Mato beim Tierarzt! (1. Teil)

Geschichte zum Thema Angst

von  tastifix

Meine lieben Hunde- und Katzenfreunde, hoffentlich wird` Euch nicht schlecht, wenn Ihr das hier lest!

Mein Frauchen war ja eigentlich das liebste Frauchen der ganzen Welt. Sie gab uns ein schönes Zuhause, Superfresschen sowie tolle Körbchen und ganz viele Streicheleinheiten.

Leider lief das aber nicht das ganze Jahr so ab. Immer genau dann, wenn ich mich so richtig rundherum wohl fühlte, kriegte ich mein Fett ab und zwar tüchtig. Viel Schlimmeres konnte es eigentlich in einem Hundeleben nicht geben.
Zwar hatte ich das unheimliche Glück, ein besonders gesundes Kerlchen zu sein, dass stets munter und quicklebendig durchs Leben flitzte, jedoch schützte mich das in keinster Weise vor dem, was dann jedes Jahr regelmäßig einmal auf mich zukam.

Stellt Euch vor, ich sollte zum Tierarzt, um mir meine Impfung abzuholen. Ehrlich gesagt, konnten mir Impfung wie auch der doofe Tierarzt herzlich gerne gestohlen bleiben. Mein Argument, ich sei doch fit wie ´nen doppelter Turnschuh, ich bräuchte also diesen Blödsinn überhaupt nicht, erweichten Frauchen kein bisschen.
"Matochen, du kannst noch so wehleidig gucken...Da führt kein Weg dran vorbei!"
Ich hatte nämlich vorsichtshalber einen Dackelblick zum Kubik aufgesetzt. Umsonst!!

Am nächsten Morgen war es denn soweit. Wenn Frauchen meinen Pass ´rausholte, Kameraden, dann wusste ich sofort Bescheid.
"Au weia, jaul, gleich geht` s nach Langenfeld zu Frau Dr. Pieks."
Diesen Namen hatte ich meiner Tierärztin heimlich verpasst, obwohl ich die ja eigentlich sehr gut leiden konnte. Nur dann nicht mehr, griff die nach diesem entsetzlichen Dolch, den die Menschen "Spritze" nannten.

Frauchen bürstete mich besonders gründlich, denn auch als Hund durfte man nicht ungepflegt zum Doktor. Dann steckte sie noch eine Tüte mit Leckerchen in ihre Tasche.
"Wenn du glaubst, Frauchen, mit denen kannst du mich überlisten, damit ich dann brav da hinein tigere, hast du dich aber geschnitten!"

Normalerweise verstand Frauchen ja fast alles, was ich ihr erzählte. Sie hatte ja auch lange genug Studienseminare für Hundesprache besucht. Jedoch heute klebte ihr ganz offensichtlich Gemüsedingsbums in den Ohren.
"Ich glaub` s einfach nicht. Die stellt sich doch tatsächlich stur. Das Recht dazu steht eigentlich nur mir zu. Eine Unverschämtheit ist das, wuff!!"
Aber diese Schimpftirade verstand sie da natürlich auch nicht.

Frechheit hin und Unverschämtheit her, mir blieb nichts anderes übrig, als an der Leine kurzgehalten, neben ihr her zur S-Bahn zu traben. Klar, dass ich versuchte, die Prozedur noch ein wenig hinauszuschieben. Noch nie vorher in meinem Leben begrüßte ich so begeistert die kleinen Grasflächen am Wegesrand, noch nie zuvor las ich so gründlich die Nachrichten meiner Artgenossen. Euch verrate ich es ja, aber haltet bitte dicht - Frauchen darf das auf keinen Fall erfahren: Die Post war nämlich an diesem Tage gar nicht so dolle, kein einziger Brief von einem heißen Weibchen dabei, seufz!

Mittlerweile hatte ich ein- und dasselbe Grasbüschel zum dritten Male übergründlich geprüft, da kam auch schon der erwartete Anranzer:
"Matochen, jetzt reicht es aber. Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Komm jetzt, wir müssen wirklich weiter!"
Diese nicht so ganz nette Bemerkung kam unverwechselbar von meinem Frauchen.
"....Für überhaupt nicht blöd!", antwortete ich im Stillen mit einem Stoßseufzer. "Das ist ja gerade mein Problem!"

Geknickt gab ich die Schnüffelei auf. Doch ich hatte noch einen anderen Trick auf Lager. Ich sah den Bahnhof und streikte. Wie? Ganz einfach: Ich plumpste auf meine vier Buchstaben und saß dann da, ganz lieb und ohne zu murren, aber eben unbeweglich.
"Ich gehe keinen Schritt mehr weiter, wauwuff!", gab ich meinem Leittier zu verstehen und machte ihr dann gnädig folgenden Vorschlag:
"Frauchen, wenn du da so unbedingt hin möchtest, dann will ich dich nicht davon abhalten. Ich hab` eine tolle Idee: Fahr du zur Praxis und lass dich pieksen. Währenddessen bin ich bestimmt ganz brav und warte hier auf dich!"
Insgeheim ergänzte ich:
"Es sei denn, es kommt eine Katze oder ein doofer, fremder Rüde vorbei. Die bieten dann mildernde Umstände bei der nachfolgenden Gerichtsverhandlung wegen hündischen Ungehorsams!"
Übrigens, Freunde: Das habe ich lieber für mich behalten. Sonst spazierte die ja nie allein los!!

