Verschwiegene Wahrheit oder: Kann man über Tote schlecht reden?

Gedanke zum Thema Tod

von  Fuchsiberlin

„Man klagt die Toten nicht an.“
Vielleicht schwiegst du deshalb an Mutters Grab.

Doch fern des Friedhofs, in der Welt der Lebenden, begannst du zu reden.


Anmerkung von Fuchsiberlin:

Eine schwierige Thematik...Und eine mit unterschiedlichen Sichtweisen. "Über Tote soll man nicht schlecht reden (Volksmund?)", heißt es. Doch kann man dies verallgemeinern? Nein, denke ich.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (21.02.14)
Schon die Alten sagten: De mortuis nihil nisi bene (Über die Toten redet man nichts, es sei denn gut)
Es muss Gründe haben, dass sich dieser Gedanke so lange gehalten hat. Einer könnte sein, dass die Toten sich nicht mehr verteidigen können.
Der Satz kann aber moralisch nicht unbedingt verbindlich sein. Wenn es so wäre, könnten Historiker sich nur erlauben, positive Urteile über Verstorbene abzugeben.
LG
Ekki

 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Hallio Ekki,

es kann durchaus sein, dass sich dieser Gedanke deshalb so lange hielt, weil Tote verständlicherweise als wehrlos angesehen werden. Sie können sich quasi nicht mehr verteidigen. Dennoch: Ein Mensch, der zu Lebzeiten einem oder mehreren Menschen großen seelischen oder/und körperlichen Schaden zufügte, warum sollte dann nicht ein anderer über den Toten schlecht reden können, und dies auch in moralischer Hinsicht dürfen?!

Dein Beispiel mit den Historikern ist treffend.

Ich danke Dir.

LG
Jörg

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 21.02.14:
Ja, das mit dem großen seelischen oder/und körperlichen Schaden überzeugt mich als Argument.
Luciernaga (54)
(21.02.14)
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 Fuchsiberlin schrieb daraufhin am 21.02.14:
Ja, Lucie, das Leben, es ist wie es ist. Doch das Kehren vor der eigenen Tür bedeutet den nicht vernebelten Blick in den Spiegel, und ist nicht immer einfach zu bewerkstelligen, glaube ich. Wir Menschen bleiben im Wesen imperfekt, das ist das einzig Perfekte an uns.

Ich danke Dir.

LG
Jörg
(Antwort korrigiert am 21.02.2014)

 TrekanBelluvitsh (21.02.14)
Wenn man über Tote nicht schlecht reden dürfte, würde die Geschichte der Welt auf eine DIN A5-Seite passen. Ist als Grundsatz also Tinnef. Gilt also höchstens auf dem Friedhof - solange unbekannte Ohren in Hörweite sind.

 Fuchsiberlin äußerte darauf am 21.02.14:
Da stimme ich Dir zu, Trekan. Doch auch für den persönlichen Bereich gilt dies, nur in einem anderen, einem kleineren, Rahmen.

Ich danke Dir.

LG
Jörg

 TrekanBelluvitsh ergänzte dazu am 21.02.14:
Vielleicht soll die Worte, dass Mann über Tote nicht schlecht reden soll, einen ja nur dazu ermahnen, zumindest gegenüber Toten auf Klatsch und Tratsch zu verzichten?

 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Eine Möglichkeit, die ich nicht gänzlich ausschließe, denn auf Klatsch und Tratsch sollte dann nun wirklich verzichtet werden. Doch ich glaube, es hat eher damit zu tun, dass ein Toter sich nicht mehr verteidigen bzw. rechtfertigen kann.
Gutblond (53)
(21.02.14)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Die Frage ist, vom Wortlaut her betrachtet, von mir durchaus genau so beabsichtigt. Mir ging es nämlich in erster Linie um den umgangssprachlichen Satz "Über Tote soll man nicht schlecht reden".

Man kann nicht nur aus der Motivation von Hass, Dummheit, Eifersucht, Neid etc. schlecht über einen Menschen reden. Sondern auch aus der Perspektive eines Opfers betrachtet, dass ein Verstorbener zu Lebzeiten einem solchen einen seelischen oder/und physischen Schaden zufügte. In diesem Fall ist die Motivation des Opfers nicht immer so einfach auf bestimmte Wesensarten und Emotionen einzuschränken.

"Gut reden", kann, wenn dies aus einer gemeinschaftlich aufgedrückten Moral heraus geschieht, durchaus ein Ausblenden der Wirklichkeit bedeuten. Ein Opfer von Gewalt wird das Leben eines Verstorbenen, glaube ich, nicht in dem Sinne rekonstruieren wollen, das dieser an jener oder anderer Stelle anders hätte handeln können. Und nicht zwingend nach einer Ursache suchen, warum dieser sich zu Lebzeiten genau so und nicht anders verhielt.

