Der verlorene Traum I

Kurzgeschichte zum Thema Liebe und Leid

von  Mondsichel

Du sagtest immer, ich wäre der Traum, den Du so lange schon gesucht hattest. Niemandem könntest Du Dich offenbaren, nur ich wäre es wert, die Pforten Deiner Welten zu öffnen. Das Verlangen und die Sehnsucht hatten Dich ergriffen, doch der Durst musste ungestillt bleiben. Innerlich trieb es Dir die Speere durch das Herz, aber für mich hast Du stets gelächelt.
Deine Tränen, ich sah sie hinter Deinen Seelenspiegeln verborgen, immer wenn Du mir in die Augen sahst. Und ich hörte die Rufe der schmerzenden Liebe, die Dein Innerstes vor Verzweiflung durch die Gedanken schrie.
Nur ein Kuss wäre nötig gewesen, um jegliche Grenzen zu überwinden. Doch ich konnte einfach nicht verraten, was mir an das Herze gelegt worden war.
So wurde der Schmerz zur tiefsten Liebesqual, die sich tiefer und tiefer in die Seele brannte...

In jener Nacht, als der Vollmond so klar am Horizonte weilte, musste ich dem folgen, was das Schicksal mir beschieden hatte. Ein letztes Mal klopfte ich an Deine Tür, um Abschied zu nehmen. Du ahntest, dass etwas nicht stimmen konnte.
Im matten Schein der Kerzen, batest Du mich hinein. Die Luft war erfüllt von tiefster Traurigkeit, die sich in mein Innerstes fraß. Du nahmst mir den Mantel ab und ich ging langsam voran. Der Mond schien mit seinem bleichen Licht nach mir zu rufen.
Langsam trat ich an das Fenster, um diese Welt da draußen vielleicht zu vergessen. Deine Arme umschlangen mich, ich spürte Deinen zitternden Atem in meinem Nacken. So vieles hätten wir sagen können, doch das Schweigen war zu laut.
Für einen kleinen Augenblick genoss ich Deine Wärme und die Nähe, die ich eigentlich niemals verspüren sollte. Mein Atem zitterte heftiger, je mehr Du Dich an meinen Körper schmiegtest. Du hauchtest einen sanften Kuss auf meinen Hals und ich glaubte mit voller Wucht auf den Boden zu aufschlagen.
Für einen Moment war ich zu schwach mich zu erwehren, gegen all die Gefühle, die nun auf mich nieder regneten. Eine Welle längst vergessener Empfindungen ergriff mich und ließ mich vergessen, wo ich war…

„Ich weiß, dass Du mich willst“, flüsterte Deine Stimme und stieß mir Nadeln in mein Herz.
Ich versuchte den Schmerz zu unterdrücken und antwortete leise: „Ich weiß Das Du es weißt. Aber…“ Vorsichtig wand ich mich aus Deiner Umarmung, drehte mich um und versuchte Dir in die Augen zu schauen.
In Ihnen loderte ein Feuer aus tiefster Leidenschaft, die mich verbrennen konnte, je näher ich kam. Bevor ich noch ein einziges Wort sagen konnte, legtest Du mir die Arme um den Hals und drücktest mich an Deine Brust. Liebevoll streicheltest Du über meine Haare. Ich blickte erneut in Deine Augen.
Einmal mehr lächeltest Du das Lächeln, das nur mir gehörte. Und dann, ich wusste nicht wie mir geschah, vereinten sich unsere Lippen zu einem Kuss aus tiefstem Verlangen. Ich versuchte mich innerlich zu wehren, doch war ich in diesem Moment zu schwach, der Versuchung zu widerstehen…

