Ums Rechthaben

Satire zum Thema Streit

von  loslosch

Ora et labora (bekannter Wahlspruch der Benediktiner, des mit Abstand ältesten Ordens; seit dem 6. Jh.)! Bete und arbeite!

Historisch betrachtet, also unter Hintanstellung der jüngsten Ereignisse in der Jugendseelsorge, genießen in katholischen Kreisen Benediktiner und Jesuiten die größte (intellektuelle) Reputation.

In einer Streitfrage ging es um ebendieses Motto: Ist es zulässig, gleichzeitig zu beten und zu arbeiten? Die Jesuiten behaupteten, diese Aktivitäten seien miteinander unvereinbar, und begründeten es so: Jenes höhere Wesen, das wir verehren, verlange vom Betenden volle Hingabe und Versenkung. Die Benediktiner wähnten ihr Motto in Gefahr und widersprachen. Man verständigte sich darauf, diese höchst wichtige theologische Streitfrage dem Stellvertreter Gottes auf Erden zur Entscheidung vorzulegen.

Der Papst entschied letztinstanzlich, indem er beiden Petenten recht gab. Wie denn das? Die Anfrage der Jesuiten hatte gelautet: Darf der Mensch beim Beten arbeiten? Die der Benediktiner: Darf der Mensch beim Arbeiten beten?


Anmerkung von loslosch:

Fast pünktlich zum Osterfest. Für Benedikt XVI. Er hat am 16. eines jeden Monats Geburtstag, alle Jahre am 16.4. sogar zweimal.

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Kommentare zu diesem Text


 tigujo (09.04.12)
Baut man (sich) eine Brücke vom Beten zum andrigen Ufer Meditation, ist ein Versinken während der Arbeit eher unratsam, da nicht möglich - sofern man beim Arbeiten nicht in Trance verfällt, was wiederum nicht gänzlich Unverwandtes wäre. Also insofern find ich den Disput über die Frage nicht unberechtigt - wiewohl es den beiden Sportvereinen damals eher um gegenseitiges Wadelbeißen der Lizenz gegangen ist, vermute ich.

Toller Text zu Ostern.

Apropos: Die mesopotamische Ishtar gab diesem unseren höchsten Kirchenfest den Namen - von Beruf war sie unter anderem auch eine echte Göttin des sexuellen Begehrens

Frohen Gruß, tigujo

 loslosch meinte dazu am 09.04.12:
ich hab mal gegoogelt, ger:

"Der im Deutschen gebräuchliche Name Ostern ist altgermanischen Ursprungs und hängt wohl mit der Morgenröte und der Himmelsrichtung „Osten“ zusammen: Der Ort der aufgehenden Sonne gilt im Christentum als Symbol des auferstandenen ..."

sämtliche europäische sprachen orientieren sich an "pascha", sogar die niederlande. nur wir germanen nicht.

meine story ist ein unter pastoren beliebter scherz. die einleitung dazu natürlich nicht. schon gar nicht die anmerkung. danke dir. t.t. lo

 tigujo antwortete darauf am 10.04.12:
Gegoogelt? Das hab ich zur sicherheit ja auch vorher, obwohl ich es eigentlich von wo anders her hatte.

Auch wenn wikipedia den germanischen wortdrang von 'osten her' sieht - ich urpersönlich halte diese erklärung für volksetymologische Nebelungelei: Ishtar als babylonische Göttin kommt dem christlichen 'So und nun something completely different' (Monty Python Kalauer) natürlich mehr in die ursächliche quere als das unschuldige morgenrot, das gerade noch zur verputzen wäre.

Google-einträge mit 'ostern ishtar' gibt es zumindest, und zuhauf - was wenig sagt, doch immerhin alternativen aufzeigt.

