Der Rosenkranz

Kurzgeschichte zum Thema Schmerz

von  Alazán

Wie wild begannst du, alles in Tüten zu stecken. In Mülltüten, weil du gerade keine anderen hattest. Es tut dir Leid, ich weiß. Und dann wurdest du krank. Die Mülltüten mit den Gedichten und dem Rosenkranz standen neben deinem Bett. Ich weiß, dass es dir Leid tut. Sogar Schulhefte aus unserer Zeit waren in den Tüten, die du später in Kartons umfüllen wolltest, um dir "Luft zu verschaffen". Du schobst Möbel um, damit dich dein Zimmer nicht weiter an mich erinnern konnte. Ja, du schämst dich. Vier Tage lang warst du krank.

Schließlich lagst du alleine mit einer Erkältung im Wohnzimmer auf der Couch. Während dieser Zeit kam eure Putzfrau, die in deinem Zimmer aufräumen sollte. Das tut dir Leid, ja. Sie nahm die Mülltüten mit all den Schätzen darin mit, während du geschlafen hast. Oh, wie es dir Leid tut.

Es war zu spät, die Müllabfuhr war bereits da gewesen. Du wolltest immer gut auf unsere Erinnerungen aufpassen, sagst du. Jetzt sei es zu spät. Ich dürfte auf dich wütend sein und dich nun hassen, du würdest das verstehen, ich habe alles Recht dazu und es tut dir Leid; du seist ebenfalls traurig darüber gewesen.

Es tut dir Leid, dass du mir den Rosenkranz letztendlich nicht wiedergeben kannst, jetzt ist es zu spät. Du hast nurnoch die eine Kette, das Kuscheltier und ein selbstgemachtes Fotopuzzle von mir, sowie das eine, größe Gedichtebuch und vielleicht zwei Badekugeln. Und mit den Schätzen unserer Vergangenheit brachte die Müllabfuhr auch noch etwas ganz anderes fort - während du geschlafen hast. Nun hast du, was du doch eigentlich wolltest und es tut dir Leid - hast du genug Luft?

Jetzt freue ich mich für dich, dass du meine Augen momentan nicht sehen kannst, denn ich befürchte, mein Blick und das Wasser um ihn könnten es dich noch mehr Leid tun lassen. Da ist kein Hass in mir, sondern einfach nur eine große Leere. Ich kann dir nur den Tip geben, dich immer wieder daran zu erinnern, dass die Putzfrau womöglich mehr Schuld hat, als du.

Gute Nacht

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Kommentare zu diesem Text

zackenbarsch† (74)
(11.12.06)
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 Alazán meinte dazu am 11.12.06:
Das Wecken schmerzender Erinnerungen tut mir sehr Leid, aber ein großes Danke, dass es Dir(!!) gefällt!
zackenbarsch† (74) antwortete darauf am 12.12.06:
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Arwen (24)
(11.12.06)
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 Alazán schrieb daraufhin am 11.12.06:
Wow, ich habe bisher nie einen Leser oder eine Leserin zum Weinen gebracht, ich weiß garnicht, ob ich mich jetzt dafür entschuldigen, oder einfach nur bedanken soll, womöglich hast du mir zu diesem Text das beste Kompliment gemacht, denn er ist schließlich wirklich zum Weinen geschrieben

Dankbare Grüße zurück
Philipp
Arwen (24) äußerte darauf am 11.12.06:
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 Isaban (11.12.06)
Schmerz in und zwischen allen Zeilen zu spüren.
Aber manchmal muss es so wehtun, damit es ein Ende hat.
Es ist schade, dass alle materiellen Erinnerungen weg sind, aber das wirklich Wichtige wird man immer im Kopf behalten, denke ich.
Und man sollte möglichst das Gute behalten.
Liebe Grüße, Sabine

 Alazán ergänzte dazu am 11.12.06:
Wäre das Gute in dieser Kurzgeschichte nicht behalten worden, dann glaube ich, hätte ich geschrieben, dass "ich" selbstverständlich auch Hass verspüre, und nicht nur diese Leere, die umso leerer und zehrender ist, je voller das Herz einst gewesen sein mag.
Vielen Dank für deinen großartigen Kommentar!
vlG
Philipp

 Isaban meinte dazu am 11.12.06:
Hast du großartig hinbekommen!
orsoy (44)
(11.12.06)
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 Alazán meinte dazu am 11.12.06:
Es ist mir immer eine Ehre, das vorallem von Schreibern und Dichtern zu lesen, die ich selbst als hundertfach erfahrener im Umgang mit Texten und Geschichten befinde , danke!

vlG
Philipp
Prekaria (27)
(11.12.06)
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 Alazán meinte dazu am 11.12.06:
Der Text scheint wirklich Anklang zu finden, dabei ist es der erste text den ich jemals schrieb, der kein Zeitungsartikel oder Gedicht ist. Ein Dichter kann niemals leugnen, dass das, was er schreibt immer wenigstens zum Teil von ihm kommt, mehr möchte ich dazu nicht sagen. Hab vielen Dank für deinen Kommentar, dieser Text scheint ja wirklich zu gefallen, das freut mich in gewisser Weise sehr. Auch, dass er vor allem dir gefällt

vlG
Philipp
Prekaria (27) meinte dazu am 11.12.06:
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 Néniel (11.12.06)
ich finde es immer wieder traurig, wenn solche schätze verschwinden. das hast du sehr eindringlich beschrieben. aber zum glück haben wir noch jene schätze hinter der stirn, die hoffentlich nie verschwinden. deine kleine geschichte lässt mitfühlen. liebe grüße, ive.

