Ich würd' so gerne wieder schreiben.

Innerer Monolog zum Thema Schreiben

von  SunnySchwanbeck

Ich würd' so gerne wieder schreiben.

Vielleicht über die Liebe, ja. Die Liebe. Ich würde ganz viele schöne Adjektive benutzen um den Mann zu beschreiben, denn es wäre ein schöner Mann und er würde nur schöne Dinge sagen und nur die schönsten Dinge tun. Es wäre eine einmalige Liebesgeschichte, so dass man am Ende des Textes selbst schon kleine Flügelschläge aus seiner Bauchregion wahrnehmen könnte, so als wäre man selbst in diesen schönen Mann verliebt und es würden ihn freuen, dass ich über ihn schreibe, Denn er hat es so verdient und all jene die dies nicht haben, sind dennoch Tintenflecke in alten Tagebüchern.

Ich könnte über meine Stadt schreiben, mit ihren Sehenswürdigkeiten, die nur bei ersten Dates und Auslandsbesuchen interessant sind. Also würde ich eher über die schmalen Gassen und das Kopfsteinpflaster schreiben, über die schlechten Graffitis die ich so gerne mag, weil sie irgendwie so wütend sind und dabei doch fast niedlich. Ich würde die Farbe des Rheins beschreiben, sowohl bei Tag als auch bei Nacht, vielleicht auch betrunken. Über Bier, über unser Bier, würde ich sowieso schreiben und viele würden es doch nicht verstehen. Aber Ralf würde ich erwähnen, den Punk mit dem grauen Iro und der schiefen Nase, der immer nach Tabak, nassem Leder und verbrauchter Luft riecht, wenn ich ihn umarme.

Wahrscheinlich sollte ich über unsere Gesellschaft schreiben, über Kinder mit dunkler Haut und Fliegen die in ihren Gesichtern sitzen, obwohl schiefe Zähnchen ein Lächeln versuchen. Vielleicht sollte ich aber eher über unsere Kinder schreiben, über die Namen der Großeltern die nun stolz weiter getragen werden, wie eine alte Hose der großen Schwester, die irgendwie noch nicht so richtig sitzt und in manchen Situationen zu erwachsen an einem aussieht. Man könnte auch wieder über Flucht reden, über die momentane, über die vergangene, über meine Großeltern, über Recht und Unrecht und über Geldbeträge die wir immer zu hoch finden werden, weil wir überhaupt nicht wissen, wie fliegende Bomben klingen.

Ich weiß nicht, vielleicht wären meine Träume auch beschreibenswert. Diese aus den letzten Nächten, im Stillen, solche nach denen dein Rücken nass und klamm und kalt ist. Du ein bisschen zu schnell atmest und dir die Strähnen von der Stirn wischt. Oder solche Träume, die in mühevoller Kleinstarbeit in mein Hirn gemeißelt wurden, von Papieren die mir ausgehändigt werden um zu beschreiben, worin ich nun letzten Endes gut bin, oder befriedigend oder ob und wofür ich ausreiche. Die Titel die ich mir vor und hinter meinen Namen quetschen kann, vielleicht werde ich ja Doktor oder Professor oder wenigstens ein guter Mensch.

Ich würd' so gerne wieder schreiben, mich selbst Autorin nennen und stolz auf meine Metaphern und Gleichnisse sein. Darin verschwindend kleine Fragmente meines Herzens lagern, für schlechte Zeiten, in denen mir die Worte fehlen, aber ich habe genügend davon, mehr als genug sogar. Ich hab sie überall aufgesammelt, von stammelnden Lippen und auf dem Badezimmerboden neben dem Wäschekorb, in Kirchen auf den glatten Holzbänken lagen viele ganz kleine und manche griff ich in der Ubahn auf.
Ich würd' so gerne wieder schreiben, denn früher wäre ich gestorben hätte ich nicht geschrieben, ich wäre erstickt daran, hätte keine Luft mehr bekommen, weil dieses ganze unausgesprochene mir im Halse stecken geblieben wäre.

Ich wäre erstickt.





Doch Heute raubt mir niemand mehr den Atem.

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Kommentare zu diesem Text

kyl (57)
(15.02.16)
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Dr.Frosch (63)
(15.02.16)
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 Dieter_Rotmund meinte dazu am 25.02.19:
Ja, ich erkenne auch einen Spirit und hätte den Text fast empfohlen, aber dafür ist er einfach zu schlampig gemacht ("Graffitis").
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