Auf den Schwingen des Phoenix flohen wir dahin und ließen uns hinauf zum Horizont tragen. Perlen aus Tau netzten unsere Körper. Haut schmiegte sich an Haut, Küsse brannten sich auf weiße Leiber und heißer Atem floh über die endlosen Welten, in denen wir uns verloren.
Tiefer und schneller drangen wir in das Reich der Sinnlichkeit und badeten im Meer der süßen Verführung. Bis wir den Gipfel der Wolkenberge erklimmten und das Echo unserer Schreie uns wieder in die wirkliche Welt zurückholten.
Wir blickten uns lange in die Augen, ein strahlendes Leuchten, das den Sternen glich, erfüllte sie. Ich wusste, ich würde Dich vermissen. Dabei wollte ich nichts vermissen wenn ich gehe. Denn nichts schmerzt mehr, als die Liebe, die man nicht halten kann.
Deine Hand streichelte über mein Gesicht, fast abwesend folgtest Du Deinen Fingerspitzen, betrachtetest mich wie einen Schatz. Zerbrechlich wie Glas, wie eine Seifenblase, ein Traum, der zu schnell vergehen könnte.
Irgendwann bist Du eingeschlafen und als Deine Seele die irdische Welt verließ, küsste ich Deine noch im Schlafe lächelnden Lippen. Im nächsten Augenblick durchfuhr mich eine eisige Kälte und ich wusste, die Zeit war gekommen...

Vorsichtig stand ich auf. Ohne Dich zu wecken, floh ich aus Deiner Welt. Das Fenster schien mich zu rufen, langsam öffnete ich es.
In meinen Augen leuchtete die Nacht grell auf, mir wurde heiß und der aufkommende Wind schien mir die Flügel zu schenken, die mich nach Hause bringen würden. Meine Haare färbten sich dem Mondlicht gleich und leuchteten durch das Dunkel im Zimmer. Nachdenklich blickte ich hinauf zu den Sternen und zögerte.
Plötzlich hörte hinter mir ein Geräusch, drehte mich ruckartig um und blickte wieder in Deine Augen, die mich zu fragen schienen, was ich vorhabe. Ich werde Dein Gesicht niemals vergessen, als Du der Realität in die Augen blicken musstest. Ich werde wohl ewig die Schreie der Verzweiflung hören, die in Deinem Innersten kreischten, als Du erkanntest, dass dieser Traum sein Ende gefunden hatte…

„Ich liebe Dich“, zitterte Deine Stimme mir entgegen, als die ersten Schneeflocken dieses Winters vom Himmel fielen.
„Ich liebe Dich auch. Doch mein Schicksal ist ein anderes“, hörte ich meine Stimme sagen. Und dann fiel ich wie die Schneeflocken in die Tiefe, um Eine von ihnen zu werden und mit ihnen zu fliegen. Jene, die so sind wie ich, deren Rufen mir jede Vollmondnacht die Sehnsucht ins Herze pflanzt.
Im Fallen entfachte ich meine Flügel und flog schließlich noch einmal hinauf zu Dir.
„Dies ist mein Schicksal“, flüsterte ich und schenkte Dir den letzten Kuss, der Dich vergessen ließ. Doch auch wenn Du mich vergessen hast, bin ich noch immer da. Denn ein Teil Deines Herzens liegt für immer geborgen in meinen Händen.
Ich weiß, es ist grausam die Leere in Dir zurückzulassen, von der Du nicht weißt woher sie kommt. Doch es ist besser für Dich, als für alle Ewigkeiten, einem einzigen verlorenen Traum nachzutrauern. So wie ich…

(c)by Arcana Moon


Anmerkung von Mondsichel:

Angelehnt an das Gedicht "Glühendes Herze" - sozusagen die ausformulierte Version... ^^

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Kommentare zu diesem Text


 Maya_Gähler (08.12.06)
oh Arcy, das muß man erst mal verdauen. Konnte nicht aufhören zu lesen. Man spürte die ganze Zeit, daß es ein Abschied wird, doch welcher Art........ Ja die Art ist mehr als heftig... aber irgendwie auch sehr berührend...

