Gebogen

Kurzgedicht

von  Alpha

Ich kann ganz ungelogen
mich in die Nacht verbiegen wie ein Bogen.

Dann bin ich Biegung zwischen zweien Enden
und krümme mich beflissen;
dazwischen strafft mein Bogensehnen.

Ich bin gespannt.
Ich bin zerrissen.


Anmerkung von Alpha:

Arbeitstitel

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Kommentare zu diesem Text


 Martina (18.04.13)
Gefällt mir einfach! Lg Tina.

 Isaban (18.04.13)
Von der Betonung her passt das "zweien" natürlich gut zwischen "zwischen" und "Enden", da fällt kaum auf, wie sehr die deutsche Sprache an dieser Stelle verbogen und geschunden wird. Und wenn man es entdeckt, dann glaubt man an ein Versehen oder fragt sich, ob da ein bissl Mundart ins Hochdeutsche geraten ist und dann weiß man: Nein, es ist nur hingebogen, so hingebogen, dass es bei oberflächlicher Betrachtung gernade noch so durchgeht, aber noch so eine winzige Abweichung und aus der ansonsten geschmeidigen Sprache wird etwas Unschönes, etwas, das man nur noch mit Unbehagen betrachten kann. Da braucht es einen Schnitt hinter "zwei" , um das Deutsch und den normalen Sprachgebrauch wieder in Ordnung zu bringen - da kann und darf sich das lyrische Ich kaum mehr auf Zweisamkeit einlassen. Gut hervorgehobenes Dilemma. Ohne das "en" ein Bruch in der Melodie, mit ein Bruch in der Sprache. Stilistisch toll bebildertes Couplet!

Liebe Grüße

Sabine

 Alpha meinte dazu am 18.04.13:
Eine gute und wie immer schöne Isaban-Kritik, hat mich gefreut. Dankende Grüße zurück, A.

 Irma antwortete darauf am 24.02.14:
Gebogen – gespannt – zerrissen. Unglaublich, was alles in dieser Folge aus drei Wörtern steckt. Man könnte das Gedicht als eine Art Dreiecksbeziehung lesen, in der LyrIch steckt. Auf der einen Seite der (Familien-) AllTag, auf der anderen Seite die Sehnsucht nach einer erfüllten Sexualität (Nacht). Beide Seiten ziehen gleichermaßen, und LyrIch muss, um nicht daran kaputt zu gehen, äußerst flexibel sein.

Genauso gut könnte es sich jedoch auch um eine unglückliche Liebesbeziehung handeln, in der LyrIch hin- und hergerissen ist zwischen der Möglichkeit und der Unmöglichkeit eines Beziehungsendes. Bei nüchterner Betrachtung am Tage scheint die Beziehung nicht tragfähig, aber gefühlsmäßig kann LyrIch sich nicht lösen. Wobei für mich das „sich in die Nacht verbiegen“ zusammen mit dem (Bogen-) Sehnen auf eine starke körperliche Bindung hindeutet.

Ein Bogen muss sich krümmen, um zu funktionieren. Die ersten beiden Verse scheinen wie eine Art Selbstbeteuerung, dass LyrIch in der Lage ist, sich zu biegen (positiv) bzw. sich zu verbiegen (eher negativ). LyrIch scheint eifrig darum bemüht, diesen Spagat irgendwie zu schaffen ("und krümme mich beflissen"). Das Couplet am Ende stellt jedoch alles in Frage. Wobei in diesen beiden Versen eine Doppeldeutigkeit liegt, je nachdem ob man das „zerrissen“ (im Bild der Metapher verbleibend) als Vorgang deutet oder eher als Zustand (der inneren Zerrissenheit).

Durch die Biegung entsteht erst die (für LyrIch) nötige Spannung. Eine Spannung bis zum Zerreißen, wenn man den Bogen überspannt. Was schmerzt mehr, dieses ständige Straffen und Reißen oder ein glatter Schnitt (ein Cut hinter „zwei-“, wie von Sabine erläutert)? Und wäre etwas Entspannung gleichzusetzen mit Langeweile?

Für mich eines der besten Kurzgedichte, das ich je hier auf KV gelesen habe. Fasziniert mich bei jedem Lesen wieder aufs Neue! LG Irma
(Antwort korrigiert am 24.02.2014)
Sardinenfischer (48)
(18.04.13)
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 Alpha schrieb daraufhin am 18.04.13:
Irgendwo muss man ja hin mit sich ...

 Bergmann (18.04.13)
Interessante Polyvalenz, schon wegen 1. Vers.
Aber ich will hier lieber nichts überdehnen.
Ich hoffe, du bist re-parabel.
:-)

 Alpha äußerte darauf am 18.04.13:
Was sich biegt, das streckt nicht.
eilika (33)
(18.04.13)
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 Alpha ergänzte dazu am 18.04.13:
Ich muss gerade etwas lächeln - beim Schreiben stellte ich mir nämlich die gleichen Fragen. Danke hierfür. In die Nacht hinein biegen ist genauso eine Option wie das Biegen zwischen zwei nicht benannten Enden (dass diese nicht genau benannt werden, hat verschiedene Gründe), möglicherweise liegt das "beste" "Verständnis" des Textes auch gerade in der Kombination aus beiden Möglichkeiten. Habe mich gern wiederholt lesen und beschauen lassen; LG, A.
wa Bash (47)
(18.04.13)
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 Alpha meinte dazu am 21.04.13:
"Insofern"? Hm, nagut, die Filmszene ist mir jetzt nicht die geläufigste, aber ich danke fürs Kommentieren. Grüße, A.
MarieM (55)
(22.04.13)
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 Alpha meinte dazu am 22.04.13:
Das höre ich gerne, danke. Grüße, A.

 HerrSonnenschein (25.04.13)
Wow! Ganz ungelogen: Ich bin dir gewogen!

LG Jörg

 Alpha meinte dazu am 25.04.13:
Ich hab's schon gemerkt, danke ;) Grüße, A.
Lena (58)
(30.03.14)
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gaby.merci (61)
(30.03.14)
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managarm (57)
(10.12.19)
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