Wer kann schon behaupten, er wüßte wie Leben funktioniert? Ich sehe es nicht so wie Du, dass Menschen nur nachplappern, sondern sich durchaus auch eigene Denkweisen aneignen. Ob "schlecht reden" eine gute Abkürzung im Alltag ist, diese Frage kann ich nicht beantworten.

In den Gesellschaften, die Du im letzten Absatz thematisierst, wird anders mit Toten umgegangen, das stimmt. Dies liegt vielleicht in einer religiösen oder/und kulturellen Tradition begründet. Ich weiß es nicht.

Ich danke Dir.

LG
Jörg
Gutblond (53) meinte dazu am 21.02.14:
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Hm..., ich dachte jetzt noch einmal über Deinen Satz bezüglich Nachplappern und eigener und fremder Meinung, und einer eigenen Denkzutat nach. Jetzt verstehe ich besser, was Du mir in Deinem ersten Kommentar in dem Sinn rüberbringen willst.

Okay, ja, letztendlich existieren in der fast unendlich erscheinenden Welt der vielen Meinungen alle Grundlagen, auf denen sich durchaus auch das eigenen Denken aufbaut. Bestehendes, welches mit einer individuellen Zutat gewürzt wird. So werden Gedanken doch meistens nicht neu erfunden, sondern existieren so oder so ähnlich schon und werden individuell aufbereitet.

Ja, die innere Einstellung, die Verschmelzung der emotionalen mit der geistigen Ebene bewirkt ein Verhalten, wie auch immer es dann äußerlich ausschauen mag.

Ich danke Dir.

LG
Jörg
Gutblond (53) meinte dazu am 21.02.14:
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 Dieter Wal (21.02.14)
Das Sprichwort gilt besonders für Nachrufe. Die haben seelsorgerische Funktion am Grab und darüber hinaus.

 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Ich stimme Dir in dem Sinne zu. Doch wirkt dieser Satz, dass man nicht schlecht über Tote reden soll, unter Umständen auf andere nicht auch moralisierend? Ich denke ja.

Ich danke Dir.

LG
Jörg

 loslosch meinte dazu am 21.02.14:
der römer sagte "bene", also auf gute/ gütige weise. war einer ein notorischer eierdieb, könnte man über ihn wohlwollend verbreiten: er liebte eier über alles und verschaffte sie sich beinah um jeden preis.

 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Ein interessanter Einwurf, loslosch.

LG
Jörg
SchorschD (78)
(21.02.14)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Es geschah also aus einer gewissen Angst heraus, bei den Römern. So deute ich dies.

Deinem letzten Satz stimme ich zu. Auf keinen Fall sollten Lügen den Namen eines Toten beschmutzen.

LG
Jörg
chichi† (80)
(21.02.14)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Das ist okay, liebe Gerda. Man muß nie zu allem immer etwas schreiben.

LG
Jörg
Gringo (60)
(21.02.14)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Zu Deinen ersten zwei Sätzen: Auch aus diesem Grund veröffentlichte ich diesen Gedanken. Einen inneren Frieden zu finden, erscheint mir auch erst möglich, wenn sich damit auseinander gesetzt wird: Mit Schuld und Sühne. Dennoch ist selbst dann dies nicht immer möglich: Zu verzeihen. Es kann jedoch eine befreiende Wirkung haben. So hart es sich anhört: Der Tod eines Menschen, und das was dann an verbaler Auseinandersetzung erfolgt, kann eine innerliche Befreiung bedeuten.

Höre auf Dein Bauchgefühl, dies ist manchmal gar nicht so verkehrt, glaube ich.

LG
Jörg
(Antwort korrigiert am 21.02.2014)

 Dieter Wal meinte dazu am 21.02.14:
"Mit Schuld und Sühne."

Wieso sich zum Richter über ein Menschenleben aufschwingen? Kein sterblicher Mensch könnte einer solchen Funktion genügen. Aber warum nicht über Verstorbene um Objektivität und Fairness bemüht schreiben? Das wäre dann in Portrait-Form.

 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Schuld wiegt schwer, als Wort, wenn man es benutzt. Dennoch muß dies nicht zwangsläufig bedeuten, dass ein Mensch sich zum Richter aufschwingt. Z.B. wird ein Opfer in der Regel dem Täter die Schuld für Erlittenes geben. Ansonsten kann man sich durchaus bemühen, fair und obkjektiv über einen Verstorbenen zu schreiben oder/und zu reden. Doch die Sache mit der Objektivität stellt oft eine Schwierigkeit dar, da der Mensch oft von seinen Emotionen geleitet wird. Und wo fängt Objektivität an? Eher ist in meinen Augen eine Vermischung von objektiven mit subjektiven Elementen als Betrachtung eines Verstorbenen umzusetzen. Oder eine rein subjektiv behaftete. Dies ist jedoch nur meine Meinung, und nicht als allgemein aussagekräftig anzusehen.

