Im anderen Zustand, mittendrin und manchmal daneben

Bild zum Thema Menschen

von  Fuchsiberlin

Auf der Psychiatrie sieht er an den Wänden die Feindbilder hängen. Z. B. ein Foto von einem Althuhn. Mit einer Zwei-Worte-Sprechblase: „Verrückte Penner“. Was für eine Kombination.
Die Gedanken des Althuhns zielen in eine Richtung:
Den Kopf des anderen mit Worten aus Stacheldraht zu verletzen.

Kiiiikeriiiikiiii, es gibt auf der Station ein halbes Hähnchen mit Nutella-Sahne.
Nur wer neue Wege beschreitet, kann neue Erfahrungen machen.

Wem kannst du noch vertrauen?
Demjenigen, der dir kuschel-gewärmte schöne Worte aus der Mikrowelle ins Ohr haucht?
Obwohl du ihn irgendwann durchschaust.

"Sie" schönt die Worte nur um ihres eigenen Egos willen. Worte ohne Inhalt.
Denn eigentlich liebt "Sie" sich am meisten, und vor allen Dingen: Das Böse in ihr.

Ihre breitschultrigen Worte fallen auf ihre verschränkten Arme.
"Sie" erfreut sich an dieser neuen Ich-Sportart. "Sie" gibt sich die schönsten Namen.
Während "Sie" ihm ein „Arschloch-Desaster“-Namen verpasst, ohne ihn überhaupt zu kennen.

"Sie" kann ihn nicht leiden. Warum auch immer. Sagt es ihm aber nicht.
"Sie" gibt es ihm um 100 Ecken der Kommunikation zu verstehen.
Manchmal schweigt "Sie" ihn an, und versucht andere zu beeinflussen:
Im Zerstören seines Wesens.
Im Hinterhalt lässt es sich so gut leben. Für "Sie".

Die Stunde für den Selbstmitleidkurs ist gerade vorbei.
Nun startet die Übung: Anderen und sich selbst zu verzeihen.
„Hey, du Seelen-Profischaufelrad, ich werde nie allen (alles)verzeihen.“ denkt er.
Der Beichtstuhl weit abseits der Psychiatrie wird eh viel zu wenig genutzt.

Ach, und „Sie“ kennt auch mehr oder minder nicht die Geste der Entschuldigung, wenn sie anderen gegenüber die Grenzen der Gürtellinie überschreitet.
Gürtel und Linien existieren für sie in ihrem Selbstverständnis nicht.
Wenn, dann muss man sich bei Madame von Großnarzissburg entschuldigen.

„Warum bin nur ich auf der Psychiatrie, und sie nicht?“, denkt er.
„Sie ist so verdammt gut im Auftreten“, antwortet ihm der Neuzugang Erich, aber ohne Honecker.
Nun gut, in Erich schlummern noch 1,6 Promille. Pro Stunde werden schließlich nur 0,1 Promille abgebaut.

„Sie wird dir eh nicht die Hand geben“, meint er.
„Warum?“, fragt Erich.
"Weil du unter ihrem Niveau bist.
Dein IQ liegt für sie im Müllgrad, und sie fürchtet Schmutz." antwortet er.
„Ich war zwar obdachlos und stürzte fürchterlich ab, aber bin Akademiker und alkoholkrank“.
„Für sie bist du ein Penner“, entgegnet er.
„Egal, soll sie denken, was sie will, irgendwann muss auch sie pennen, und vielleicht länger als ihr lieb ist.“, wirft Erich ein. Er nickt zustimmend.

Wer mit Gedanken aus dem Kühlschrank anderen begegnet, ohne zu schauen, was sich im, vor, neben und auf diesem befindet, lebt manchmal auch mit einem Lächeln ohne Gefühl.

Er legt sich hin. Bald gibt es Abendbrot.
Und er fühlt sich richtig, so wie er ist, auch wenn andere ihn für „verrückt“ halten.

Er liebt sie, aber nicht die erwähnte „Sie“, und ihn. Oder sollte es eher „Oder ihn“ heißen? Egal.
Liebe ist vielschichtig.
„Es kommt nicht drauf an, wen ich liebe, ob Mann oder/und Frau, sondern dass ich liebe“, denkt er.

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Kommentare zu diesem Text

Nimbus (41)
(02.02.15)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 02.02.15:
Ich danke Dir, und es freut mich, dass der Text Dich zum Nachdenken anregt.

Geliebt werden kann vieles. Doch in meinen Augen ist die Liebe von Mensch zu Mensch die schönste Form der Liebe.

Liebe Grüße
Jörg

 AZU20 (02.02.15)
Gern gelesen. LG

 Fuchsiberlin antwortete darauf am 02.02.15:
Das freut mich AZU20:) Ich danke Dir.

Liebe Grüße
Jörg
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