Prekäre Aussichten.

Erzählung zum Thema Selbstironie

von  franky

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Hatte mit meinem Kollegen Peter nach absolvierten Abend im Dancing Bierkeller in St.Gallen ein Treffen in der Küche. Peter hatte ziemlich was in der Krone. Während er für uns ein Steak brutzelte, füllte er weiter seine Lampe mit Rotwein. Die Zunge wurde immer schwerer und schwerer, die Sprache zu einem lallendem Brei. Als wir unsere Zimmer aufsuchen wollten, konnte Peter seinen Schlüssel nicht finden. In seinem benebelten Zustand war dies auch nicht gut möglich. So lehnte er tatenlos an der verschlossenen Türe und sackte schließlich zu Boden, von dort vernahm ich bald ein grunzendes, friedliches Schnarchen. „Und mit diesen Typen wollte ich die nächsten Jahre im Duo spielen!“ Keine besonders erhebenden Gefühle. Ich, Nüchtern, blind und gehbehindert. Vor mir am Boden ein schlafender Stockbesoffener Schlagzeuger und begnadeter Sänger. Ich zog mich in mich zu einer Beratung zurück. Im Kleiderschrank in meinem Zimmer hingen Drahtbügel, die man von der Reinigung mitbekam. Kombizange hatte ich stets im Gepäck. So formte ich aus diesem Material einen Haken, mit dem ich versuchen konnte das einfache Schloss an Peters Zimmertüre zu öffnen. Diese Aktion forderte von mir einiges Geschick. Den am Boden grunzenden Kollegen konnte ich nicht wegschaffen, so musste ich mich über ihn beugen und mit viel Gefühl versuchen mit meinem einfachen Einbruchswerkzeug das Schloss zu knacken. Der Rücken schmerzte schon arg, als schließlich nach einigen gescheiterten Versuchen, sich die Feder samt Riegel bewegen ließ. Zum Glück hatte Peter den Schlüssel nur einmal beim Abschließen gedreht. Ein befreiendes Gefühl, als ich die Zimmertüre aufstoßen konnte. Mit einiger Mühe gelang es, Peter so weit wach zu bekommen, dass er auf allen Vieren ins Zimmer kroch und dort auf dem Boden weiter pennte. Hat sich sehr bald herausgestellt, dass Peter ein notorischer Alkoholiker ist. Die Symptome kannte ich von meiner Exfrau.
P.S. Oktober 86

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© F. Puschnik

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (23.01.12)
Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, Franky.
LG
Ekki

 AZU20 meinte dazu am 23.01.12:
Das denke ich doch auch. LG

 franky antwortete darauf am 23.01.12:
Hi lieber Ekki,

Aber das wurde dann doch ein Schrecken fast ohne Ende, bis Claudia mich am 4.12.88 aus einem Lokal in Zürich abholte. Das war dann das Ende meiner Musikerlaufbahn.

LG Franky
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