Abschied

Bild zum Thema Vergänglichkeit

von  apocalyptica

Sie sammelte fahlen Mondenschein und bündelte ihn zu drallen Garben, die sie ihm zu Füßen legte, um ihn besser sehen zu können. Etwas Unwirkliches lag in der Luft und die Ruhe, die sonst von ihm ausging, schien trügerisch.

Er stand dort in seiner gewaltigen Größe, die ihm auch das Alter nicht genommen hatte, und obwohl er völlig nackt war, hatte er nichts von seiner nahezu magischen Anziehungskraft verloren. In einer sinnlosen Drohgebärde reckte er seine Arme in den endlos weiten Nachthimmel, mahnende Zeigefinger einer verkrüppelten Hand konnte sie nur ahnen.

Ein fernes Grollen ließ sie erschauern und ängstlich schmiegte sie sich an ihn, atmete ihn und ließ seinen Duft in ihre Seele gleiten. Immer hatte er ihr Schutz geboten, doch eine innere Stimme riet ihr, ihn heute nicht zu umarmen.

Sie wusste, gleich würde der Horizont ein loderndes Feuer entfachen, sie und ihn in rot glühende Farbe tauchen. Doch plötzlich durchschnitt ein gewaltiges Zischen die Luft und setzte ihm eine Flammenkrone auf, die den Blick freigab auf seinen geschundenen Rumpf.

Mit einem laut vernehmlichen Ächzen und Stöhnen sank er in sich zusammen und fand seine letzte Ruhe. Zwischen Bündeln aus fahlem Mondenschein. Es gab ihn nun nicht mehr, ihren Baum.

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Kommentare zu diesem Text


 Maya_Gähler (15.11.06)
wow Bea, da ist dir wieder ein Hammer-Text gelungen.
Die Spannung aufgebaut, gehalten und erst ganz am Schluss die Auflösung verraten. Ich habe an alles gedacht, aber nicht an einen Baum. Super gemacht.
Knuddel dich ganz dolle am frühen Morgen
deine Maya

 apocalyptica meinte dazu am 15.11.06:
Guten Morgen, du Liebe! Ich glaube, da haben wir beide mal was anderes versucht heute, ja? Okay, ich gebs zu, erst wollte ich wieder ein Drabble schreiben, aber das Bild in hundert Worte zu packen ist ja wohl gänzlich daneben gegangen! *g*
Nun ja, wir sind ja flexibel und ich meine schon, auch immer auf der Suche!
Hab lieben Dank und herzliche Grüße,
deine -bea

 Traumreisende (15.11.06)
so viele fallen und manche unter greller sonne, einem parlplatz zu liebe.... vergänglich sind auch die inneren werte von dingen, die wir als leblos sehen... aber sie tragen kraft und leben... bis wir ruhelos die hand anlegen...

lg silvi

 apocalyptica antwortete darauf am 15.11.06:
Das ist so...der Mensch zerstört um des Zerstörens Willen. Und dabei liebe ich Bäume, sie haben für mich eine ungeheure Symbolkraft und haben daher auch in meinem Leben immer eine große Rolle gespielt!
Nicht als leblos, sondern als Spender von Leben, als Zuhause, als Zuflucht....
Danke, Silvi!
lg, die -bea
Grateful_Dead (49)
(15.11.06)
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 apocalyptica schrieb daraufhin am 15.11.06:
Ich dank dir, lieber Axel. Der Baum als Symbol? Na klar, das hast du absolut richtig erkannt!
Aber ich denke auch an das alte Lied von Reinhard Mey (?): wie ein Baum, den man fällt, eine Ähre im Feld...möcht ich im Stehen sterben.
Kennst du sicherlich auch noch?!
Ich grüß dich herzlich,
die -bea
steinkreistänzerin (46)
(15.11.06)
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 apocalyptica äußerte darauf am 15.11.06:
Ja, du liebe Freundin, du siehst das völlig richtig! Bäume haben für mich ein Eigenleben, geben mir oft Kraft und Zuversicht, Schutz und Zuflucht, aber auch Glücksgefühle...im Schatten eines Baumes oder mehrerer Bäume kann man wundersame und wunderschöne Dinge erleben, immer wieder anders und immer wieder neu. Und da augenblicklich ein ganz besonderer Baum in meinem Leben eine ganz besondere Rolle spielt, kamen mir diese Gedanken. Und wie er so dasteht, allein, mitten auf einem Feld...habe ich tatsächlich Sorge darum, ob er den Winter überstehen wird.
Ich grüße dich von Herzen,
deine -bea
seelenliebe (52)
(15.11.06)
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 apocalyptica ergänzte dazu am 15.11.06:
Klar, du Anneherzchen, wusste ichs doch...dass auch du so einen Baum hast oder hattest! Alles andere hätte mich jetzt auch arg enttäuscht! ;) Und den eigentlichen, den tieferen Sinn brauche ich dir auch nicht zu erklären, du hast wie immer sehr wohl verstanden...da brauche ich auch nicht mehr zu erwähnen, dass man häufig von "einem Kerl wie ein Baum" spricht....aber stimmt schon, selbst wenn ich sonst nicht unbedingt in Metaphern schwelge (das können andere hier weitaus besser), haben dennoch viele meiner Texte einen tieferen Sinn, den man manchmal, wenn man nicht gerade meine Seelenschwester ist ;), auch erst beim erneuten Lesen findet!
Ich freu mich riesig über deinen Komm, du herzensgute Seelenschwester,
deine -beafliegerschwester =)

 Néniel (15.11.06)
ich ahnte fast am anfang schon - dein wunderbares bild des baumes - passt so gut zu deiner schrift. mensch und baum zu einem bild verwebt. du hast schöne bilder gemalt, und das ende ist so zum seufzen, so traurig, aber auch das leben des baumes ist begrenzt. die fassade hinter deinen worten hast du wunderbar in rot, in feuerrot getaucht. :) und irgendwie kommt mir ein lied in den sinn. du kennst das bestimmt: "mein freund der baum ist tot" weiß nun nicht mehr wer es sang, aber es passt. und hab ich dir schon gesagt das solche geschichten dir unheimlich gut stehen? *lächelnd anstups* :)))

herzliche grüße an dich liebes, drück dich.
deine ive-sis.

 apocalyptica meinte dazu am 15.11.06:
wenn ich also nicht hoffnungslos daneben liege, dann war es die unvergessene Alexandra, die dieses Lied gesungen hat, aber das war weit vor deiner Zeit....und schön ist es, hab gerade die Melodie im Kopf!
Hey, du Liebe, da freu ich mich aber sehr, dass du meinst, solche Geschichten und ich, wir würden zueinander passen!! Hatte erst überlegt, ob ich mit diesen Gedanken überhaupt an die Öffentlichkeit sollte, aber scheinbar ists ja okay, und je öfter ich selbst lese, desto stimmiger erscheint es mir auch...
Ich stups dich mal ganz dolle lieb zurück, kleine sis,
und grüß dich herzlich, deine -bea =)
zackenbarsch† (74)
(15.11.06)
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Nunny (73) meinte dazu am 15.11.06:
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 apocalyptica meinte dazu am 16.11.06:
Lieber Friedhelm, liebe Nunny,
von ganzem Herzen Dank an euch beide! Ich freu mich, dass ihr mein "Bild" auch sehen konntet. Bäume in all ihren Facetten sind einfach faszinierend!
Ganz liebe Grüße euch,
die -bea
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