für Jahr, an meiner Seite ertragen zu müssen!“ Der Nussknacker klapperte mit seiner Klappe vor Wut und beschimpfe Filibart, als Fettwanst. Plötzlich meldete sich eine schrille Stimme von ganz hinten, es war die pinkfarbene Kugel: „Hört endlich auf zu streiten, ihr kennt euch schon so lange und habt vieles gemeinsam erlebt, ihr solltet euch vertragen und überlegen, was wir gemeinsam anstellen, bevor die kleine Fee uns wieder erstarren lässt.“ Der Nussknacker wollte sich von einer einfachen Kugel nichts sagen lassen und rief ihr zu: „Ruhe dahinten auf den billigen Plätzen Pink Lady, du bist nicht gefragt!“ Noel, der sich den Streit schon eine Weile anhören musste, hatte die Faxen dick. Er packte die Tanne am Stamm und schüttelte sie kräftig durch. „Hört auf,  hört endlich auf!“, rief Noel und war sehr traurig, dass sich die Kugeln nicht vertragen konnten. „Das habt ihr nun davon, schämt euch, eigentlich solltet ihr die Menschen glücklich machen!“, rief der Engel von der Tannenspitze herab. Filibart und der Nussknacker schämten sich für ihr Verhalten. „Wir haben etwas gut zu machen!“ sagte Filibart und grinste zwinkernd, den Nussknacker an, der zum ersten Mal mit Filibart einer Meinung war. Daraufhin seilten sich die Beiden mit Hilfe des Lamettas ab und rollten sich am Boden hin und her – immer schneller, bis es ihnen schwindlig wurde und sie gegen die aufgestapelten Päckchen unterm Baum krachten und alle Päckchen umfielen.  Noel krümmte sich vor Lachen und rief: „Macht weiter, macht weiter!“ Angesteckt durch sein Lachen, kamen die zwei Kugeln erst richtig in Fahrt und verzapften nur Blödsinn. Sie vertauschten die
Namenskärtchen, die an den Geschenken befestigt waren. „Na, dann wollen wir mal dem Rest der Familie, auch etwas Spaß gönnen!“, sagte Filibart. Noel gefiel die Idee und versprach nichts zu verraten.

Am Heiligabend war’s endlich so weit, die Familie Günthersen saß pikfein angezogen im Wohnzimmer bei Kaffee und Kuchen. Filibart und seine Freunde mussten sich im Voraus das Lachen verbeißen und Noel hielt die Hand vor seinen Mund, um nicht laut loszulachen. Noels Vater nahm das erste Geschenk in die Hand und da alle Päckchen gleichgroß waren, fiel ihm nicht auf, dass die Namen vertauscht wurden. Es war Omas Päckchen, er gab es ihr mit den Worten: „Frohe Weihnachten Schwiegermama und viel Spaß damit!“ Alle schauten gespannt zu, als Oma ihr Päckchen öffnete. Als sie es endlich geschafft hatte, die Schleife zu entknoten, hielt sie Reizwäsche in der Hand, die eigentlich für ihre Tochter bestimmt war. Oma war über die Reizwäsche so sprachlos und gleichzeitig erschrocken, dass sie den Mund gar nicht mehr zubekam. – Dabei fiel ihr Gebiss aus dem Mund, direkt in die Kaffeetasse. Die Familie versuchte krampfhaft sich das Lachen zu verbeißen, um Oma nicht zu verärgern, doch es klappte nicht. Sie mussten alle Tränen lachen! Noel reichte seinem Vater das zweite Päckchen und drehte sich anschließend zu Filibart und seinen Freunden um, die sich die Bäuche vor Lachen festhielten. „Pssst, ihr müsst leise sein!“ sagte Noel mit leiser Stimme. Opa bekam das nächste Päckchen und im Gegensatz zu Oma, strahlte er über das ganze Gesicht. „Oh, das habe ich mir schon als Kind gewünscht und habe es nie bekommen!“ Er hielt einen Kasten mit Lego-Bausteinen in seinen Händen und wollte ihn auch nicht mehr hergeben. Auch wenn Noel ahnte, dass die Lego-Bausteine nicht für Opa sondern für ihn gedacht waren, war er nicht traurig. Er amüsierte sich wie noch nie zuvor! Sie verteilten die restlichen Geschenke und Noel bekam Opas vergoldete Tabakdose, - Mutter bekam den Rasierapparat ihres Mannes, - Herr Günthersen, ein volles Päckchen Wollknäuel und Stricknadeln, die sich Oma gewünscht hatte. Einen so lustigen Heiligabend, hatte die Familie noch nie erlebt und dass die Geschenke vertauscht wurden, störte auch niemand – im Gegenteil, sie wollten sie nicht mehr hergeben. Vater wollte stricken lernen, Mutter konnte sich die Beine elektrisch rasieren, Oma fühlte sich wieder jung, für Opa hatte sich ein Kindertraum erfüllt und Noel hatte endlich eine Dose für seine Murmeln.

Der Abend neigte sich dem Ende zu und alle sangen zum Abschluss vor dem Christbaum das Weihnachtslied: „O Tannenbaum!“ Filibart und seine Freunde, die noch nie so viel Spaß hatten, wiegten sich im Takt der Musik und sangen lauthals mit. Herr Günthersen, der den Gesang der Weihnachtskugeln hörte, traute seinen Ohren nicht. „Leise, seid alle leise, ich habe genau gehört und gesehen, wie die Weihnachtskugeln mitgesungen haben!“, sagte Herr Günthersen mit einem Blick des Erstaunens. „Aber Papa, Weihnachtskugeln können weder fühlen noch denken und schon gar nicht singen!“, sagte Noel und zwinkerte Filibart zu, der mit einem breiteren Grinsen zurück zwinkerte.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (27.06.21)
"im Besitzt der Familie" ?

 Rayoluna meinte dazu am 30.11.21 um 18:09:
Ups, vielen Dank für den Hinweis.  


LG Rayoluna
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