Klattke beim Bewerbungstraining Teil II: Dialekte und Einsichten!

Kurzgeschichte zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  Klattke

Das Bewerbungstraining zog sich hin. Man hatte die Bewerbungsunterlagen überarbeitet, sich mit Dingen wie Farbenlehre der zu verwendenden Präsentationsmappen, passende Kleidung bei Vorstellungsgesprächen und anderen elementaren Fragen rund um das Bewerben befasst.

Mit der Zeit hatte Klattke sich an Nils Sturm gewöhnt. Zwar immer aufgedreht und bestens gelaunt, mochte er ihn trotzdem. Die Stimmung in der Gruppe war nur mäßig, und Nils Sturm hatte immer mal wieder Mühe, gute Laune herzustellen. Einige Tage vor Ende der Maßnahme wollte er für Abwechslung sorgen und schlug den Teilnehmern Rollenspiele zum Thema Bewerbungsgespräch vor. Viel Begeisterung erntete er damit nicht und auf seine Frage, wer denn beginnen wolle, antwortete niemand.

So ging er kurzerhand auf Klattke zu: "Klaus, wie wäre es mit Ihnen?" Dann sprach er Manuela an: "Manuela, Sie sind die Personalchefin, bei der Klaus sich gleich bewirbt!" Beide erhoben sich von ihren Plätzen. Manuela ging nach vorne und Klattke verließ den Raum.

Beim Hinausgehen rief ihm Manuela, der man deutlich ihre sächsische Herkunft anhörte, zu: "Gläus, dran dängen, im Bewärbungsgesprehch höchdeutsch räden, nich so viele igge und ööch." Klattke zuckte innerlich zusammen und machte die Tür hinter sich zu, an die er gleich wieder klopfte, um auf Manuelas "Herröhn!" erneut das Zimmer zu betreten. "Juten, äh guten Morgen" sagte er laut und fing an, sich vorzustellen: "Ick, äh ich bin Klaus Klattke." Manuela bot ihm Platz an: "Äch, nähmn Se doch bitte Plahtz". Klattke setzte sich und wollte wieder anfangen: "Also icke …", doch Manuela unterbrach ihn, "Äch Gläus, wir sind doch im Bewärbungsgesprehch, nich immer igge und soh!" Klattke fing wieder von vorne an. "Also, ich wollte mir bei Ihnen bewerben und …" weiter kam er nicht, denn Manuela verbesserte " ... mich, dös heeßt mich und nich mir". Klattke schaute Manuela scharf an und fuhr fort "… und etwas über MICH erzählen. Also, ick komme aus…" und wieder unterbrach ihm Manuela "schohn wieda igge" Nun reichte es Klattke, der ohnehin schon genervt war. "Ach soh", gab er im gestellten sächsischen Dialekt zurück, "Frau von Personalchefön rähdet heute wohl besohnders höchdeutsch"! Manuela war empört und lief rot an: "Alsoh, das is doch jähdsd…" Nils Sturm unterbrach sie. "Herrschaften, es ist doch nur ein Rollenspiel!" "Wat heeßt hier Herrschaften", empörte sich nun Klattke, "die hat doch anjefangen, also muss et ooch Damschaften heeßen". "Alsoh, das is doch jähdsd…" setzte Manuela erneut an, diesmal unterbrach sie der Lachanfall von Helmut. "Ick lach mir nen Ast ab" rief er und gackerte los. Nils Sturm rief ihn zur Ordnung.

Da begann Cordula, eine andere Teilnehmerin, die ohnehin nah am Wasser gebaut war, zu weinen. Ihre Nachbarin tröstete sie und sagte laut: "Seht, was ihr gemacht habt, jetzt weint die arme Cordula", worauf diese noch mehr schluchzte. "Ja, unjefähr zum zweehundertsten mal in diesa Maßnahme" bemerkte Klattke. Nils Sturm wurde konfus, weil ihm die Situation immer mehr entglitt.

Hastig ging er zum Fenster und riss es mit den Worten "Frische Luft!" auf - und hielt zum wiederholten Male während des Bewerbungstrainings den Fenstergriff in der Hand, mit dem er wild herumfuchtelte. Davon war Manuela so erschrocken, dass sie laut aufschrie. Helmut bekam wieder einen Lachanfall, Cordula fing von neuem an zu weinen. Nils Sturm wusste nun nicht mehr weiter, wütend warf er den Fenstergriff in die Ecke. "Alle jetzt Ruhe, Ruhe! Kein Weinen, kein Lachen und keine dummen Bemerkungen. Diese Rollenspiele, dieses Arbeitsamtszeug kann mich…", damit unterbrach er abrupt und biss sich in die Hand.

Nun war tatsächlich Ruhe im Raum. Nils Sturm atmete tief durch. "Pause, wir ziehen die Pause vor. In einer viertel Stunde machen wir weiter!" Dann verließ er hastig den Raum. Über Klaus Klattkes Gesicht huschte ein Lächeln. "Wie wa dit?", sprach er zu sich selbst; "Einsicht iss eben der beste Wesch zur Besserung." Damit setzte er sich und packte den mitgebrachten Pfannkuchen aus, in den er nun herzhaft hinein biss und wieder zu sich selbst sagte: "Kommse rin, könnse rauskieken. Bei uns könnse wat aleben!"

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Kommentare zu diesem Text


 Sanchina (19.05.13)
köstlich!
Laudalaudabimini (59)
(11.11.13)
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