Spannung

Skizze zum Thema Biographisches/ Personen

von  blauefrau

Zwei Bögen aus Zement, die gegeneinander gesetzt werden, zwei immergrüne akkurat beschnittene Eibenquader, die sich gegenüberstehen, zwei Lautsprecher, die auf zwei gegenüberliegenden Seiten des Aasees angebracht sind und  aus denen die Baccarole dröhnt. Sie ergänzen sich, sie stehen in einer Spannung zueinander, sie wurden und werden zusammen gedacht. Überall Spannung!

Ich stehe in einem Spannungsverhältnis zu Münster.

Nach meiner Schulzeit Mitte der 70er Jahre hätte ich mir gewünscht, diese saubere, akkurate, geordnete Stadt für immer zu verlassen und damit auch die aus jeder Pore strömende Bürgerlichkeit, die Vetternwirtschaft, die Borniertheit. Wo waren die Asymmetrie, das Unfertige, das Chaos?
Ich konnte es in den 70er und 80er Jahren in Berlin finden, in den besetzten Häusern, vielen Kleinkunstveranstaltungen, den neuen Bewegungen und dem freien Denken.
Nach meinen Trips nach Münster zurückzukommen war für mich wie ein erneuter Besuch in Amish – Land: Zugeknöpfte Menschen, rückständige Meinungen, präsentierte Sicherheit. Doch wo war das Leben?
Das war Münster für mich, aber auch: meine Vergangenheit, meine Familie, meine Mitstudierenden, meine Freunde. Ich zog lange Jahre von Münster weg und begegnete Münster als Shopping-Mall oder Dekoration für Spaziergänge, wenn, ja wenn ich mal da war.
Du kannst aus der Stadt ausziehen, doch die Stadt zieht nicht aus dir aus, denke ich heute.
Wie stark bin ich Münster? Meine Spaziergänge am Aasee sind mir eine Gewohnheit, der See ist mir eine zweite Heimat geworden. Ich bin der Aasee und die Schwäne, der Kunstschwan, die Enten, die Boote, das Schilf, die Trauerweiden, die Wege und die Fahrräder finden auch immer in den Tiefen meiner Seele statt, und heute gebe ich zu: Ein Teil von mir lebt auch in Münster.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (05.05.17)
Ich muss Dir was gestehen: Jedesmal wenn ich meine Freundinnen in Billerbeck besuche, fahre ich einen Tag nach Münster und fühle mich wohl. LG

 BeBa (05.05.17)
Was soll ich, der in Marl aufgewachsen ist, denn dann sagen? Münster war für uns doch schon Großstadt ...

Aber im Ernst:
Ein gut geschriebener Text, auch in seinem Aufbau, und deine gemischten Gefühle sind gut nachvollziehbar. Lange haderst du, aber mit dem letzten Absatz findest du zu dem, was Münster auch ausmacht: seine schönen Seiten. Das ist das Münster, das man lieben kann...

Sehr gern gelesen.
ues (34) meinte dazu am 05.05.17:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 BeBa antwortete darauf am 05.05.17:
Na, jetzt aber: woher bist du denn? Gelsenkirchen-Buer? Macht doch nix, obwohl, na ja ...

 blauefrau schrieb daraufhin am 06.05.17:
Danke für euer Interesse. Ich bin mit Münster noch nicht fertig, wie Ihr seht.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram