Warum ich ein Buch abstoße? Teil I

Groteske zum Thema Ausbrechen

von  pentz

Dies ist ein Bericht über ein Buch, das ich verschenke. Eine offene Geschichte. Eine Geschichte über ein Buch. In einem strengen Sinne ist es keine offene Geschichte, denn diese geht nur so lange, bis keines der Bücher mehr in meinem Keller lagern. Es handelt sich um ein Buch, das seiner Zeit so voraus war, dass es nicht gelesen wurde und nunmehr das darin enthaltene Thema allüberall breitgetreten wird. Das bedeutet, ich brauche dieses Buch nicht mehr, nachdem einige wenige es gelesen haben und jetzt mit den Inhalt an die Öffentlichkeit treten. In der Form, in der ich dieses darin enthaltene Thema behandelt habe, hat es keinen Anklang im großen und breiten Publikum gefunden, so dass es unbrauchbar oder unnötig geworden ist, in dieser Form, ich muss es umschreiben und erweitern, damit es auf der Höhe der Zeit steht und, weil Form und Inhalt voneinander abzuhängen scheinen, auch den Zeitgeist trifft.
Natürlich gebietet mir die Vernunft, die Bücher abzustoßen. Keiner kauft, bestellt und liest sie also. Soll ich warten, bis sie Staub und Spinnweben angesetzt haben? Soll ich sie mit ins Grab nehmen? Nein, so, sie klammheimlich zwischen den anderen Büchern der Offenen Regale zu schieben, befriedigt mich zum einen und zum anderen eben habe ich diese Bücher los. Die Leere, die von dem Platz ausgeht, auf den sie standen, unten im Keller, ganz hinten rechts, in dunkelster Ecke, strömt jetzt eine Hoffnung aus, die mich beseelt und antreibt. Ich kann diese mit einem neuen Buch ausfüllen. Vielleicht einer erweiterten, verbesserten Ausgabe? Nicht notwendigerweise, vielleicht auch ein anderes. Man wird sehen!
Da mir mein Gewissen, oder was immer es sein mag, verbietet, die 200 gedruckten Exemplare in Buchform einfach in den Papiercontainer wegzuwerfen, versuche ich es unter die Leute zu bringen. Da es gegenwärtig sogenannte Offen Regale gibt - bring ein Buch hin,  nimm eins mit - habe ich dazu die Möglichkeit. Ich habe in etwa 5 Möglichkeiten in dem Umkreis, in der Metropole, in der ich lebe. Zum Beispiel bei meinem Lieblingskino.
Gehe ich Freitagabend ins Kino und sehe in dem Regal, dass mein Buch vergriffen ist, weiß ich, dass ich das nächste Mal wieder eines mitbringen kann, wenn ich nicht eines in meinem Handschuhfach im Auto bereit gestellt liegen habe. Das mache ich bei allen anderen vier Offenen Regalen gleichfalls.
Der Effekt ist, dass ich meine Bücher nun immer öfter im Internet als zu verkaufen, im Antiquariat, versteht sich, angeboten sehe. Ich verdiene zwar keinen Heller und Pfennig damit, aber endlich kommt es unter die Leute. Wer wird es mir heutzutage schon glauben, aber ich bin sehr befriedigt und zufrieden. Endlich wird mein Buch auch einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Was will ein Schriftsteller mehr? Sicherlich, weil ich gleichzeitig auch Verleger bin, ist die andere Seite meiner Person unzufrieden. Nehme es wie große Künstler die Kunst schon immer genommen haben, sage ich mir: es geht um die Idee und um die Form. Meine Idee setzt sich durch, das sehe ich an dem neuen Film des enfant terribles der Kinowelt, aber die Form halt nicht. Aber ich bin dabei, sie auf den neuesten Stand der Zeit zu bringen. Mit einer neuen Auflage meines „Der Nymphomanenmord“.
Fragt mich einer, ob ich mir den Film anschauen werde, muss ich abwinken und sagen, was ich aber nicht laut tue: bewahre, der ist mir zu platt.

Grund zu Selbstmitleid?
Grund zu Selbstmitleid?
Wahrhaft, wenn ich vor den Büchern stehe, die da für alle und jedermann zugänglich sind und meines in Händen halte, welches ich unter die anderen stellen und reichen muss, die verkauft worden sind, bevor sie den Weg und ihr Schicksal hierherfanden und ich mein Buch damit vergleiche, das keiner vorher gekauft hat, übermannt mich schon manchmal Selbstmitleid. Nein, es müsste heißen: übermannt dich dann nicht manchmal Selbstmitleid? Nicht war, es ist naheliegend. Aber tut es nicht. Wirklich! Warum? Ich kann es nicht beantworten, so dass ich mich nicht weiter damit aufhalten will. Immerhin und wichtiger ist, ich bin stolz, dass ich ein Buch, mein Buch neben die anderen vielen anderen Bücher stellen kann. Stolz erfüllt mich, denn ich habe zu einem Buch gebracht. Ich bin verlegt worden, meine Literatur ist erschienen, herausgekommen, wurde verlegt (wenn auch von mir selbst, aber was macht das für einen Unterschied)? Du Doofkopf, mögen viele denken. Jetzt verschenkst Du dein Buch. Das ist doch saudumm! Ich muss erwidern: soll es stattdessen in meinem Keller vermodern und verschimmeln? Natürlich nicht, aber… Nun, niemanden wird dagegen etwas einfallen und ins Feld führen können. Literatur, Bücher müssen unter die Leute, und wenn diese Leute es nicht kaufen wollen, dann wirft man sie ihnen am besten hinterher, was ich, wenn ich vor dem Offenen Regal stehe, gleich tun werde. Nein, ich bin nicht traurig, dass ich kein Geld mit meiner Literatur gemacht habe. Wichtig ist, dass sie nicht verstaubt und dass sie gelesen wird, so oder so!

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (22.02.14)
"ob ich mir den Film anschauen werde" : Hier ist nicht klar, welcher Film gemeint ist.

Ansonsten gerne gelesen, den letzten Teil nach der doppelten rhetorischen Frage würde ich allerdings komplett streichen (inklusive des Doppels) , der taugt nichts, um's mal offen und ehrlich zu sagen.
(Kommentar korrigiert am 22.02.2014)

 pentz meinte dazu am 22.02.14:
kannst du mir einen Hinweis geben, warum der nichts taugt?
danke
P.s.: noch besser, du bestellst das buch
(Antwort korrigiert am 23.02.2014)

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 24.02.14:
Die doppelte rh. Frage ist m.E. sehr Nabelschau-j'accuse; Nichts gegen etwas Redundanz, aber im letzten Absatz steht nichts Neues und es gibt keinen Bezug zum realen Leben mehr, der z.B. mit dem Offenen Regal bis dahin noch bestanden hatte und eigentlich den ganzen Text gerade so getragen hat...
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