Kennst du das Land, wo der Salzstreuer neben dem Sashimi blüht? - Tumult um eine Alt-BRD-Lachnummer in einem 3-Sterne-Restaurant

Glosse zum Thema Literatur

von  toltec-head

Wie dem Feuilleton der Zeit vom letzten Donnerstag zu entnehmen, gehört Enzensberger zur Generation der sogenannten Vorstreuer. Mit Ijoma Mangold und Sashimi in einem 3-Stern-Restaurant, alle Weisheit unserer Väter in ein paar Wörtern zusammengefasst:
- Wo ist denn hier der Salzstreuer?
Alle Väter und alle Vätergenerationen sind schrecklich, aber diese war es doch in besonderem Maße. Was eigentlich soll man mit Männern anfangen, die nie als Soldat in einem Krieg gekämpft, die Promiskuität wie den Krieg nur vom hören sagen gekannt und ums Verrecken nicht einmal in ein Gefängnis wollten - dabei aber allesamt und jederzeit moralisch wie wirtschaftlich im Triumph über die eigenen Väter lebten? Wer der Hermann Löns seiner Generation ist, erkennt man immer erst 50 Jahre nach dem Tod. Früher wollte ich wie Blaise Cendrars oder Burroughs werden. Aber ich bin ein Kind der Alt-BRD. Die literarischen grandes cocottes der letzten fünfzig Jahre à la Enzensberger haben mich gelehrt, dass Schriftsteller zu sein eine lächerliche Angelegenheit ist. Ich laufe mich daher nur noch auf Internetliteraturforen kalt. Angeblich soll der Oden-als-Fahrplanleser (oder waren es Fahrpläne als Oden? - in der Alt-BRD war das ziemlich egal) sich in einem solchen ja auch mal getummelt haben. Lief sich aber nicht kalt, sondern stellte fest, dass dort nicht nur nichts geschrieben wird, was wie das eigene Geschriebene zum Leben und Sterben nicht ausreicht, sondern dieses, also das zum Leben und Sterben nicht ausreichende, auch noch sehr viel schlechter geschrieben wird, als er das kann - woraufhin er alsbald nicht mehr gesehen ward, sich wie die letzten 70 Jahre andernorts weiter warm laufend.
-Wo ist denn hier der Salzstreuer?
Dies hier ist Sashimi, mein Herr. Sie haben doch sicherlich schon von so etwas wie einem naked lunch gehört? Eine Alt-BRD-Lachnummer berichtet über seine "wilden" Sechzigerjahre, die Sphinx, wie sie ihn nannten, der deutschen Literatur gibt Einblicke in sein Privatleben. Immerhin hatte es in seiner Generation ja LSD gegeben. Aber die Leute die darüber berichten könnten, sind längst tot, so wie die hübscheren unter den talentierten Schwulen alle längst an AIDS starben. Weder in Büchern noch in Foren, sondern  melted into air, into thin air: lebenswertes Wissen, mit dem sich sterben ließe.


Anmerkung von toltec-head:

http://www.suhrkamp.de/buecher/tumult_42464.html

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Kommentare zu diesem Text

Patroklos (36)
(20.10.14)
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 toltec-head meinte dazu am 20.10.14:
Ist nicht Sloterdijk so etwas wie ein Gründungsvater der Neu-BRD und Merkels Hof-Taoist? Von wegen "Kritik der zynischen Vernunft" und so.
Patroklos (36) antwortete darauf am 20.10.14:
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parkfüralteprofs (57)
(20.10.14)
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 toltec-head schrieb daraufhin am 20.10.14:
Wie konntest du denn so schnell alle diese Informationen über E zusammentragen? Manche stehen nicht einmal bei Wikipedia. Gut, andere sind bloße Vermutungen von dir oder Wunschdenken, etwa das eines Zuhausegebliebenen von wegen was die Weitreisenden so tun. Es ist nun einmal so: theoretisch könntest du mein Vater sein. Irgendwie bist du schon auch inkriminierungswürdig. Zu Sloterdijk siehe oben.
(Antwort korrigiert am 20.10.2014)
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