LG
Jörg

 ViktorVanHynthersin (21.02.14)
Über die Taten und Untaten eines Toten zu reflektieren bedeutet nicht zwangsläufig, dass man schlecht über ihn spricht. Zudem sollte die Aufarbeitung der Geschehnisse nicht unbedingt am Grab vor der versammelten Gemeinde stattfinden.
Bei den Juden ist es übrigens Brauch, dass der Tote erst dann beerdigt werden darf, wenn jemand etwas gutes über den Verstorbenen sagt.
Herzliche Grüße
Viktor

 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Eine solche Auseinandersetzung, nach dem Tod eines Menschen, muß nicht zwangsläufig als "schlecht reden" bewertet werden. Es kann auch einen Abschluß bedeuten. Und eine Wahrheit, die nicht geschminkt wird. Ich teile Deine Meinung, dass dies nicht auf dem Friedhof stattfinden sollte. Aus Rücksichtnahme und Respekt gegenüber den Trauernden.

Diesen jüdischen Brauch kannte ich noch nicht.

Ich danke Dir.

LG
Jörg
lucien (26)
(21.02.14)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
JA!
lucien (26) meinte dazu am 21.02.14:
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Du solltest Dir nicht nur einen Satz aus dem Text herauspicken. Der Sinn ergibt sich aus dem gesamten Konstrukt. Vielleicht hast Du ihn auch nicht verstanden. Das wäre aber nicht weiter tragisch, denn nicht alles kann man verstehen.
lucien (26) meinte dazu am 21.02.14:
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Ich maße mir nicht an, eine Moral aufzulösen. Jeder kann den Text interpretieren, und drüber nachdenken oder auch nicht, so wie er es möchte. Nichts muß, aber kann oder auch nicht.
(Antwort korrigiert am 21.02.2014)
lucien (26) meinte dazu am 22.02.14:
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 23.02.14:
Muß ich dies als Autor, lucien? Betonung liegt auf "muß". Nein, ich bin da anderer Auffassung als Du, also bezüglich des Beherrschens des Lesers. Dem Leser sollte in meinen Augen ein Freiraum geboten und gewährt werden, der ihn nicht einengt, sondern gedanklich entfalten lässt.
lucien (26) meinte dazu am 23.02.14:
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Anne (56)
(21.02.14)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Liebe Anne, eine wahrlich schwierige Thematik. Insbesondere, wenn man mit diesem Satz aufwuchs oder diesen öfters wahrnahm, und ihn dann in Frage stellt. Ich denke, wie sich dann jeder verhält, dies kann Mensch dann nur für sich abwägen und entscheiden.

Ich danke Dir.

LG
Jörg
LancealostDream (49)
(21.02.14)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 21.02.14:
Nicht erschüttert sein. Das gibt sonst noch ein Beben, und die Buchstaben fallen aus diesem Text heraus.

Er war zu Lebzeiten umstritten, nicht wahr?

LG
Jörg
(Antwort korrigiert am 21.02.2014)
gaby.merci (61)
(21.02.14)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 23.02.14:
Ich denke, deine interessante und zum Nachdenken bewegende Frage kann nur jeder für sich beantworten.

Dieses "Schlecht über Tote reden" kann mitunter auch befreiend wirken, doch es sollte immer der Wahrheit entsprechen und nicht in eine Klatsch-und Tratsch-Ecke abdriften. Doch wie gesagt, jeder kann es nur für sich entscheiden, und das ist auch okidoki so. Schliesslich sind wir Individuen.

Ich danke Dir.

LG
Jörg
Gringo (60)
(22.02.14)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 23.02.14:
Gerade im persönlichen Bereich kann es nur individuell gehandhabt werden, da gibt es kein sog. Patentrezept.

Zu Deinen Fragen:

Ein Projekt? Dies klingt interessant, und ich könnte mir eine Zusammenarbeit da durchaus vorstellen. Schreib mir einfach welche Vorstellungen Du da hast.

Du darfst gerne "Verschwiegene Wahrheiten" für eine Kurzgeschichte über Deine Mutter verwenden. Damit hab ich weder ein Problem noch etwas dagegen einzuwenden.

LG
Jörg
Gringo (60) meinte dazu am 23.02.14:
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