Barrierefrei

Text zum Thema Begegnung

von  larala

Seit ich im Winter das Schweigen zähmte
ist es ganz leicht.
Hin und wieder neben deinem Briefkasten
ein weißes Blatt Papier.

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Kommentare zu diesem Text


 monalisa (08.10.16)
Ich empfehle eigentlich nie einen Text ohne den Versuch einer Erklärung drunter zu schreiben. Hier fällt mir das sehr schwer, denn ich will deine Worte nicht zerpflücken, ihnen nichts von der Leichtigkeit und Zartheit nehmen. Ich wünschte, ich könnte das Schweigen ebenfalls zähmen und etwas von der verheißenen, nachfolgenden Leichtigkeit mit in den Winter nehmen, mich getröstet wissen bei dem Gedanken an weiße Blätter neben dem Briefkasten des Adressaten.
Andererseits habe gerade dieses Blatt neben meinem Briefkasten gefunden, es ist nicht ganz weiß - gibt aber einer unausgeschriebenen Hoffnung in mir Raum.

Liebe Grüße
mona

 Irma (14.10.16)
Oft fällt es uns schwer, die richtigen Worte für etwas zu finden. Noch viel schwerer fällt es aber zu schweigen. (Das Schweigegelübte der Mönche ist eine echte Herausforderung. Aber es führt zu innerem Frieden, es macht „ganz leicht“.) Am allerschwersten ist es aber wohl, in Zeiten der Kälte zwischen zwei Menschen das eisige Schweigen zu ertragen.

Dem Ich scheint dies jedoch gelungen zu sein. Es wurde zum Dompteur, hat gelernt, das Schweigen zu beherrschen (wie ein wildes Tier). Dennoch hat das Ich nicht aufgegeben zu kommunizieren, denn auch „hin und wieder“ ein leeres Blatt Papier beim Adressaten ist eine Botschaft: Da denkt jemand an dich!

Hier gefällt mir besonders das „neben deinem Briefkasten“. Wir fügen unsere Gedanken in Worte, in Sätze. Pressen sie vielleicht sogar in ein Gedicht. Dann packen wir sie in einen Briefumschlag und stecken sie in einen Briefkasten. Das Ich hat sich von diesen Zwängen befreit. Es hat Tabula rasa gemacht, hat alles Vergangene weggewischt und versucht einen Neuanfang. Sprache behindert. Der vollkommene Verzicht auf Sprache kann Sprachbarrieren aufbrechen.

Den Begriff der ‚Barrierefreiheit‘ kennt man von den Überlegungen zur Lebensgestaltung für behinderte bzw. benachteiligte Menschen. Es soll eine leichtere, einfachere Zugänglichkeit ermöglicht werden. Hier ist es am Ende das ungeschriebene Wort, das völlig frei f(liegende) Blatt schneeweißen Papiers, das vielleicht das kalte Winterweiß zum Schmelzen bringen kann. Es gibt kein ‚falsches Wort‘ mehr, denn die Interpretation liegt ganz beim Empfänger. Nichts wird gesagt, und doch ist damit eigentlich alles gesagt. Kann es schönere Liebesbriefe geben?

Ein kurzer Text. Nur zwei Sätze - scheinbar leicht wie Schneeflocken, aber einschlagend wie dicke Hagelkörner. Dazu ein Titel, der dem Ganzen den nötigen Feinschliff gibt. Top! Für mich einer der besten Kurztexte, die ich je hier auf KV gelesen habe! LG Irma

P. S. Und ich musste meine Gedanken hierzu doch in Worten fangen …
(Kommentar korrigiert am 14.10.2016)
Janna (66) meinte dazu am 14.10.16:
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 Irma antwortete darauf am 14.10.16:
Das freut mich! Dankeschön, Janna!
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