Aus dem Keller

Text

von  princess

Hol bitte
Kartoffeln aus dem Keller

sagte Mama als Zuhause
noch für immer war
ich noch Lakritzpfeifen rauchte
und Gummitwist hüpfte

als Papa noch lebte Papa
mein König in unserer Festung
auf den Sandsteinfelsen
hoch über dem Fluss.

Hol bitte
Kartoffeln aus dem Keller

und bereitwillig kletterte ich
die steile Treppe hinunter
Stufe für Stufe tiefer
in modrige Dunkelheit

da wimmerten Frauen in Ketten
stapelten Riesen mit zottigen Pranken
Skelette in Reih und Glied
tropfte Blut auf mein Gesicht.

Sie werden mich schnappen
oh nein dachte ich und jagte
die Treppe wieder hoch
Mama Mama in unserem Keller

sind Kartoffeln, Kind.
Hol einfach nur

Kartoffeln aus dem Keller.

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Kommentare zu diesem Text


 Songline (05.10.14)
Wenn die Fantasie durchgeht und zur Realität wird, nutzt ein "sind Kartoffeln, Kind" nicht mehr. In Erinnerung an meinen Keller habe ich mal Hexen aus dem Zimmer meiner Tochter gefegt, bis sie alle weg waren. Der imaginäre Besen kehrte gut.
Guter Text.
Liebe Grüße
Song

 princess meinte dazu am 05.10.14:
Genau, liebe Songline! Ich vermute, du hast eine Menge in der Kellerschule gelernt. Jedenfalls bist du eine tolle Hexenbändigerin geworden. Das gefällt mir.

Herzlichen Dank und liebe Grüße
Ira

 Regina (05.10.14)
Bevor ich mich, edle Schwester Prinzessin, einem solchen Text hilflos und angstvoll ausliefere, möchte ich dich fragen: "Hattest du Geschwister oder andere Gleichaltrige, die dasselbe sahen?" Und sahen sie sowas auch in ihren eigenen Kellern? Sehen überhaupt jemals zwei Kinder dasselbe?

 princess antwortete darauf am 05.10.14:
Edle Schwester, liebe Regina? Ein solcher Text? Dich hilflos ausliefern? Mhh.

Dankeschön und liebe Grüße
princess
Graeculus (69)
(05.10.14)
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 princess schrieb daraufhin am 05.10.14:
Ich freue mich über deine Beobachtung, lieber Graeculus. Denn auch das wollte ich sprachlich sichtbar machen: Zwei, die eng miteinander verwoben sind und doch (zumindest mitunter) in verschiedenen Wahrheiten leben.

Vielen Dank und liebe Grüße
Ira
TanteHedwig (53)
(05.10.14)
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 princess äußerte darauf am 05.10.14:
Oh, du kennst sie auch? Ja, sie verstecken sich allüberall und man weiß nie, wann sie wo lauern, diese unberechenbaren Monster. Manchmal machen sie mir heute noch Angst.

Vielen Dank, Herbert und liebe Grüße
Ira
fragilfluegelig (49)
(05.10.14)
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 princess ergänzte dazu am 05.10.14:
Weißt du, liebe Jule, ich höre so oft: Die Kindheit ist die unbeschwerteste Zeit im Leben. Dabei sind Kindheiten mitunter ganz schön anstrengend und man braucht eine Menge Leben, um sich daraus frei zu wachsen. Na ja, inzwischen kann ich prima Kartoffelsuppe kochen und auch das Kartoffelgratin flutscht mir locker von der Hand. Allerdings lagere ich meine Erdäpfel auch nicht im Keller. Wäre ja noch schöner!

Herzlichen Dank und liebe Grüße
Ira
(Antwort korrigiert am 05.10.2014)

 Kontrastspiegelung meinte dazu am 05.10.14:
Genau, ab der Stelle mit der Mutter wird es mir kalt. Die Art und Weise... da musste ich mir Frage nach dem Warum stellen. Unweigerlich kam mir auch die Antwort in den Sinn, dass der Vater der sogenannte Burgwächter nicht mehr da ist. Es Fehlt insofern eine starke Persönlichkeit. Dementsprechend die Stimmung des "Jetzt sind wir auf uns alleine gestellt" von der Mutter (für mein Empfinden) mit der Kälte, transportiert wird.
Wie oft verändern sich Menschen, wenn geliebte Menschen von einem gehen?

so, nun gibt´s kartoffelhungrige Grüße, Konti :D

 princess meinte dazu am 06.10.14:
Kartoffelhungrig, liebe Kathi? Was hast du denn Tolles aus der Knolle gezaubert?

Die Warum-Frage kann ich aus dem Text heraus nicht mal selbst beantworten. Aber ich freue mich sehr über deine Gedanken dazu. Hab herzlichen Dank!

Liebe Grüße
Ira
LancealostDream (49)
(05.10.14)
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 princess meinte dazu am 05.10.14:
Oh. Das verstehe ich. Dann kann ich dir mit einer Einladung ins [exturl=] Harzer Bergbaumuseum[/exturl] wohl keine große Freude machen? Zu schade!

