III - Versöhnt Schreiben

Essay zum Thema Schreiben

von  Ephemere

Der Welt huldigen, indem man genau beobachtet und festhält, „verewigt“. Nicht sich selbst, sondern Momente, Individuelle Erscheinungen, Atmosphäre: eine Verneigung vor dem Ephemeren. Ohne Narzissmus, sondern mit Liebe, Zärtlichkeit und etwas Melancholie: Der Autor ist versöhnt, die Hommage an das Flüchtige, mit der er es erhaschen und festhalten möchte, ist das Einzige, was er sich von der existenzialistischen Auflehnung gegen die Vergängnis, von der menschlichen Obsession mit dem „Sein“, bewahren mag. (NB: Diese Mission ist ihm auch das verbleibende Reservat der statischen Künste – Literatur, Malerei, Fotografie, Plastik).

Nicht erfinden, nicht chiffrieren, sondern aufnehmen, festhalten (outside in, nicht inside out).

Die Fiktion hingegen ist realitätsfeindlich – sie lehnt die Welt ab und erfindet eine andere, als Flucht oder Utopie. Die erdichtende Erzählkunst (die sich außerhalb der "Funktionsliteratur" Minnesang, Gleichnis, Legende und Satire befindet) trat ihren Siegeszug erst an, als Verstädterung und entfremdete Arbeit die künstliche Trennung zwischen Mensch und Welt – Uneigentlichkeit und Mittelbarkeit – zur vorherrschenden Lebenserfahrung gemacht hatten.
Die die Welt und das Leben nicht mehr besingen und verewigen können, weil sie sie nicht mehr sehen, schaffen sich damit Surrogate – das Geplapper des  Papageis im Käfig. Nietzsche befand früh: „Die Dichter lügen zuviel.“

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