Abend

Sonett zum Thema Abendstimmung

von  Möllerkies

Dieser Text gehört zum Projekt    Sonette.
Am Abend, wenn in weichem Dunst die Sonne
sich auflöst und die letzten Strahlen sendet,
beschirmt ein Purpurhimmel, der nicht endet,
das Land, das Schleier trägt wie eine Nonne.
 
Und während Dämmerschatten niedersinken,
bewegt sich müd ein Landmann über Weiden,
an denen mählich Tag und Nacht sich scheiden;
im letzten Licht sieht man die Sense blinken.
 
Verlassen steht ein Rind an einer Tränke,
den letzten Vogelruf hört man ersterben.
Am Horizont zerfließen Wolkenbänke,
 
die sich im Untergehen grau verfärben,
als ob ein Geist ein dunkles Banner senke,
zu künden von Gedeihen und Verderben.

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Kommentare zu diesem Text

ChrisJ. (44)
(30.06.13)
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majaw (46) meinte dazu am 30.06.13:
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 Möllerkies antwortete darauf am 30.06.13:
Danke für den Willkommensgruß und das Lob! Dichterlehrling, unverschuldet heimatlos geworden, sucht neuen Wirkungskreis ...
ChrisJ. (44) schrieb daraufhin am 30.06.13:
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 Möllerkies äußerte darauf am 01.07.13:
Hallo Maja,

danke für den Gruß und die Information über das AW. Hoffen wir mal, dass es hier zivilisierter zugeht ...

Viele Grüße
M.
majaw (46) ergänzte dazu am 01.07.13:
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 Möllerkies meinte dazu am 02.07.13:
Ja, die AW-Startseite (http://www.autorenweb.de/index.htm) hat was. Erinnert mich an Karl Valentin:

Von Grünwald, die Rittersleit,
lebn nicht mehr seit langer Zeit,
nur die Geister von densölben,
spuken nachts in den Gewölben.

;-)
Martin

 Lluviagata (30.06.13)
Ein wunderschönes Sonett mit Attributen des Todes, die ihm den herben Charakter des sterbenden Tages verleihen.

Herzlich willkommen!

Liebe Grüße
Llu ♥

 Möllerkies meinte dazu am 30.06.13:
Vielen Dank für den freundlichen Kommentar!

Viele Grüße
M.

 Jorge (01.07.13)
"an denen mählich Tag und Nacht sich scheiden;"
Ein stimmungsvoller Text mit behutsamer und bedachter Wortwahl - gefällt mir.
saludos Jorge

 Möllerkies meinte dazu am 02.07.13:
¡Muchas gracias!
Martin

 Isaban (02.07.13)
Klassische Form- und Wortwahl, schöne, beschauliche, stimmungsvolle Bilder, vielleicht ein "als ob" zuviel und der Scherben etwas reimtechnisch notgelöst, aber von erholsamer Metrik, mit exquisiter Melodie und mit durchgehend themengerecht ausschleichenden weiblichen Kadenzen. Hübsch auch, wie in V1/2 sich die Satzstellung passend zur Sonne auflöst - und auf jeden Fall etwas, das man gewiss gerne liest, bevor man das KV-Fenster für diesen Tag schließt. Mir gefällt bessonders gut die im letzten Licht blinkende Sense, die so sanft auf den Tod anspielt und dennoch gelungen ins Leben passt.

Liebe Grüße

Sabine

 Möllerkies meinte dazu am 02.07.13:
Liebe Sabine,

danke für den wohlwollenden und verständigen Kommentar. Das doppelte "als ob" - genau, das steht schon auf meiner Agenda; der Scherben gefällt mir hingegen ganz gut.

Anmerken möchte ich (du weißt schon, warum) noch, dass ich die Anfangsworte "Am Abend, wenn" aus Trakls Sonett "Verfall" ausgeborgt habe.

Viele Grüße
Martin

 Möllerkies meinte dazu am 07.07.13:
Leider weist mein Gedicht noch zwei weitere Mängel auf:

Zum einen reime ich "Tränke" auf "tränke", verwende also einen grammatischen Reim. Zum anderen lässt sich das Wort "tränke" als Konjunktiv I von "tränken" oder als Konjunktiv II von "trinken" auffassen: "Ein Geist tränkt den Boden" oder "Ein Geist trinkt den Boden". Die Mehrdeutigkeit ist unbeabsichtigt; gemeint war der Konjunktiv I.

Tja, da stehe ich vor dem Scherben, pardon: den Scherben meines Sonetts. Müßig sieht er seine Werke und bewundernd untergehn ...
(Antwort korrigiert am 08.07.2013)

 Isaban meinte dazu am 08.07.13:
Ist doch nur ein Vers. Da gibt es doch noch so viele schöne Reime, die man verwenden könnte, wie z.B.:

Bänke
verschränke
denke/bedenke
kränke
lenke/Gelenke
Geschenke
(Antwort korrigiert am 08.07.2013)

 Möllerkies meinte dazu am 08.07.13:
Hast ja Recht. Werde mir das Gedicht demnächst noch mal vorknöpfen ...

 Möllerkies meinte dazu am 15.07.13:
Liebe Sabine,

so, ich habe aufgeräumt: Eliminiert habe ich ein "als ob", den Scherben und das grammatisch reimende und mehrdeutige "tränke", unter Verwendung der von dir vorgeschlagenen Bänke. Ob das Gedicht dadurch gewonnen hat, muss ich mir noch überlegen ...

Viele Grüße
Martin

 Isaban meinte dazu am 15.07.13:
Verloren hat es auf keinen Fall!
Liebe Grüße

Sabine
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