Ungeduld.

Dialog zum Thema Bahnhof

von  franky

*

Ungeduld.

Durchs Fenster schauend bemerke ich, zwischen Butterbrot und Kaffee:
Nichts ist ungeduldiger als die offene Straße. Meilensteine schreien wirres Zeug. Kilometer um Kilometer werden verschlungen. Zum Frühstück, Mittags und Abends. Nachts auch noch ein großer Teil.

Nichts ist ungeduldiger als ein offenes Haustor. Es schluckt und speit Menschen, mit Fragen ohne Ende. Mit suchenden Augen, blindlings stolpernd, Schwache und Furchtsame.

Nichts ist ungeduldiger als ein offener Kindermund. Er stellt quälende Fragen. Will essen und trinken, von Gefährlichem und Ungenießbarem.

Nichts ist ungeduldiger als ein wartender Bahnhof, der seine Schienen, wie Arme in alle Richtungen streckt. Wartet bis endlich ein Zug darüber rollt.

Sie alle bringen:
Abschied,
Wiedersehen,
Enttäuschung,
Freude und Schrecken. 

Nur Einer kommt mit der Aufschrift: Liebe und Glück. Der  hat oft Verspätung, kommt gar nicht. Oder noch schlimmer! Er fährt ab, ohne auf mich zu warten.

Jeder Zug hat meine Hoffnung, meine geheimsten Wünsche unter die Räder genommen
und ist damit abgefahren. Es gibt für ihn kein Ziel, das er erreichen will.
Es gibt keine Stadt, die er als Endstation akzeptiert.
 
Nichts ist so ungeduldig wie eine geballte Faust, die zum Schlag ausholt. 
Sie droht und trifft! Sie schlägt die weinenden Augen aus dem Gesicht.
Sie schlägt gnadenlos Nase und Mund ins blutige Blau des Hasses.

Nichts ist so ungeduldig wie ein liebendes Herz.
Es möchte alles haben, alles und noch mehr, sofort, auf der Stelle.
Es liebt und hasst! 
Es trommelt mit den Fäusten auf den Tisch. 
Es schreit aus vollem Mund.
Es stürmt aus allen offenen Toren.
Es schluckt und speit.
Und liebt und liebt! 

Am Ende bleiben nur noch zwei Hände. Sie halten alles fest.
Sie stehen und halten, bis sie plötzlich am Bahnhof ankommen.
Die Räder drehen sich. Du weißt nicht mal, welches Ziel der Zug im Schilde führt.   

Der Schaffner kommt: „Fahrscheine bitte!“ Du greifst in die Tasche. Erstaunt stellst du fest: 
Die Fahrkarte, die hast du nicht selber gekauft, sie gilt bis zur Endstation.
 
Dann sitzt du wieder bei Butterbrot und Kaffee, siehst durchs Fenster.
Wer lesen kann, der sieht es. 
Wer hören kann der spürt es.
Es steht auf allen Schildern der Straßen geschrieben.

Ein Gebet für eine Hand voll Liebe.
Zwei Hände für ein geduldiges Herz.
Drei Wünsche für blühende Hoffnung. 

Wer vergessen kann, hat Schweigen verdient.
Ich kann beides nicht.
Mein Schweigen ruft die Ungeduld, wie verlorene Schätze,
Gedanken führen mich immer wieder auf einsame bahnhöfe, 
deren Offenheit mich stets berühren.

*
© by F. J. Puschnik

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Kommentare zu diesem Text

chichi† (80)
(05.04.13)
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 franky meinte dazu am 05.04.13:
Hi liebe Gerda,

Danke dass du ein Stück mit mir gefahren bist.

Liebe Grüße

Franky

 EkkehartMittelberg (05.04.13)
Deine Bilder korrespondieren. Das gefällt mir an den Text.
LG
Ekki

 AZU20 antwortete darauf am 05.04.13:
Ja, so ist es. LG

 franky schrieb daraufhin am 05.04.13:
Hallo lieber Ekki, lieber Armin,

Danke euch beiden, dass ihr bei mir Station gemacht habt.

Liebe Abendgrüße

Franky
gaby.merci (61)
(05.04.13)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 franky äußerte darauf am 05.04.13:
Hi liebe Gaby,

Das freut mich aber, dich noch an meinem Ticketschalter begrüßen zu dürfen. Wo hin geht deine Reise?
Wahrscheinlich ins Land der Träume:-)

Liebe Abendgrüße

von Franky
gaby.merci (61) ergänzte dazu am 05.04.13:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 franky meinte dazu am 05.04.13:
Ich liebe deine Seelenwanderschaften über kurz oder lang, oft und immer, bist bei mir ein gern gesehener Gast.
Träume fliegen auch zu dir:-)

 sensibelchen13 (05.04.13)
Ein sehr nachenklich machender Text, lieber Franky.

LG Helga
rosablume (63)
(10.04.13)
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 Omnahmashivaya (16.04.13)
Interessante Gedanken und Vergleiche. Hab es gern gelesen und es gefällt mir ausgesprochen gut, da es zum Nachdenken anregt.
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