M.

Bild zum Thema Einsamkeit

von  mondenkind

Es fisselt
so Innenaussen

es erträgt sich
gerade noch
mit
mit einer Kippe
im Mund und
mit dem fremden
Brautkleid
auf dünner Haut
dem Abglanz
einer Erinnerung
die nie war
nie war



Der Spiegel ist lange schon rissig.
Blind wirft er das Licht an den schimmligen Wänden hin und her. Das dürre Wesen, das sich dazwischen bewegt, bemerkt er kaum. Er ist nicht gut darin, ihm zu zeigen, dass es zuviel dunkel um die Augen trägt. Zuviel darin. Zuviel fahl in den Wangen und das Kratzen des Asphalts in seinem leisen Gesumm. Alles gerät ausser Sicht zwischen Sprüngen und Rissen.
.
Aus dem Regal fallen Geister zu Boden. Immer wieder. Und jedesmal wieder nimmt sie sie behutsam auf, klebt die zerbrochenen Körper wieder zusammen. Und jedesmal fällt es ihr leichter. Denn jedesmal zerbrechen sie in größere Teile. Ganz zuletzt gibt sie ihnen liebevoll ihr Licht zurück in die Hände.
Und wenn dann ihr Blick zum Spiegel huscht, weicht die Leere aus dem verblichenen Kleid, die Braut streicht die Scherben aus den Augen und lächelt. Nur einen Moment. Dann drückt sie die Zigarette aus, zündet die nächste an, während draußen unbemerkt Tage zu Nächten wechseln.
Und der Bräutigam klingelt im Stundentakt an ihrer Tür.



jede Nacht
reisst ein Stück
Wurzelwerk aus dem
kargen Boden

und jeder Fingerstreich
legt Herbst
auf ihren dünnen Leib
als male er ihr
zarte Birkenästchen

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Kommentare zu diesem Text


 Lluviagata (23.08.12)
Ich sehe hier eine Frau mit psychischen Störungen (Essstörungen?), die nun, an ihrem eigentlich schönsten Tag, bemerkt, was sie überhaupt mit sich und ihrer Welt angerichtet hat. Das offene Ende zeigt auf das Ende. Wahnsinn!
Schön finde ich die Geister, die aus den Regalen fallen!!!
Und überhaupt - das ist mein Text des Jahres! Und - ich bin noch immer nicht fertig mit Lesen ...
Llu ♥

 Fuchsiberlin (23.08.12)
Die Form ist interessant und gut gewählt. Der Inhalt mit den bildhaftstarken Worten ermöglicht vielleicht bei Lesern verschiedene Interpretationen.

Das Wesen kann auch dünn sein, weil es entsprechend der Braut, die keine war, in dem Riss der Zeiten keinen Spiegel mehr erblickt, der ihr den persönlichen Weg aufzeigen kann. Das Dünne als Spiegelbild der gefühlten Seele, oder so ähnlich?

Lg
Jörg
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