Ich teile die Zeit Version 2

Alltagsgedicht zum Thema Lebensbetrachtung

von  franky

*

Ich teile die Zeit in Klingen und Stunden.

Ein Schnitt von jenem, ein Stück vom andern,
ruhelos beginnen Gedanken zu wandern.
Die Stunden sind zackig, sie peitschen mein Ohr,
ich stehe als Findling vorm eigenen Tor.

Vernehme den Huf aus verlorenen Zeiten,
dann die Musik auf vergessenen Seiten.
Bin schon bereit mit Pinsel und Messer.
Heute ist Montag, um keinen Tag besser.

Ich sitze und trinke aus klebrigem Krug,
das war doch gestern! Rasch einen Zug!
Die Asche zeigt grau wie ein Finger am Tisch,
ein Sauerstoff-Rauch- und Stickstoffgemisch.

Der Hahn kräht Stunden, drei oder vier,
das Kerzenwachs tropft auf Sekundenpapier.
Ich steh an der Leitung und kratze den Bart,
es ist Dienstag, auf seine Art.

Ich leb als Toter, lebendig ertragen,
ein Schornstein hat mich aus Liebe erschlagen.
Die Hände zu Unrecht die Sterne berührt,
das war verboten, zum Himmel verirrt!

Warum ist mein Koffer noch immer nicht leer?
Da sucht eine Möwe die Insel im Meer.
Es bleibt eine Handvoll Hoffnung im Sand.
Heute ist Mittwoch, sagt mein Verstand.

Ein Blatt zweigt zum Himmel, im Kronengeäst,
der Sommer hat tiefgrüne Worte gepresst.
Gedanken erscheinen im Purpurgewand,
sie lesen die Wahrheit aus Zeichen der Hand.

Ein Keil der Erlösung dringt in mein Herz.
Es blutet die Wunde, ein wohliger Schmerz.
Ich stehe und kratze den Bart vom Gesicht,
Donnerstag ist’s, mit Schatten und Licht.

Wie kann ich den Hunden die Zügel verkaufen?
Sie stürmen den Brunnen und werden ersaufen.
Erkenne die tiefe, verborgene Gruft!
Es fürchtet sich jeder, Engel und Schufft.

Teile das Brot mit Sorge und Neid,
hungrige Mäuler, die kommen von weit!
Wie alt ist die Klinge? Wenn ich das wüßte!
Der Freitag ist grün wie ein Baum in der Wüste.

Der Kreis ist geschlossen, ein Marmorgeflecht,
der Friede ist Lüge, die Steine sind echt.
Es sträubt sich das Kraut auf der uhrigen Zinne,
die Katze leckt knurrend die haarige Rinne.

Wer will seine Liebe als Geier ertränken?
Es hat viele Hände zum Weiterverschenken.
Ich löse die Finger von Pinsel und Messer.
Heute ist Samstag für Säufer und Esser!

Ein hellblauer Schleier hängt duftig im Raum,
gereifte Erkenntnis, mehr ist es kaum.
Meine Hände sind kalt wie erfrorenes Denken.
Die Stunden sind flüssig, schwierig zu lenken.

Die Erde beschützt dich in all deinen Tagen,
sie hat viele Stunden der Liebe geschlagen.
Wenn ich die letzte Klinge verschab,
dann ist es Sonntag, so still wie ein Grab.

*
© by F. J. Puschnik

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Kommentare zu diesem Text

ichbinelvis1951 (64)
(03.05.14)
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gaby.merci (61)
(03.05.14)
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 SapphoSonne (03.05.14)
Wunderbar geschrieben.
LG Sappho

 AZU20 (05.05.14)
Gefällt mir. LG
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