Herzlichen Dank, Lance und liebe Grüße
Ira
wa Bash (47)
(05.10.14)
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 princess meinte dazu am 05.10.14:
Das freut mich sehr, lieber wa Bash.

Vielen Dank und liebe Grüße
Ira

 HerrSonnenschein (06.10.14)
Ein sehr schöner und berühender Text. Der auch mich in meine Kinderwelt entführt. Seltsam ist, das ich mit dem Keller eher Geborgenheit verbinde.Sicherheit.
Die Gespenster und Monster waren leider gerne hinter Vorhängen und Gardinen verdteckt, die sich blöderweise ja auch noch bewegten. Altbauwohnung 60 er Jahre. Durch die Fensterritzen kam ein Wind, der Kerzen ausblasen konnte.
Ja, der Text regt an. Und ist so geschrieben, das auch die eigenen Fantasien Raum finden. Ein echtes Kleinod, Prinzessin.

 princess meinte dazu am 07.10.14:
Vielen Dank für diesen schönen Kommentar, Jörg. Dass der Text dich berühren und gleichzeitig Raum für Reisen in deine eigene Kinderwelt lassen kann, das freut mich ganz besonders. Übrigens: Altbauwohnung 60er Jahre? Ich auch. Aber unsere Gardinen mochte ich.

Herzlichen Dank und liebe Grüße
Ira
ues (34)
(07.10.14)
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 princess meinte dazu am 07.10.14:
Also, ich dachte ja bis jetzt, dass ich über ein reichhaltiges Katastrophen-Imaginations-Potenzial verfüge, lieber ues. Aber: Monster, die entweder selbst Monster sind oder darüber hinaus (eins oder mehrere?) Monster in sich tragen - von deiner Ungeheuer-Erschaffungs-Kreativität kann ich ja echt noch was lernen! Kein Wunder, dass deinen Argusaugen auch die Gegenüberstellung von hoch und tief im Text nicht entgangen ist. Ich freue mich darüber.

Herzlichen Dank und liebe Grüße
Ira

 Martina (13.10.14)
Super Text....hat mich gleich an meine Kindheit erinnert. Hatten zwar da in dem Haus auf dem Lande keinen Keller, aber unter der Treppe war eine kleine Abstellkammer, da war es genauso =)

 princess meinte dazu am 13.10.14:
Es ist unglaublich, wie viele Geister hier plötzlich im Raum schweben. Ich glaube, gerade eben hat wieder einer aus der Abstellkammer gelugt. Vielen Dank, liebe Martina, und herzliche Grüße, Ira

 irakulani (16.10.14)
So genau hat noch niemand (m)eine Stimmung aus Kindertagen beschrieben. Die heimlichen Ängste, noch in Schranken gahlten von der Sicherheit der elterlichen Festung.

Es dauert noch ein bisschen, bis man aus diesem Stadium im aufgewühlte Meer der Pubertät unterzugehen droht - und mit ein wenig Glück dann doch auf einer Insel strandet oder von einer gnädigen Seele einen Rettungsring zugeworfen bekommt.

Vielen Dank, liebe princess, für diese wunderbare Beschreibung von etwas, für das mir die rechten Worte nicht einfallen wollen.

L.G.
Ira

 princess meinte dazu am 17.10.14:
Dann ist es ja fast so, als wäre der Text auch Sprachrohr deiner Kindheit, liebe Ira. Das geht mir nahe. Über die
gnädige Seele mit dem Rettungsring
musste ich übrigens schmunzeln. Retrospektiv, natürlich. Wie vertraut mir doch auch diese ist.

Herzlichen Dank und liebe Grüße
Ira
Gringo (60)
(20.10.14)
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 princess meinte dazu am 20.10.14:
In Erinnerung klappern meine Zähne gleich wieder mit deinen mit. Eigentlich hätten wir mal zählen sollen, wie viele dieser Keller-Reisen wir wider Erwarten überlebten. Aber echt!

Vielen Dank, Gringo, und liebe Grüße
Ira

 harzgebirgler (29.08.16)
viel keller sind bis heute grause stätten / mit weniger kartoffeln als mehr ketten. beste grüße henning

 princess meinte dazu am 30.08.16:
Der Keller ist ein heikler Ort / da renn icb lieber ganz schnell fort. Danke, Henning, und liebe Grüße, Ira
Teichhüpfer (56)
(22.01.18)
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Graeculus (69) meinte dazu am 22.01.18:
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Teichhüpfer (56) meinte dazu am 23.01.18:
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 princess meinte dazu am 23.01.18:
Danke Ihr beiden. Es gab diesen Keller meiner Kindheit tatsächlich. Und ich habe mich fürchterlich gefürchtet vor und in ihm. Sehr viel später habe ich herausgefunden, dass in diesem Anwesen in den Jahren 1944/45 das Standgericht einer deutschen Stadt untergebracht war. Umso gruseliger empfand ich meine Erinnerung.

Liebe Grüße
Ira
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