Refugium

Text zum Thema Abschied

von  Erdbeerkeks

Deine Hand in meiner, in der Ferne ein Elefant, der seinen Rüssel in den Himmel reckt.
Blätterrascheln, eine Wiese. Eine Autobahn in einigen Metern Distanz und ein leises Rauschen, das die Idylle kleiner Ameisenstraßen auf dem Boden in keiner Weise stört.
Wir beide in lachhaften weiß-transparenten Schutzanzügen, ein lila Farbfleck auf deiner Wange und gelbes Kreppband, das hartnäckig an meinem Finger klebt.
Tokyo bei Nacht, eine kleine Sushibar in der uns ein gutmütiger alter Japaner Nigiris auf einer Bambusplatte serviert.
Ein verschwommenes Foto, ein bisschen zu dunkel. Meine Katze, wie sie auf deiner Brust liegt und schnurrt.
Gänsehaut auf meinem Arm, kalte Herbstluft und Stadtlichter aus 30m Höhe, ein Balkon und ein gekipptes Fenster, aus dem voller Inbrunst gesungen "Man’s Road" tönt. Ein lächelndes Kopfschütteln.
"Ich kann nicht mehr." Ich stecke dir drei Löffel Mangoeis nacheinander in den Mund. "Ich sag ja, das ist das beste Eis, das ich je gegessen habe."
Eine zahme Ente, die dir Brotkrümel aus der Hand frisst und ein Spaziergang im Park. "Wir nehmen die einfach mit.", sage ich. "Vielleicht reicht ihr das ja, wenn sie ab und zu in Schillers Aquarium schwimmen kann."
Mein Vater steht neben dir, klopft dir auf die Schulter.
Meine Mutter lächelt uns ein bisschen gerührt an, als ich beim Ostereierfärben auf deinem Schoß sitze und gerade ein türkises Ei mit kitschigen Herzaufklebern verziere.
Zwei angelaufene Ringe, die in der Schublade meines Nachttisches liegen, unter einer Ausgabe von Tyler Knott Gregsons "All the words are yours".
Eine Wohnung voller Bambussträucher und Grünlilien in braunen Töpfen.
Drei Teller Spaghetti mit rotem Pesto.
Eine Puppe mit geflochtenen Zöpfen.

Du - ich,
ein Pferd und Zuckerwatte.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter Wal (24.08.16)
"Zwei angelaufene Ringe, die in der Schublade meines Nachttisches liegen, unter einer Ausgabe von Tyler Knott Gregsons "All the words are yours"."

Sehr schönes Prosagedicht! Besonders mag ich die surrealistischen möglicherweise der Zirkuswelt entnommenen Metaphern.

Wie elegant ein offensichtlich definitiv empfehlenswerter Buchtipp in eine eindrucksvolle Metapher mit Symbolbild verwandelt wurde.
(Kommentar korrigiert am 24.08.2016)

 Lluviagata (24.08.16)
Das ist so herzanrührend, ich könnte heulen. Wunderwunderschön! Erinnerungen. Danke dafür!

Liebe Grüße
Llu ♥

 princess (24.08.16)
Liebe Frau Erdbeerkeks,

ach. Ich kann einfach keinen Kommentar hier lassen. Nur einen Seufzer. Ach. Oder zwei. Ach, ach.

Der Text? Zum Seufzen schön. Ich glaube, das sagte ich irgendwie schon.

Liebe Grüße
Ira
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