Das Großstadthaus

Erzählung zum Thema Neugier

von  Omnahmashivaya

Willkommen im Großstadtjungel! Hier gibt es nicht nur Autos, Brücken, Strassenbahnen sondern auch Häuser on masse! Eine Großstadt wirkt anonym und oberflächlich. Man sieht viele Fassaden, die der Menschen, die der verschiedenen Gebäude. Doch nur wirklich wenige erhaschen einen Blick dahinter. Ferdi Fenstergucker und Rudi Röntgenblick jedoch können dieses. Rudi Röntgenblick knöpft sich die Menschen vor. Die Großen und Kleinen, die alten und Jungen. Währendessen schaut Ferdi Fenstergucker, was es so in den Gebäuden zu sehen gibt. Heute ist das große Haus an der Putlizstrasse, Ecke Voovweg an der Reihe. Langsam geht er an der untersten Fensterreihe vorbei. Im ersten Fenster sitzt ein junger Mann auf dem Fenstersims. Er hat einen Grashalm im Mund und blinzelt in den Tag hinaus. Er ist die Ruhe in Person und lässt sich durch nichts und Niemanden abbringen.
Im zweiten Fenster hockt eine Katze. Mit erweitertem Blick in die Wohnung sieht Ferdi eine Frau, die ihr Nickerchen auf der Couch hält. Eine weitere Katze steht regunglos mitten Im Wohnzimmer. Das dritte Fenster scheint sehr interessant zu sein. Selbst aufgefädelte Frucht-und Beerenketten hängen hängen in Fensternähe. Bunte Bilder des Shivagottes hängen an der Wand. Dieses Fenster bedarf einer genaueren Inspektion. Ferdi erwartet eine Hippiefamilie oder wenigstens einen netten Rastaman. "Ratsch" - In dem Moment zieht eine Hand den Vorhang zu. Vorstellung vorbei. Weiter zum nächsten Fenster. Niemand zu Hause.
Stille pur in der verlassenen Wohnung. Das Einzige, was Ferdi zu vernehmen scheint ist die Uhr, die ihr tick tack in kurzen Abständen in den Raum schmettert.
Nun geht es in die zweite Etage. Dafür hat Ferdi Fenstergucker seinen Kappenpropeller, der ihn in die Lüfte schweben lässt. Zur Not tut es auch sein ausfahrbares ums-Eck-guck-Fernrohr. In der zweiten Etage geht es turbulent zu. Ein Italienerpaar fetzt sich mit lautem Geschrei. Wild gestikulierend brüllt er sie an. Sie droht mit hochrotem Kopf mit der Küchenrolle. Das hält ja Niemand aus. Schnell zum nächsten Fenster. Eine alte Frau mit Brille und hochgestecktem grauen Haar sitzt in ihrem Schaukelstuhl und strickt. Neben ihr zwitschert munter der Kanarienvogel. Ein liebliches Bild.
Nebenan ist ein Kindergeburstag. Die Kinder hüpfen auf Matrazen rum, die im Wohnzimmer ausgelegt sind. Sie tragen bunte Hüte und haben Tröten im Mund. Der Tisch ist mit Muffins, Gummibärchen, Saft und Chips bedeckt. Das hat man dann vom Kindersegen. Im nächsten Fenster ist ein Geschäftsmann zu sehen. Akkorat hat er seine Arbeit auf dem Schreibtisch gestapelt. Penibel fein sieht es in der Wohnung aus. Er verzieht keine Mine bei seinen Aktiviäten rund um die Arbeit. Gebannt start er auf den Laptop, allzeit bereit für einen Anruf, aufmerksam ohne Ende. Das Geschrei von nebenan scheint ihn nicht zu stören und darf ihn auch nicht stören. Ferdi fliegt weiter nach oben. In der nächsten Wohnung geht es heiss her. Ohne weiteren Kommentare und Gedanken begibt sich Ferdi zum nächsten Fenster, in dem ein Herr TV schaut. Er sieht den mann nur von hinten. Eine dicke Nackenrolle und eine leicht fettige Frisur. Gelegentlich greift ein Arm nach links auf den Tisch und kramt in der Chipstüte. Das A-Team ist gerade in voller Action. Na, da wollen wir doch nicht weiter stören. Nebenan sitze eine junge Chinesin und weint. So schön und doch so traurig. Wenn nun Rudi Röntgenblick da wäre, dann wüsste Ferdi wohl auch, was in ihr vorgeht.
Die Wohnung neben der jungen Chinesin ist völlig ausgeräumt. Am Fenster steht ein Schild "zu Vermieten". Die Wohnung ist an und für sich sehr schön. Sehr geräumig. Es liesse sich eine Menge daraus machen. Doch wer möchte schon freiwillig in ein solch verrücktes Haus ziehen? Weiter gehts zum nächsten Fenstern. Ein junger Mann mit langen zotteligen Haaren drischt seine E-Klampfe. Na, kein Wunder, dass neben ihm die Wohnung frei ist. Grell, schrille Töne kommen aus der Wohnung und lassen die Fensterscheibe vibrieren. Gelegentlich schwingt der junge Rocker seine Matte und verzieht sein Gesicht wie ein grunzender Eber. Genug von der Musik. Ferdi fliegt zur nächsten Etage. Eine Familie sitzt bei Tisch. Der Sohnemann rülpst. Angewiedert schaut der Vater ihn von der Seite an. Derweil fällt der Tochter der Dessert auf ihren Schoss. Hastig springt die Mutter auf und holt die Zewa-Wisch-Weg-Rolle.
Im nächsten Fenster sitzt eine Frau. Sie scheint Erbsen oder Perlen nach Farbe und Größe zu sortieren. Gelgentlich kratzt sich sich am Kopf und fährt dann fort. Seltsame Frau. Mal sehen was es in den letzen beiden Fenstern zu sehen gibt. Ein alter Mann spielt Schach gegen sich selbst. Nein, nicht gegen sich selbst. Ferdi sieht das Headset. Sicherlich spielt der Mann mit seinem alten Freund aus Tokio oder Australien. In diesem Haus scheint wohl alles möglich zu sein. Beim letzen Fenster erschrickt Ferdi fast zu Tode. Ein korpulente Frau macht gerade in dem Moment, wo Ferdi die Wohnung erkunden möchte das Fenster auf, um frische Luft herein zu lassen. Schnell weg.
Ferdi trifft sich einige Zeit später mit Rudi Röntgenblick und sie tauschen sich über ihre Entdeckungen aus. Während Ferdi von seinem Großstadthaus erzählt, berichtet Rudi von lustigen, traurigen, eingebildeten, fröhlichen, verliebten, empörten, rachelüstigen, selbstmordgefährdeten und gutherzigen Menschen....

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Kommentare zu diesem Text


 NormanM. (05.07.09)
Hi,

die geschichte gefällt mir sehr gut, ich hätte mir nur gern noch mehr von Rudi Röntgenblick erfahren.

Lg Norman
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