 Alazán meinte dazu am 11.12.06:
Vielen Dank für deinen mitfühlenden Kommentar , Ja auch die Schätze hinter der Stirn mögen mit der Zeit schrumpfen, während Wunden heilen. Aber irgendetwas bleibt sicherlich immer. Danke

vlG
Philipp
Lidiya.Nonova (37)
(12.12.06)
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 Alazán meinte dazu am 12.12.06:
Und danke für diese Empfehlung und vorallem und noch viel mehr dafür, dass du es nachempfunden hasst

vlG
Philipp
Ropa (33)
(21.12.06)
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 Alazán meinte dazu am 21.12.06:
Hey
Vielen Dank für deinen Kommentar, ja das plätschrige soll eigentlich zu den Gefühlsgängen passen, ich werd nochmal drüber nachdenken

fG
Philipp
Narrenspiel (19)
(30.12.06)
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 Alazán meinte dazu am 30.12.06:
Vielen Dank, deinen Daumen oben zu sehen bedeutet mir was , auch, dass du diesen Text noch liest, obwohl er eben schon einige Kommentare und Wochen hinter sich hat

vlG
Philipp
Brunnenfrosch (34)
(03.01.07)
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 Alazán meinte dazu am 03.01.07:
Vielen Dank, Carina, dass du jetzt meinen mir wichtigsten text kommentiert hast, er kam einfach so aus mir heraus, daher mag er sprachlich noch ausbaufähig sein, aber ändern werde ich diesen text nicht - gedichte ändere ich da eher lieber , danke

vlG
Philipp
Brunnenfrosch (34) meinte dazu am 03.01.07:
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 Dieter_Rotmund (11.11.18)
Einen guten Abend in die große Lobhudler-Runde.

"Der Rosenkranz" ist mtnichten eine Geschichte. Eher ein wehleidiges "J'accuse" eines Ich-Erzählers/einer Ich-Erzählerin. Die Figuren haben keine Tiefe und es gibt keinen Spannungsaufbau. Dem Leser bleibt nichts entschlüsseln, es ist alles vorgekaut. Zuguterletzt waren sich offenbar ausnahmslos alle Lobhudler zu schade, Dich, Alazán, daraufhinzuweisen, dass es korrekt "es tut mir/dir/uns/euch leid heissen muss, denn das "leid" ist in diesem Kontext kein Substantiv und war es übrigens auch schon am 11.12.2006 nicht!
Nichts für ungut, bin grammar nazi.

 princess meinte dazu am 11.11.18:
Also ist jeder ein
Lobhudler
lieber DR, der einen Text positiver beurteilt als du? Um das mal genauer zu fassen, bemühe ich den Duden.
Lobhudler, der; abwertend; jemand der sich durch übertriebenes, unberechtigtes Lob bei einem anderen einschmeicheln will
Da äußerst du echt eine interessante Einschätzung abweichender Meinungen.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 11.11.18:
So ist es, ich stehe dazu. Ist doch wahr! Wobei sicherlich nicht ich das Maß der Dinge bin ("...positiver als...").

Wie findest Du Alazans Text? Wie ich gerade sehe, gibt es von Dir bislang keinen Kommentar dazu...

 niemand meinte dazu am 11.11.18:
@ Dieter
Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Dir etwas nicht gefällt, oder Du etwas schlecht, erbärmlich etc. findest und das auch schreibst, aber tue bitte nicht so, als ob Du das Maß aller Dinge wärst. Mit Deiner Bemerkung "Lobhudler" stellst Du Dich auf
einen Dir nicht gebührenden hohen Sockel.
Du urteilst über den Geschmack anderer, als ob Du in ihr Inneres
hineinschauen könntest und genau wüsstest, dass sie ein Lob
heucheln. Komma wieder runter. Komma Dieter.
LG niemand

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 11.11.18:
Zugegeben, da bin ich immer sehr emotional. Stelle ich aber auch gerne der Diskussion über diesen Text.
Marjanna (68) meinte dazu am 11.11.18:
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 Dieter_Rotmund meinte dazu am 11.11.18:
Hallo Marjanna, ja, das harrt noch einer knackigen Bezeichnung!
Ich stell's mal als Frage ins Forum!
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