Leben, dieses seltsame Ding

Kurzprosa zum Thema Alles und Nichts...

von  unangepasste

I

Was ist das schon, das richtige Leben, der richtige Beruf; und dennoch wollte ich in meiner Jugend nichts mehr, als diesen mir so fern erscheinenden, einzigen auf mich zugeschnittenen Fleck ausfindig machen, um darauf meine Zukunft zu errichten. Bis heute habe ich ihn nicht gefunden. Was sich in den Jahren entwickelte, war eine Aneinanderreihung von Zufällen, die ich bereit war zuzulassen.
Früher sagte meine Großmutter: „Es spielt keine Rolle, was du für eine Arbeit machst“ und: „Arbeit muss keinen Spaß machen“. Ich schüttelte damals den Kopf, denn genau darauf schien es mir anzukommen: eine für mich erfüllende, zu mir passende Tätigkeit zu finden. Doch damit blockierte ich jegliche Entwicklung. Indem ich alles abwehrte, was mir nicht richtig erschien, gelangte ich nicht näher an mein Ziel heran, sondern stand auf der Stelle.

II

Bevor ich mich fand, war ich glücklicher. Vielleicht fand ich mich auch gar nicht, sondern glaubte es nur, mich in meinem Innern zu spüren, nannte lediglich die Summe meiner Vorlieben und Abneigungen mich selbst. Ich konnte mich nicht in die Welt einbringen, hatte nur plötzlich ein Gefühl, nicht dazuzugehören.

III

Wahrscheinlich bin ich nur ein flüchtiger Moment, eine Annäherung an etwas, das mir noch fremd ist. Vielleicht breche ich immer mehr hervor, während ich scheinbar belanglose Dinge verrichte: arbeiten, um leben zu können, schlafen, duschen, den Staub vom Bücherregal wischen. Wie wenig bleibt dazwischen, was nicht flüchtig, ohne Bedeutung ist? Und doch müssen wir uns immer weiter durch den Kreislauf drehen. Ob er uns herausschleift, am Ende – wir wissen es nicht.

IV

Mag sein, dass jede Tätigkeit ein Schleifstein ist, mal besser, mal schlechter. Vielleicht setzen sie an unterschiedlichen Stellen an. Was ist das schon, „richtig“ oder „falsch“. Ich glaube, es kommt auf die Bewegung an, denn nur dadurch entsteht eine Reibung. Aber „richtiges Leben“? Versuchen, taumeln, aufstehen – sich durchschlängeln, vielleicht ist es das, was zählt.

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Kommentare zu diesem Text

Bette (70)
(16.10.16)
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 unangepasste meinte dazu am 16.10.16:
Ja, bevor man nicht den Mut findet, einfach zu gehen, auch wenn man den Weg am Anfang noch nicht sieht ...

 Dieter Wal (16.10.16)
"Vielleicht breche ich immer mehr hervor, während ich scheinbar belanglose Dinge verrichte: arbeiten, um leben zu können, schlafen, duschen, den Staub vom Bücherregal wischen."

Das mag ich auch an Taoismus, Buddhismus, Chassidismus und anderen (religiösen) Lebenskonzepten: Pragmatismus und Alltagstauglichkeit.

 unangepasste antwortete darauf am 16.10.16:
Ich kann mich selbst nicht mit einer bestimmten Religionsströmung identifizieren, aber Alltagstauglichkeit erscheint auch mir ein vernünftiges Kriterium zu sein.

 Dieter Wal schrieb daraufhin am 07.10.18:
Du schreibst so wundervoll!

 EkkehartMittelberg (16.10.16)
Ich denke, dass es ein richtiges Leben gibt, für jeden etwas anders. Ob man es erreicht hat, weiß man erst dann, wenn man es gefunden hat.

 unangepasste äußerte darauf am 16.10.16:
Vielleicht gibt es das und ich habe es nur noch nicht gefunden. Bisher erschien es mir in der Regel so, dass es mehrere Leben gibt, die auf ähnliche Weise passen und auch nicht passen, und in welches davon man rutscht, wie die Zufälle am Ende zusammenspielen, war zweitrangig. Ich denke, ein zweiter Schritt (in etwas Besseres) ergibt sich nach dem ersten - wohin aber der erste führt, sieht man am Anfang oft noch nicht in vollem Umfang. Dennoch muss man ihn gehen, um irgendwann den zweiten zu erreichen.
RedBalloon (58) ergänzte dazu am 16.10.16:
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 unangepasste meinte dazu am 23.10.16:
Ja, manche nennen es dann so, manche bleiben bei dem rationaleren Begriff "Zufall". Was es wirklich ist - wer weiß das schon.
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