Klattke bei seiner Fallmanagerin! Teil II - Die Eingliederungsvereinbarung

Kurzgeschichte zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  Klattke

Anmerkung des Erzählers: Der Name der Fallmanagerin ist frei gewählt. Namensgleichheiten zu realen Personen sind nicht beabsichtigt und wären rein zufällig.
                                     

Was bisher geschah: Klattke saß zusammen gesunken auf seinem Stuhl und Frau Mertens legte noch nach: "Ach ja, Herr Klattke, wir müssen ja auch noch eine Eingliederungs-vereinbarung abschließen…"

"Wat is denn dit?", fragte Klattke mal wieder etwas verwundert nach. "Bin ick denn etwa ausjejliedert?" "Herr Klattke", gab Frau Mertens mit ihrer glatten Stimme zurück, "das Wort bezieht sich auf den Arbeitsmarkt und an dem nehmen Sie zur Zeit nicht teil. Fordern und fördern sind die Vorgaben der Politik, Sie verpflichten sich, alles zu unternehmen, um wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, und das Jobcenter verpflichtet sich, Ihnen dabei zu helfen. Sozusagen ein Vertrag auf Beiderseitigkeit.
Das Bewerbungstraining, an dem Sie teilnehmen möchten, wird schließlich auch vom Jobcenter und damit vom Steuerzahler übernommen. Außerdem legen wir ein Bewerbungsprofil von Ihnen bei uns an und unterbreiten Ihnen Vermittlungsangebote. Sie verpflichten sich unter anderem, sich regelmäßig zu bewerben und uns Ihre Eigenbemühungen vorzulegen. In ihrem Fall erscheinen mir mindestens achtzehn Bewerbungen im Monat angemessen."
"Wat," unterbrach sie Klattke, "nun schlächts aba dreizehn, achtzehn Bewerbungen, wo soll icke die denn zu Zeit her nehmen. Dit meeste, wat inne Zeitung steht, sind Vasicherungen, Callcenta und all son Zeugsch, dit habe ick allet schon ausprobiert, wenns hoch kommt, find ick fünf oda sechs richtije Stellen, die zu mir passen." Frau Mertens war nun sichtlich gereizt und hatte Mühe, dies zu verbergen.
"Es gibt ja nicht nur Zeitungen", belehrte sie Klattke in leicht harschen Ton. "Beim Bewerbungstraining werden sie auch hier neue Impulse bekommen. Aber gut, ich reduziere die Zahl auf zwölf, aber die müssen sein und sind auch zu erreichen, außerdem gewähre ich Ihnen Bewerbungskosten. Ich drucke Ihnen die Eingliederungsvereinbarung jetzt aus."
Ehe sich Klattke versah, lag die Vereinbarung in zweifacher Ausfertigung vor ihm auf den Tisch. "Na na", meinte er, "Sie jehn ja ran wie Blücher. Muss ick dit jleich untaschreiben oda kann ich dit zwecks jenausta Übaprüfung oouch mit nach Hause nehmen?" "Sie können sich das Schriftstück in Ruhe durchlesen und bei Fragen gehen wir diese gemeinsam durch", wich Frau Mertens der Frage von Klattke aus. Klattke überflog die Seiten.
"Donnerlippchen," meinte er schließlich "Sie fahrn ja hier janz schöne Jeschütze uff. Leistungsabsenkungen und so", wunderte er sich "und ick dachte, ick bin hier Kunde. Eene elementare Fraje hab ick alladings. Sie haben ja nun Möchlichkeiten, mir zu Sanktionieren, wat kann ick denn jejen ihr Unternehmen unternehmen, wenn Sie Ihre zugesachten Vasprechungen nich inhalten?" Frau Mertens sah Klattke zu seiner Frage nur mit einem leeren Blick an. "Na jut, ick merke schon, mit dem Staat ist wenich Staat zu machen. Aba sie tun ja oouch nur ihre Pflicht und Maria Stuart hat´s dereinst schlimmer jetroffen wie Klaus Klattke."
Mit diesen Worten unterschrieb er die Eingliederungsvereinbarung. Frau Mertens nahm die Schriftstücke entgegen und fragte Klattke, ob es denn seinerseits noch etwas geben würde.
"Na ja", fragte dieser nach, "eijentlich hab ick ja jedacht, Se hätten nen paar Stellenanjebote für mir." "Ach ja natürlich", meinte Frau Mertens und drehte sich zu ihrem Computer. "Schauen wir mal was zu Ihnen passt." Gebannt blickte sie in den Bildschirm und scrollte etwas nervös auf und ab. Schließlich schien sie etwas gefunden zu haben.
"Hier, Herr Klattke, das wäre doch was für Sie und Ihre kaufmännische Ausbildung. Rolfis Restencontainer sucht einen Kassierer. Nicht ganz passend zu ihrer Qualifikation, doch immerhin. Na ja, zunächst auf 400,- Basis, aber mit Option für Teilzeit. Das drucke ich Ihnen mal aus und wenn die Tage neue Angebote hereinkommen, schicke ich Ihnen diese umgehend zu."
"Nur zu", seufzte Klattke und dachte bei sich: "Dolligowski, meene Awartungen sind ja voll übatroffen worden, des dit so schnell Berch uff jeht, hät ick ja nun nich jedacht…"
Klaus Klattke packte seine Papiere zusammen. In drei Wochen sollte er mit den Ergebnissen seiner Suche nach einem Bewerbungstraining wieder vorbei kommen. "Wenn", so meinte Frau Mertens viel sagend, "die Eingliederung bis dahin noch nicht erfolgt ist."

Ob dit denn bis dahin klappt, mit Klattkes Einjliederung, iss hier im Septemba zu lesen!

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Kommentare zu diesem Text


 Songline (03.08.12)
Hier passt der Dialekt wunderbar zur Leben-live-Erzählung. Bin gespannt, wie es Klattke so weiter ergeht.
Liebe Grüße
Song
rumpelsophie (49)
(04.08.12)
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parkfüralteprofs (57)
(30.08.14)
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 Regina (30.08.14)
Man sollte wissen, dass man sich mit der Unterschrift unter den Eingliederungsvertrag rechtlich schlechter stellt als ohne. Wenn man das Papier nicht unterschreibt, bekommt man es per Verwaltungsakt zwangsweise aufgedrückt. Dann aber könnte man bei evtl. folgenden Leistungskürzungen wegen fehlender Mitwirkung (Beispiel: man schreibt nur 11 statt der 12 geforderten Bewerbungen) dagegen klagen, was nicht geht, wenn man eben diesen Kürzungen per Unterschrift zugestimmt hat. Das Existenzminimum steht nämlich normalerweise auch dem Arbeitsunwilligen zu und kann ncht verwirkt werden. Über das ausufernde Schreiben von Bewerbungen mit sämtlichen Zeugniskopien in einer Mappe freuen sich vor allem die Post und die Papierindustrie. Arbeitgeber stehen gar nicht so drauf, auf eine ausgeschriebene Stelle 200 Bewerbungsmappen zugeschickt zu bekommen.
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