Stausee zu Losheim

Text

von  Oskar

Mit einem Kind unterwegs zu sein, unterscheidet sich gänzlich davon, dasselbe mit einer Frau zu tun. Man kann ohne seltsame Blicke Bikinis gucken und wird anders angeschaut, angelächelt, hat man einen Wanst an der Hand.

Beim Betreten des Areals, Bäume wie Palmen, haften die Blicke meiner jungen Begleitung erstmal an den Tretbooten und ich denke mir, oh Gott, keinen Bock. Bin ja nicht nur hier, um unseren Bezugserziehertag zu begehen, nein, ich will einfach in Ruhe an einem See sitzen und dafür Geld bekommen. Lass uns erstmal in den See steigen und schauen, ob wir später noch Zeit haben. Ganz zufrieden stellt sie diese Antwort nicht. Ständig dreht sie sich zu den Booten um, stellt sich wahrscheinlich vor, wie sie neben mir sitzt, Füße hoch, während ich trete.

Die Sonnenbrille, die wir kurz zuvor kauften, traut sie sich vor fremden Menschen nicht anzuziehen, genauso wenig, wie direkt ins Wasser zu gehen. Nachdem ich ihr vormache, dass das Wasser nicht beißt und die Fische nur vor sich hinfischen, kann ich sie kaum bändigen und wir ärgern uns, keine Schwimmsachen dabei zu haben. Ganz nackt will sie nicht in den See. Immerhin kann ich sie davon überzeugen, dass es den anderen Erwachsenen hier auch vollkommen egal ist, dass sie nur eine Unterhose trägt.

Da wir eine gute Einstiegsstelle wählten, war diese gut frequentiert. Zu großen Teilen von Leuten, die grade das Etappenziel Volljährigkeit überschritten hatten. Die weiblichen reagieren angenehm auf mich und Kind. Für einen kurzen Moment bedaure ich, Monogamie als die unstressigere Möglichkeit der Verpuppung gewählt zu haben, bin dann aber gleich wieder bei meiner Begleitung. Fröhlich und ausgelassen. Selten erlebe ich sie so. Nach dem erhabenen Gefühl der erste zu sein mit dem sie flache Steine über die Wasseroberfläche flitscht, ihrem Willen, unbedingt einen Fisch abschmeißen zu wollen, widmen wir uns kurz ernsteren Themen. Was sind deine Ziele usw. Dir helfen weniger zu rauchen. Solange sie damit genau so viel Erfolg hat, wie nachts trocken zu sein und einen Fisch zu treffen, muss ich mir keine Gedanken machen.

Das versprochene Eis essen wir am offiziellen Liegestrand. Nogger Choc und Cornetto. Die vielen Tätowierten wundern mich. Nicht die Sache an sich, sondern die Art wie sie hier präsentiert werden. Nicht, cool, mach mal ein Foto mit mir und meiner Haut. Nein, eher, so what, bin Saar-Neck-Boy. Entsetzt, dass ich das Gefäß auf dem Tisch als Aschenbecher benutze, das wirklich als Kippengrab gedacht ist, etwas verschämt, ob ihres Schokomundes, machen wir uns auf den Weg zum Auto.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (01.06.17)
"...einen Wanst an der Hand."

"Wanst" steht umgangssprechlich für "dicker Bauch", somit ist "...einen Wanst an der Hand" per se unmöglich.
Arbait_Müller (48) meinte dazu am 01.06.17:
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 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 01.06.17:
Ich finde den lokalen Bezug gut, aber kaum liest man weiter, stolpert man über "...Bezugserziehertag zu begehen, nein, ich will einfach in Ruhe an einem See sitzen und dafür Geld bekommen" - Was soll denn das bedeuten? Oskar, das kannt Du besser!

 Lluviagata schrieb daraufhin am 01.06.17:
Es liegt auf der Hand, dass hier das Kind gemeint ist. Auch wir sagen Wanst oder Gör zu einem Kind. Manchmal.

Ich finds gut, das Geplauder ...

Llu

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 01.06.17:
"Es liegt auf der Hand" wäre ja kaum besser als raten. Und so schlampig schreibt Oskar ja nun wirklich nicht. Der Duden sagt nichts von "Wanst" als Synonym für "Kind" und das scheint mir die bessere Referenz zu sein, nichts für ungut!

 Oskar ergänzte dazu am 01.06.17:
Würden dir 35% der Muttis bestätigen, dass Kind ein Wanst ist, würdest du deinen Duden verbrennen?

