Schleichend und dunkel, wie eine Katze, die Beute entdeckt hat, kommt sie ins Zimmer. Wieder hab ich sie nicht bemerkt, so leise, so unauffällig ging es vonstatten. Ich ärgere mich ein bisschen, dass sie mich wieder überrumpelt hat. Vertieft saß ich dort auf Schwiegervaters Sofa, welches er, meinem Mann, kurz vor seinem Tod noch restauriert hat. Links von mir, steht noch sein Bild, welches mich stets aufmunternd anstrahlt. So nach dem Motto: "Kopf hoch, Mädchen, das Leben ist doch so einfach. Wenn du erst mal hier oben bei mir bist, siehst du alles mit ganz anderen Augen. Dann weißt du, warum ich über die irdischen Probleme nur noch lächeln kann." Und dieses Lächeln, trage ich immer in meinem Kopf, und wenn ich Probleme hab, die unlösbar scheinen, dann gibt dieses Lächeln mir neue Kraft. Nein, ich kannte ihn leider nicht persönlich, aber ich bin sicher, wenn er noch gelebt hätte, wir hätten uns gut verstanden.
Nun sitze ich also hier, auf diesem besagten Sofa, und hänge meinen Gedanken nach. So tief war ich darin versunken, das ich ihr Kommen nicht bemerkte. Ich musste Stunden geträumt und gegrübelt haben. Andreas, mein Mann verließ wütend die Wohnung, nachdem ich sagte, dass ich mir wie ein altes Möbelstück vorkomme. Ja, wie sein Sofa, auf dem ich hier sitze. Man ist anwesend, aber man wird gar nicht mehr wahrgenommen. Aber an diesen Abend musste es einfach mal gesagt werden. Meinetwegen kann Andreas gekränkt deswegen sein. Wir konnten sowieso nie richtig darüber reden. Ein tiefer Seufzer schlich durch den Raum. Manchmal scheint aus fast schon lächerlichen Nichtigkeiten, der größte Streit zu entstehen. Ein wirklich alberner Streit unter Eheleuten. So wutentbrannt hätte er nicht gehen dürfen. Das tat mir weh. "Du behandelst mich wie ein altes Möbelstück", hab ich ihm gesagt. Und das trifft den Punkt. Manchmal glaube ich, dass mich kein Mensch mehr braucht. Lächle, Mädchen. Doch ich denke, dass es eine tiefere Ursache haben muss, und meine kleine Bemerkung war nur der Auslöser. Wer weiß, was ihn schon die ganze Zeit gestört hat an mir, aber Männer reden nicht gern. Nun hat sie mich ganz eingehüllt, die Nacht, und ich kann auch Schwiegervaters Lächeln nicht mehr sehen, aber ich kann es fühlen, tief in meinem Herzen, und es beruhigt mich. Ich schlafe ein, auf dieser alten Couch, auf der wir uns so oft liebten, und fühle mich geborgen und wohl. Ein altes Möbelstück zu sein, kann auch etwas schönes bedeuten: dass man für seinen Besitzer unheimlich wertvoll ist, so wertvoll, das man sich sein Leben lang nicht von zu trennen vermag.