Mörder

Kurzgeschichte zum Thema Täter/Opfer

von  rebell91

Er musste weg von hier. Das war ihm klar. Er rannte schon seit Stunden, aber nahm die Schmerzen, mit dem sein Körper sich zu wehren versuchte, nicht mehr wahr. Es hatte zu regenen angefangen. Er spürte die Tropfen nicht, die an ihm herabflossen und das Blut, dass an seiner Kleidung und seinem Gesicht klebte, fortwusch. Er hatte sie umgebracht. Wie konnte er das nur tun? Er rannte immer weiter ohne auf den Weg zu achten. Irgendwann stand er in einem Feld. Er ließ sich zu Boden sinken und krallte seine noch blutverschmierten Finger in die nasse Erde. Er hasste sich. Der Schmerz in seinen Beinen und seiner Lunge machte sich langsam bemerkbar. Du hast Sie umgebracht. Du bist schuld. Mörder! Die Stimme in seinem Kopf ließ ihn nichts anderes mehr wahrnehen. Er rappelte sich wieder auf und versuchte weiter zu rennen, doch seine Beine vesagten und er fiel in die matschige Erde. Er blieb liegen. Nach Stunden, so schien es ihm, drehte er sich auf den Rücken und starrte in den Himmel, der sich trotz der schwarzen Gewitterwolken noch mehr verdunkelte. Es wurde Nacht. Er lauschte dem Regen und seinem sich beruhigenden Atem. Dann schloss er die Augen. Alle Bilder schossen ihm noch einmal durch den Kopf. Ihr angstvezerrtes Gesicht, Ihr Blut, Ihre weit aufgerissen Augen. Er konnte es immer noch nicht fassen. Sie war tot, er aber atmete noch. War das nicht ungerecht? Er starrte in den Himmel, der Regen schlug ihm ins Gesicht. Er wagte es nicht, sich zu bewegen. Sie würden ihn finden - keine Frage. Sollte er von hier verschwinden - versuchen zu fliehen, sich stellen oder... Er dachte nicht zu Ende, obwohl er wusste, dass das der einzige Weg war alles zu vergessen - ihre Qualen zu vergessen. Er glaubte ein Gefühl von Angst zu spüren. Konnte er nicht einfach gehen? Wer würde einen Mörder vermissen? Er versuchte sich aufzustellen, schaffte es aber nicht auf Anhieb. Es dauerte, bis er das Gefühl hatte endlich fest auf dem schlammigen Boden zu stehen. Er lief über das trostlose Feld und versuchte nicht an Sie zu denken, an ihre Stimme, an ihre langen Haare mit dem Duft von Frühlingsblumen, an ihr Lachen, an den Glanz in ihren Augen, an ihr Blut, ihre Angst, ihre Schreie... Er hörte ihre Schreie. Er hörte ihre Schreie bis er das Feld überquert hatte und merkte, dass er es selbst war, der schrie. Er hielt inne. Ein Wald breitete sich vor Ihm aus. Er trat unter das schützende, dichte Blätterdach und sank erneut in sich zusammen. Als er erwachte sah er die Sonne duch die Blätter der Bäume scheinen. Bestimmt hatte schon jemand Ihre Leiche entdeckt. Er setzte sich auf und versuchte den unangenehmen Geschmack aus seinem Mund zu vertreiben. Zum ersten Mal betrachtete er seine Hände und wieder stieg der Selbsthass in Ihm auf. Er stand auf und ging langsam weiter in den Wald hinein. Jeder Schritt schmerzte und lies ihn bald wieder zum Stehen kommen. Er hatte auf ein Zeichen gewartet. Vor ihm lag es. Er bückte sich und hob bedächtig die Scherbe auf. Er würde zum zweiten Mal töten. Mit schwerem Atem schaute er durch das grüne Glas und hoffte. Grün ist die Hoffnung, sagte er sich und so hoffte er auf Gnade. Er wusste nicht, wohin er kommen würde, doch er hoffte. Er atmete langsam ein und aus. Dann lies er das scharfe Glas durch seine Haut an der Unterseite seines Handgelenkes dringen und spürte bald darauf, wie warmes Blut von seiner Hand auf den feuchten Waldboden tropfte.Seine Sinne vernebelten sich. Er musste sich setzten. Sein Kopf sank müde auf die Erde und er schloss die Augen. Bevor er starb betete er. Nicht für sich. Er betete für sie und bat um Verzeihung. Bat Sie um Verzeihung.


Anmerkung von rebell91:

Mein heutiger Tiefpunkt... ^^

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Kommentare zu diesem Text

Darius_Kurfenstein (29)
(02.08.06)
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 rebell91 meinte dazu am 02.08.06:
dankö! ^^

 engelsgleich (03.08.06)
Die letzten 4 Sätze... die sind verdammt gut, so gut, dass man allein von ihnen eine Gänsehaut bekommt.

 rebell91 antwortete darauf am 04.08.06:
Freut mich, dass es dir gefällt.. Ich find das Ende von einer Geschichte ist auch immer das Entscheidenste... LG, rebellin
Struppigel (27)
(17.08.06)
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 rebell91 schrieb daraufhin am 20.08.06:
neenee!!! des is absicht! ich WILL garnich, dass man irgendwie weiß WARUM und WIESO... nene... *lach* das soll schon so sein.. trotzdem danke ;) und auch für diesen Tip mit den Pronomen.. *schäm* naja.. ich lerns ^^
Arwen (24)
(22.08.06)
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 rebell91 äußerte darauf am 22.08.06:
*rotwerd* danke... ^^
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