Sie spazierte auch so nicht allein los, sondern wandte doch tatsächlich mir, ihrem vierbeinigen Liebling gegenüber, Gewalt an.
"Knödel, bei dir piept es! Du kommst jetzt auf der Stelle mit. Tust du das nicht freiwillig, dann schleife ich dich eben den ganzen Weg bis zur Praxis hinter mir her!"
Wuff, meine Ohren schlackerten ganz schön. Ob sie zusätzlich noch rot geworden waren, konnte ich ja leider nicht sehen.

Zerknirscht hopste ich an ihrer Seite die Treppe zum Bahnsteig hoch. Oben muckste ich denn doch ein zweites Mal. Vielleicht gab Frauchen ja doch noch nach?
"Mato(diesmal ohne ´chen`, oh weh!), lass den Quatsch. Rein mit dir, aber fix!"
Diese Tonlage kannte ich. Da war wirklich nichts zu wollen und mein Schicksal besiegelt.
Warum nur musste denn die S-Bahn ausgerechnet heute pünktlich sein und dann auch noch so munter genau nach Fahrplan ihre Reise gen Langenfeld fortsetzen? Bestimmt mochte die keine Hunde. Dämlicher Pseudo-Riesenköter!

Nach knappen zwei Minuten kamen wir in Langenfeld an. Kaum aus der Bahn gesprungen, setzte ich mich schon wieder trotzig hin. Bis auf einen wütenden Blick von Frauchen brachte mir das gar nichts. Leute, die nahm mich doch tatsächlich im Nackenfell und führte mich ab wie einen Verbrecher. Ich schämte mich vor den entgegen kommenden Zweibeinern fast zu Tode, so im Würgegriff. Wie konnte sie nur..., winsel!

Mein Repertoire an Streikmethoden war dann leider erschöpft. Ich, Herr Mato von Emsdahl, gab doch tatsächlich klein bei. Ich wurde zur Schande für die Chowchow/Eurasier-Familie der ganzen Welt: Parfum auf mein Haupt, winsel!

Ich gebe es ja zu: Ging es um Frau Dr. Pieks, verwandelte ich mich beim Betreten der Praxis innerhalb einer Sekunde vom großen Hund erst in eine Maus, beim Betreten des Wartezimmers in einen Floh und gar beim Gang ins Behandlungszimmer in eine Mikrobe. Zu meinem Pech hatten die aber anscheinend schon Erfahrung mit ein paar anderen Mikroben ähnlicher und nichtähnlicher Spezies. Sie ließen sich durch mein Piepen, Jaulen und Winseln überhaupt nicht beeindrucken.


Im Wartezimmer angekommen, stellte ich entsetzt fest, ich hätte den Vorhof zur Höhle des Tierarztlöwen tatsächlich doch mit solchen „Kreaturen“ wie Kaninchen, Mäusen, miauenden Katzen und hündischen Jammerlappen (was war denn ich??) zu teilen. Meine Artgenossen ließen sich da fein in bestimmte Schubläden stecken:

Da waren einmal die ganz Mutigen, die es sich sogar in Richtung der Tür zum Untersuchungsraum auf dem Boden bequem gemacht hatten und noch nicht einmal einen einzigen Angstquietscher von sich gaben. Woher nahmen die bloß ihren Mut? Ich bewunderte sie aus tiefstem Herzen. Meiner Meinung nach hatten sie sich damit selbstverständlich einen Kauknochentapferkeitsorden verdient. Aber mich fragte da ja keiner!

Die zweite Gruppe war nicht mehr ganz so kess, saß entweder zwischen Frauchens/Herrchens Beinen oder bei denen direkt auf dem Schoss. Die ließen dann die reinsten Beerdigungstrostreden vom Stapel. Das baute ihre Lieblinge denn doch etwas auf und endete mit dankbaren Vollwäschen von deren Seite am laufenden Band.

Und dann waren da noch die Superängstlichen, so Exemplare wie ich. Wir heulten, jaulten, winselten wie die Verrückten im Chor, durcheinander und ununterbrochen herum. Sämtliche Frauchen und Herrchen hätten sich allzu gern die Ohren zugehalten, waren aber stattdessen ihren schlotternden Lieblingen der dringendst notwendige Halt. Andernfalls wäre so manch ein Wauwau vor lauter Zittern vom schützenden Schoss geflogen oder hätte sich im Extremfall sogar schändlichst vergessen, was ja nun eines der schlimmsten Vergehen gegen den Hundeknigge bedeutet hätte.

Ein paar von uns, so wie ich, hatten uns trotz der Panik wenigstens noch soviel Grips bewahrt, sich unter die Stühle ihrer Leittiere zu quetschen.und darauf zu hoffen, dass Madame Pieks uns dort nicht entdeckte oder sich vielleicht sogar der Boden auftäte und uns Angsthasen barmherzig verschluckte.

Was dann noch so alles passierte, erzähle ich Euch beim nächsten Mal!

Euer Freund Mato

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