Uranischer Eisstaub

Essay zum Thema Tod

von  Regina

Eine magnetische Kraft zog mich noch weiter hinaus in die Sonnenferne, so dass die hauchdünne  Schale, die von meinem Körper geblieben war, durch die unbeschreibliche Kälte dort draußen zu stahlhartem Eis gefror, um schließlich in Millionen Splitter zu bersten, die noch weiter zu Eisstaub zerfielen. Dies nun schien das endgültige Ende zu sein. Demzuvor aber spiegelten die Myriaden gefrorener Tröpfchen, jedes ein anderes Szenenbild endloser Menschenleben Situationen, als ob die Historie unzähliger Inkarnationen wie auf einem riesigen Hieronymus-Bosch-Wimmelbild als Panorama ein letztes Mal vor das innere Auge treten wollte, ähnlich einem endlos sich immer wieder neu abspulendem Film. Szenen von Geburten, Toden, Krankheit, viel bäuerliches Leben mit schwersten Mühen, Schwierigkeiten aller Art und vor allem Begegnungen waren in diesem vorletzten magnetischen Kreis aufgezeichnet. Ich blickte hinter den Schleier und sah, wie wir, auf das künftige Leben vorschauend durch einen dunklen Tunnel ins irdische Licht rutschen und am Ende zurückblickend den Körper wieder aufgeben. Was geboren wurde, stirbt, aber niemals unverbunden mit allem anderen Leben, das gewesen ist. Ja, da ist eine Bilderwelt jenseits des physischen Auges, die alles sehen kann, was jemals geschah, und wie sich die Weltseele abermals und abermals in immer wieder anderen Körpern offenbart. Das Wesen allerdings, das wir in diesem Leben „Ich“ nennen, diese Person mit Namen und Adresse, löst sich ganz sicherlich in seine Bestandteile auf, wird wieder zu interplanetarem Staub und versprüht sich ins All zu feinfeuchten Wasserteilchen. Aber das Wasser speichert die Bilder der Erinnerungen in der Sphäre des Uranus wie auf einem Film, der gesehen wird, nachdem das Wesen seine magnetischen Körper in den Sphären der anderen Planeten abgelegt hat. Hinter Uranus wartet dann noch der Pluto, wo es nichts mehr deutlich wahrzunehmen gibt. Der Pluto ganz weit draußen wird einer sein, der alles wieder umstülpt, so ahne ich es mehr als dass ich es weiß. Außen wird Innen und das Leben im Kugelgebäude dieser Sonne drängt die freiwerdende Energie irgendwann wieder zu einer neuen Geburt, die aus den Erfahrungen aller anderen Lebewesen schöpft. Der Körper ist es, der das Bewusstsein herabdämpft und im Erdenleben die Belange der Persönlichkeit in den Mittelpunkt stellt, als sei diese flüchtige Offenbarung das Zentrum des Universums. Wissende  Geister führten mich wieder in ihn zurück, dessen Zeit noch nicht abgelaufen war. Ich habe mir keinen blinden Glauben angelesen und keine Religion ersonnen oder nachgebetet. Trotzdem bin ich überzeugt, dass durch und hinter der Welt eine höhere Intelligenz waltet, die mit den unablässig transmutierenden Energien ein Ziel verfolgt. An den Geist dieser Gottheit reicht jedoch der Verstand und das Fühlen des Menschen nicht in der geringsten Weise heran. Diejenigen Weltanschauungen, welche vom Kreislauf der Wiedergeburten sprechen, decken sich am ehesten mit meiner Nahtoderfahrung. Eine hundertprozentige Gewissheit kann auch ich nicht vertreten und ich kann damit leben, dass andere die Welt völlig anders sehen.

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(22.01.15)
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 Regina meinte dazu am 22.01.15:
Nein.
Graeculus (69) antwortete darauf am 22.01.15:
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 Regina schrieb daraufhin am 22.01.15:
Mit dem inneren Auge gesehen. In meinem 30. Lebensjahr wäre ich durch eine Kopfverletzung beinahe gestorben. Weitere Nahtodberichte gibt es bei den Autoren Bernard Jakoby und Elisabeth Kübler-Ross. Todespillenkandidaten empfehle ich auch, Tolstois Anna Karenina zu lesen.
(Antwort korrigiert am 22.01.2015)
swetlana (51) äußerte darauf am 23.01.15:
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 Reliwette (15.08.18)
Ganz tolle Erkenntnis! Ich habe 1969 ein Jahr lang an einem Bild gearbeitet, das an und für sich unscheinbar ist: es zeigt einen Menschen als Gestalt und einen Teil davon als Geistwesen, ihn umgeben die nächst höheren Größenordnungen, das sind genau genommen Paralleluniversen, von denen ich glaube, dass es mehrere gibt. Ich habe 5 dargestellt.
Lieber Gruß!
H.T.R.
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