Das Versprechen

Kurzgeschichte zum Thema Schicksal

von  Martina

Mon Amour, du mein Geliebter, du liegst seit Stunden schon in meinen Armen.(Sind es wirklich nur Stunden?)  Du nimmst an Gewicht zu, mit jeder Minute scheinst du schwerer zu werden. Aber ich versprach dir, dich niemals allein zu lassen. Sei sicher, ich halte mein Wort. Der Mond scheint geheimnissvoll auf die dunklen Dielenbretter. Das Treppengeländer wirft seine gefräßigen Schatten auf uns. Ich lehne an der alten barocken Tapete. Das Haus deiner Ureltern. Lang schon verlassen und wir verbrachten hier die letzten 2 Wochen. Ich habe mich an den Mond gewöhnt, wenn er hier herumgeistert und mit seinem fahlen Licht alles in Unwirklichkeit taucht. Du sagtest, niemand kennt dieses Haus, keine Straße führt hierher. Du hast mich an die Hand genommen, ich hab mich so gefürchtet, der Wald war so tief und dunkel. Niemals käme man auf den Gedanken, hier leben zu wollen (vielleicht sterben?). Was haben sich deine Vorfahren nur dabei gedacht? Nun, ich hab es hingenommen, keine Geräusche von Autos mehr zu hören. Hier lebt die Einsamkeit. Hier macht die Stille Überstunden. Mon Amour, du mein Geliebter, hast du wirklich gezweifelt, an meiner Liebe zu dir? Als ich dir Treue bis zum Tode schwor, hast du nur gelacht. Ich kann noch immer diesen irren Funken in deinen Augen sehen, auch wenn sie nun geschlossen sind. Ja, ruh dich aus, Geliebter. Den Beweis meiner Liebe, hab ich dir gerne gegeben. Deshalb bin ich dir in die Wildnis gefolgt, bis hier in diese alte Kate. Siehst du? Deine Angst war völlig unbegründet. Wenn dich auch das Leben enttäuschte, auf mich kannst du dich verlassen. Hast du keinen Hunger, Mon Amour? Ich glaub, ich hab ganz vergessen, wie man Nahrung verdaut. Du liegst immer noch so ruhig in meinem Arm. Jeder Knochen tut mir schon weh, doch ich kann mich nicht bewegen, sonst wachst du auf. Du könntest böse sein mit mir. In all den 2 Wochen haben dich deine Schmerzen wach gehalten, und mich deine Schreie. Du warst grad auf dem Weg ins Bad, als du mitten auf den Flur zusammenbrachst. Seitdem halte ich dich. Als die Sonne aufging, da legte sich endlich eine Ruhe auf deinen Körper. Es war eine unheilvolle Ruhe, aber sie brachte deinen Schmerz zum Schweigen. Nie werde ich deinen dankbaren Blick vergessen, dafür, dass ich Wort hielt. Dafür, dass du dich darauf verlassen kannst, dass ich bei dir bleibe, bis zum Ende aller Tage. Hoffentlich ist es nicht mehr so lang. Ich spüre kaum mehr ein Kribbeln in meinen Beinen und Armen, alles schien mit dir eingeschlafen zu sein. Wir beide wußten von deiner Krankheit, ich bin trotzdem bei dir geblieben, wenn du es erst auch nicht glauben konntest. Ach, Mon Amour, mein Geliebter, der Mond hat dir das Rot von deinen Lippen gesogen. Wie bleich sie sind. Und wie kalt du bist, ich vermag dich nicht mehr zu wärmen.
Aber ängstige dich nicht, morgen früh wird Sonnenlicht ins Zimmer fluten und die Schatten von den Wänden reißen.

Verzeih, ich bin kurz eingeschlafen. Dabei sollte ich doch Wache halten.
Oh schau Geliebter, das Morgenrot legt sich auf deine bleiche Haut,
du solltest langsam wieder atmen. Bis dahin, werde ich dich nicht loslassen. Du weißt, ich halte mein Wort.

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