Doch eben dies ist erstaunlich: Osten als Windrichtung scheint es als synonym für 'Ostern' in keine Sprache geschafft zu haben, als in die deutsche und englische: Selbst der deutsche 'Western' ist ja eher simplen ursprungs, vom 'Sudern' gar net zu sprechen - und 'Nordern' tut keiner nicht

Ich glaube, da deutsch eine archaisch-konservierende und konservative sprache ist, sich mit eindeutschungen schwer tut, und es eine zeitlang braucht, bis spuren verwaschen werden, dass auch deswegen eher Ishtar ihre gebärenden
lippen sprechen ließ, als das seemannsgarn von 'Osten' - statistisch betrachtet ohnehin von bloß einem viertel der bereits vereinfachten windrose

Klar kann ich mich irren, hab darin sogar schon - ungewollt - eine gewisse fertigkeit entwickelt, doch diesmal...

lg tigujo,
ursprünglich Babylonier aus Mesobrotamien,
Skalve bezüglich Ishtars begierden - zugegeben, in einem äußerst früheren leben
(Antwort korrigiert am 10.04.2012)
(Antwort korrigiert am 10.04.2012)

 loslosch schrieb daraufhin am 10.04.12:
ich will nicht tief einsteigen, ger. ich teile deine skepsis. ostern beginnt in den indoeuropäischen und slawischen sprachen, abgesehen von deutsch und englisch (dein hinweis oben), mit einem P. sehr auffällig, das. schönen tag. lo
(Antwort korrigiert am 10.04.2012)

 tigujo äußerte darauf am 10.04.12:
Slawischen Sprachen - bis auf Russisch in keiner:
Im Polnischen heißt Ostern 'Wielkanoc', die 'Große Nacht' - ähnlich wie auf Slowenisch: velika noč, Tschechisch: velikonoce, Slowakisch: velikonoce. Leicht anders auf Bulgarisch: Welikden (großer, wichtiger, großartiger Tag), ähnlich Ukrainisch: Velykden.
Alle die großartigen Nächte oder Tage, so lese ich, vermutlich heidnischen Urpsrungs: Vielleicht hatte Ishtar ihre Tage
lg tigujo

 loslosch ergänzte dazu am 10.04.12:
lo im blindflug gescheitert. eines stimmt immer: der herr ist auferstanden.

obs stimmt?

 EkkehartMittelberg (09.04.12)
Auf den ersten Blick leistet die Antwort des Papstes der totalen Relativierung Vorschub. Bei genauerem Hinsehen ist es nicht so. Es ist eine Frage der Akzentsetzung: Die Jesuiten behalten damit Recht, dass man nicht immer arbeiten darf, die Benediktiner damit, dass man immer beten darf.
Hinter der Art der Fragestellung beider Seiten und der Antwort steckt Strategie. Mit ihr könnte man viele Rechtsfälle so lösen, dass beide Seiten zufrieden sind.
Der „Witz“ ist inzwischen volkstümlich geworden. Das tut der Tatsache aber keinen Abbruch, dass er geistreich ist. Ich kannte ihn mit Bezug auf die Gleichzeitigkeit von rauchen und beten.

 loslosch meinte dazu am 09.04.12:
oh! das bringt mich auf was: darf man beim *icken beten? ja (etwa: herr, nicht mein, sondern dein wille geschehe - eine art von stoßgebet). darf man beim beten *icken? nein, todsünde.

dass joseph exakt an einem 16. geburtstag hat, hat lachsalven bei mir ausgelöst. mille grazie. t.t. lo
(Antwort korrigiert am 09.04.2012)

 Bergmann (16.04.12)
Schon schön. ABER ich sage: Arbeiten ist doch eine der besten Möglichkeiten, zu Gott zu beten.
Schön auch die Anspielung auf Bölls Geschichte "Dr. Murkes gesammeltes Schweigen" ...

 loslosch meinte dazu am 16.04.12:
welcome back!

das hatte ich aus einem älteren wdr5-bericht (stichtag heute), uli. eine sublime methode, belesenheit zu suggerieren. t.t. lo

 Bergmann meinte dazu am 16.04.12:
Mein Freund! Das grad ist Dichters Werk
daß er sein Träumen deut und merk.
Glaubt mir, des Menschen wahrster Wahn
wird ihm im Traume aufgetan:
all Dichtkunst und Poeterei
ist nichts als Wahrtraumdeuterei...

(Gestern in der Kölner Oper, Die Meistersinger ...)

 loslosch meinte dazu am 16.04.12:
ein großes kompliment - ein gar zu großes ...
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