Habe eher das bleiche gelb der Neuen Revue im Kopf.

 LotharAtzert meinte dazu am 01.06.17:
"Vorher wächst sie sich noch ihr Gesicht" hat er wahrscheinlich nicht mehr wahrgenommen. Unser Duden-Dieter wird nachlässig.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 02.06.17:
" Würden dir 35% der Muttis bestätigen, dass Kind ein Wanst ist, würdest du deinen Duden verbrennen?"

Nein, sie sind keine seriöse Referenz. Vermutlich eine regionale Besonderheit bei Dir. Bei mir sagen viele statt "Beine": "Füße". Ich übernehme das trotzdem nicht.

 Oskar meinte dazu am 02.06.17:
Für einen nicht journalistischen Text braucht man keine seriösen Referenzen.

Wie geht das? Einerseits gefällt dir der lokale Bezug, anderseits bemängelts du ein umgangssprachlich benutztes Wort.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 02.06.17:
Das eine ist schlampiges Handwerk, das andere Kunst, könnte man sagen.

"Losheim" ist für alle klar, "Wanstkind" nicht.
Du solltest Dich fragen: Warum will ich, dass mein Text nicht von allen Lesern verstanden werden kann?

P.S.: Auch der Literat benutzt nicht einfach irgendwie irgendwelche Worte, weil seine Texte ja nicht-journalistisch sind, sondern er ist da eigentlich noch viel genauer als der Journalist. Anderenfalls taugen seine Texte nichts.

 Oskar meinte dazu am 02.06.17:
Losheim ist ein Ort. Klar ist das für alle klar. Und Wanst ergibt sich beim Lesen, ohne groß nachzudenken. Auch für alle. Stünde immer Wanst anstatt Kind, könnte ich dir Recht geben. Beim Bezugserziehertag stimme ich dir eher zu.

Überzeugt mich nicht. Genauigkeit ist ein Stilmittel. Ob ich zb schreibe, der Baum bewegt sich im Wind oder der Wind bringt Äste und Blätter, nahezu den ganzen Stamm zum Erzittern, ist eine Entscheidung, mehr nicht.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 02.06.17:
"Wanst ergibt sich beim Lesen, ohne groß nachzudenken"

Dass der Leser sich das Gelesene schon irgendwie zusammendenkt, rät, irgendwie interpretiert, damit dann vielleicht was Sinnvolles daraus entsteht, ist ein sehr, sehr geringer Anspruch, dem man an seinen eigenen Text stellen kann.

 Oskar meinte dazu am 02.06.17:
"schon irgendwie zusammendenkt, rät, irgendwie interpretiert,"

Habe ich so nicht geschrieben. Dennoch gibt es Texte, die exakt aus diesem Grund interessant sind.
toltten_plag (42) meinte dazu am 02.06.17:
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 Oskar meinte dazu am 02.06.17:
Losheim am See. Durch Titel eindeutig.

Okay. Wanst kommt von Metulskie. Wenn man zuerst schreibt, dass man mit einem Kind unterwegs ist, ist doch sofort klar, das Wanst das Kind ist.

 Isensee meinte dazu am 02.06.17:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wanst

 Isensee meinte dazu am 02.06.17:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wanst

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 02.06.17:
Ogott, jetzt kommt auch noch der "Wkipedia-Eintrag-Beweiser", uns bleibt auch nichts erspart! ....oder doch, es fehlt noch der "Youtube-Verlinker-zu-einem-nichtssagenden-Filmchen".

In Losheim fanden kürzlich die deutschen U23-Triathlonmeisterschaften statt, es gibt dort mit Sicherheit einen See, die Stadt heißt vollständig und korrekt: "Losheim am See".

 Oskar meinte dazu am 02.06.17:

 Isensee meinte dazu am 02.06.17:
Man könnte sich auch einfach freuen, dass man ein neues Wort für Kind gelernt hat.
Aber nein, Dieter muss flennen und 17 Meter Kommentar droppen, um "per se unmöglich" zu verteidigen.
per se(e) zur Hand der Wanst.
Fehlt noch das passende Meme.
 externer Link

 LotharAtzert meinte dazu am 02.06.17:
"Vorher wächst sie sich noch ihr Gesicht" - ich schwöre, ich hab es gelesen und jetzt ist es weg. Da steh ich jetzt da wie ein Idiot. Danke!
toltten_plag (42) meinte dazu am 04.06.17:
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 Oskar meinte dazu am 04.06.17:
Durch meine Handy-Kamera sieht alles aus wie schimmliger Kartoffelsalat.
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