das schweigen war zu laut... *uff

und dann fiel ich wie die Schneeflocken auf die Erde, um eine von ihnen zu werden... *seufz

schön, daß die Schneeflocke noch einmal nach oben flog

ja sie wird immer bei ihm sein und er wird nur die Leere spüren und keine Antwort finden, wieso diese Leere vorhanden ist...
schlimm, wenn man Fragen hat, die nie beantwortet werden...

ach, lange Rede kurzer Sinn

mir gefällt deine Geschichte, sie drückt das Thema sehr gut aus.... Liebe und Leid gehen hier wirklich Hand in Hand

Herzliche Grüße von der Maya

 Mondsichel meinte dazu am 08.12.06:
*lächel* Ganz lieben Dank für Deine Worte. Diese Geschichte war ein Traum, der in meinem Herzen wohnte. Ich sah die Szenerie oft vor Augen und habe nun wohl die richtigen Worte gefunden es auszuformulieren. Es ist schön, das trotz dieser Tragik, die Worte ihren Weg in das Herze von anderen gefunden haben. Ich mag solche Themen, mag man mich dann auch für depressiv oder sonstiges halten. Aber manchmal hat man eben diese Momente.
Ich empfehle Dir übrigens "Die Eisprinzessin" zu lesen und "Meer der Sehnsucht". Dort findest Du ähnliche Emotionen. Die Tragik ist einfach mein Ding. Denn tragische Dinge berühren tiefer, als alles andere :)

Liebe Grüßle
Deine Arcy

 franky (08.12.06)
Hallo liebe Arcy,
mit deiner wunderschönen, traurigen geschichte nimmst du mich mit auf die reise. wie oft muß eine liebe sterben, um richtig tod zu sein;? sie kann nicht wirklich sterben, sie bleibt als ewiges andenken in unserem herzen. eher als du ahnst, steht sie wieder in anderer gestalt hinter dir und das große gefühl beginnt wieder und immer wieder, bis der himmel für uns sein tor für immer schließt.
du siehst meine rührung;;;
ich schreibe nur mit einer hand um nichts zu verraten..
sei mit zärtlichkeit umarmt du königin der verlorenen träume...
Franky mit lieben gedanken an dich

 Mondsichel antwortete darauf am 09.12.06:
*lächel* Lieben Dank lieber Franky, ich bin selbst sehr berührt, das es die Herzen der Leser berührt, wie mich dieser Traum im Banne gehalten hat. Ja ich habe auch das Gefühl, jedes dieser Worte ist wahr, auch wenn ich nicht ahnen kann warum sie so wahr sind. Und woher dieser Traum gekommen war. Vielleicht erschließt es sich mir irgendwann. Aber Deine Gedanken zur Liebe sind auch meine Gedanken. Es gibt kein wirkliches Ende der Liebe, es gibt nur immer wieder einen neuen Frühling, so wie es auch einen Winter geben muss.
Aber Winter ist Regeneration, eine Zeit der Ruhe, damit der Frühling umso schöner seine Blüten erstrahlen lassen kann. :)
Übrigens, es gibt jetzt auch einen zweiten Teil zur Geschichte. Ich habe sie heute morgen erst gepostet ;)

Liebe Grüßle
Deine Arcy

 Rayoluna (09.12.06)
Hallo Arcy,
was für ein tragischer Abschied, ich habe bis zum Schluss mitgefühlt. Deine Geschichte ist sehr traurig, aber ich bin trotzdem gerührt und auf Teil 2 gespannt. Bildhaft beschrieben und super spannend!
Liebe Grüße, Franci

 Mondsichel schrieb daraufhin am 10.12.06:
*lächel* Ganz lieben dank an Dich liebe Franci. Ich freu mich immer so, wenn die Menschen meine Worte in ihr Herz lassen und sich von den Gefühlen küssen lassen. Ich hoffe Teil 2 hat Dir auch gefallen, auch wenn am Ende nur die Kälte geblieben ist... Liebe Grüßle, Arcy
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