Funkstille

Sonett zum Thema Verlorenheit

von  Irma

Die Liebe war jung und wir lenzten
auf schwingenden Ästen und aasten
mit frischgrünen Tagen und kränzten
uns Blüten ins Jahr. Wir vergaßen

das Puzzeln, denn scheinbar ergänzten
wir uns viel zu gut. Also passten
wir nicht auf uns auf, sondern schwänzten
die Zweisamkeitsstunden. Jetzt hasten

wir einsam durchs Spiel und verletzen
uns, statt uns zusammenzusetzen:
Uns fehlt etwas! Von der immensen

Zahl Teilchen sind viele geklaut. -
Wir funken auf andren Frequenzen
ein SOS. - Over and out.

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Kommentare zu diesem Text


 monalisa (14.05.15)
Liebe Irma, ein Sonett, das die langsame Verarmung einer Beziehung abbildet, bis zuletzt Funkstille herrscht, gar keine Signale oder auf der falschen Frequenz gesendet werden. Was so hoffnungsfroh und überschwänglich beginnt (ausgedrückt gleich am Beginn durch die extravaganten Verben 'lenzen' und 'aasen') geht allmählich in die Phase der Routine über, Nachlässigkeit macht sich breit, kündigt sich schon am Ende von S1 mit dem unreinen Reim bei 'vergaßen' an. Man scheint sich des anderen zu sicher und 'passt nicht auf', vergisst vor lauter Herumhasterei, sich um einander zu bemühen. Sehr schön auch an der Verkürzung des Vokals in der Reimendung zu sehen: aus 'aasten' und 'vergaßen' wird ein 'passten' und 'hasten' - und wir sind in der 'einsamen Gegenwart' angelangt, einem aktuellen Verletzen statt sich zusammenzusetzen, um zu retten, was noch zu retten wäre. Auch im ersten Terzett setzen sich die Reime in leichter Variation fort (lenzten, kränzten, ergänzten, schwänzten wird zu verletzen und zusammensetzen). Der Zusammenhalt franst noch mehr aus in den Reimendungen von 'immensen' und 'Frequenzen'; 'geklaut' und 'out' bringen mit dem Auslauten auf 'au' eine ganz neue 'endgültige/abschließende' Klangfarbe ins Spiel, sind im Schriftbild auch gar nicht gleich als Reime zu erkennen.
Was ich nicht ganz verstehe ist, was du mit
... Von der immensen

Zahl Teilchen ...
ausdrücken möchtest, da steh ich wohl auf der Leitung oder - besser - hab die Funkfrequenz nicht richtig eingestellt?

Ein ausgeklügeltes Sonett, liebe Irma, das mich vor allem in der formalen Umsetzung gereizt hat.

Liebe Grüße
mona

 Irma meinte dazu am 14.05.15:
Liebe Mona, ich freue mich sehr, wie du die Reimendungspass(un)genauigkeiten auseinandergepuzzelt hast!

Die "immense Zahl Teilchen" bezog sich auf das Bild des Puzzle-Spiels. Ich dachte an so ein großes 10.000-Teile-Puzzle. Man weiß, wenn es neu ist, dass es ein vollständiges Ganzes ergeben wird. Die beiden Partner schütten ihre Teile auf einen Haufen, sie ergänzen sich. Aber was nutzt es, wenn man zwar zusammen passt, aber nicht aufpasst. Wenn man nachlässig wird und die Zeit versäumt, sich "zusammenzusetzen", dann werden mit der Zeit Teile verloren gehen. Manches fällt einfach unter den Tisch und man merkt zu spät, dass inzwischen etwas fehlt.

Anscheinend hätte ich dieses Bild besser ausbauen müssen, damit es verständlich wird. Lieben Dank jedenfalls auch für den Hinweis darauf, wenn etwas nicht klar rüber kommt bzw. sich ein Bild nicht richtig zusammensetzen lässt. Lieben Dank und Gruß, Irma
Agneta (62)
(08.06.17)
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 Irma antwortete darauf am 09.06.17:
Wenn alles so wirkt, wie du es beschreibst, dann funktioniert alles so, wie von mir beabsichtigt. Liebe Grüße und ganz herzlichen Dank für die Empfehlung, liebe Agneta! Irma
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